Abhandlung über die Kräfte der Elektrizität
bei der Muskelbewegung

Aloysii Galvani: de viribus electricitatis in moto musculari Commentarius, Italien, 1791


Teil 4: Einige Vermutungen und Schlussfolgerungen

Vermutungen und Beobachtungen:

  • In allen Teilen des Tieres ist tierische Elektrizität, hauptsächlich jedoch in Muskeln und Nerven.
  • Elektrizität fließt von den Nerven zu den Muskeln.
  • Positive und negative tierische Elektrizitäten sitzen beide in den Muskeln, die Nerven dienen nur als Konduktoren.
  • Nerven sind idioelektrisch und anelektrisch, das heißt, sie sind innen hohl, dort "aus einer für die Fortbewegung des elektrischen Fluidums geeigneten Materie zusammengesetzt, außen aber mit einer öligen oder anderen Substanz versehen [...], welche die Zerstreuung und Ausbreitung eben des durch sie fließenden elektrischen Fluidums hindert."
  • "Es hat diese [tierische] Elektrizität einiges mit der künstlichen und gewöhnlichen, anderes mit der des Zitterrochens gemein."
    mit gewöhnlicher:
    • freie, leichte Bewegung durch dieselben Stoffe (Metalle, vor allem Gold und Silber)
    • "beim Ausströmen die Vorliebe für den kurzen und leichten Weg, nämlich für Bogen, Ecken und Spitzen" (Galvani deutet Nerven als Spitzen)
    • Doppelsinnigkeit und zweierlei Vorzeichen
    • Speicherung in den Muskeln
    • freiwillige Erneuerungsfähigkeit
    • Zunahme der Kräfte bei Belegung mit Metallplatten
    mit Zitterrochen:
    • Kreislauf innerhalb des Tieres
    • keine Kunstgriffe vorher nötig, als da wären Reiben, Erwärmen, ... zur Erregung der Elektrizität
    • Ausschleudern der Elektrizität nach Belieben und Willkür, so dass jene außerhalb des Körpers den Kreislauf beenden und Funken sprühen, eventuell in geringerem Maße bei anderen Tieren nach geeignetem Reizen.
  • Quelle für tierisches elektrisches Fluidum ist das Gehirn, da dort alle Nerven zusammenlaufen und, wenn elektrisches Fluidum in den Muskeln produziert würde, es an total verschiedenartigen Stellen produziert würde und es unwahrscheinlich ist, dass verschiedenartige Quellen das gleiche Fluidum produzieren können. Das elektrische Fluidum durch die hohlen Nerven verschickt.
  • Erklärung der Muskelkontraktion:
    "schnelles, heftiges Ausströmen des elektrischen Nervenfluidums durch die Muskeln nach den Nerven."
  • Gewitterblitz = Elektrizität
    "Ob nun die Erscheinung auf diese oder jene oder eine andere noch nicht bekannte Weise vor sich gehe, so wird doch niemand zweifeln, dass die Ursachen und Gründe bei jenen Kontraktionen, welche, wie wir erwähnten, beim Gewitterhimmel zustande kommen, dieselben seien. Denn das, was in jenen Luftschichten geschieht, welche die Elektrisiermaschine umgeben, scheint beim Überspringen des Funkens in den die elektrischen Wolken umgebenden Luftschichten vor sich zu gehen."
  • Durch obige Versuche lassen sich Symptome, wie sie bei Wundstarrkrampf und/oder Tetanus vorkommen, hervorrufen; "deswegen scheinen diese unsere Versuche, wenn auch nicht die Ursache, so doch die Eigentümlichkeit dieser Krankheit und ihrer Symptome aufgedeckt und den Ärzten einen genügenden Anhalt geschaffen zu haben." Ähnlich sind auch die Symptome von Epilepsie und Apoplexie.

Folgerungen:

  • Künstliche und atmosphärische Elektrizität üben große Macht auf Muskeln und Nerven aus (bis hin zu Bewegung der tierischen Elektrizität (Austritt aus Muskeln und/oder schnellen Kreislauf durch Nerven anregbar)).
  • Zusammenhang zwischen atmosphärischer Elektrizität und Wohlbefinden und/oder plötzlichen Veränderungen und Krankheiten liegt nahe und muss erforscht werden.
  • "beim Überspringen der Blitze nicht nur die atmosphärische Elektrizität sich bewege, sondern vielleicht auch die irdische gen Himmel fließe." (Deshalb wachsen laut Galvani nach Blitz und Donner die Pflanzen schneller.)
  • Muskelkontraktionen können eventuell analog bei Erdbeben beobachtet werden, allerdings seien die Versuche dazu während "Erdbeben wüten" anzustellen, was Galvani nicht gelang.


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