Theorie des Magnetismus und der Elektrizität
England, 1600


William Gilbert, Leibarzt der Königin Elisabeth I., veröffentlicht sein Buch "De Magnete", in dem er die bekannten Erscheinungen des Magnetismus darlegt und um eigene Experimente bereichert. Es ist das erste Buch, das eine vollständige Theorie der magnetischen Erscheinungen enthält und reiht damit den Magnetismus als neue physikalische Disziplin in die Naturwissenschaft ein. In ca. einem Zehntel seines Werkes beschäftigt er sich mit der Elektrizität; diese Ausführungen machen ihn zum "Vater" dieser Disziplin, auch wenn seine Ausführungen im heutigen Sinne nicht korrekt sind. Immerhin unterscheidet er zwischen Magnetismus und Elektrizität, was seine Vorgänger oft allgemein als "Anziehung" bezeichneten.

 
Experimente zum Magnetismus:
  • Gilberts Werk enthält alles, was auch Petrus Peregrinus' (De magneté, 1269) enthielt. Peregrinus entdeckte die Polarität von Magneten, die Abstoßung gleichnamiger Pole und dass aus dem Zerkleinern eines Magneten wieder Magnete hervorgehen. Er nennt auch erstenmals den Begriff "Erdmagnetismus".
  • Eisen lässt sich durch Bestreichen mit einem Magneten magnetisieren, wobei zuvor geschmiedetes Eisen stärker magnetisiert wird; erhitzt man dagegen einen Magneten bis zur Rotglut, so verliert er die Anziehungskraft.
  • Gilbert nennt Körper, die durch Magnete angezogen werden und unterscheidet, wie stark dies geschieht. Er stellt dabei fest, dass Eisen stärker angezogen wird als Eisenerz. In einem Experiment lässt er zwei Schiffchen auf dem Wasser schwimmen, wobei auf dem einen ein Magnet, auf dem anderen ein Stück Eisen liegt, und stellt fest, dass die beiden Schiffchen sich mit gleicher Geschwindigkeit aufeinander zu bewegen.
    Mit einem ähnlichen Experiment, eine Magnetitkugel (magnetisches Eisenerz), deren Magnetfeld er mit Hilfe von winzigen Kompassnadeln in verschiedenen Abständen und Lagen untersucht, schließt er, dass die Erdkugel ein riesiger Magnet ist. Er entdeckt, dass die Kugel zwei Punkte (Pole) mit maximaler Anziehungskraft hat, wobei bei einem Punkt die eine Seite der Kompassnadel, im anderen, die andere Spitze zum Punkt zeigt. Dies ähnelt dem Verhalten eines Kompasses auf der Erdoberfläche.
  • Gilbert erkannte das "Magnetfeld" eines Magneten, auch wenn er nicht von einem Feld spricht, sondern von "Ausströmungen". Er beschreibt die "Feldlinien" als Wirbel, die innerhalb des Magneten parallel, in Richtung der Verbindungslinie zwischen den Polen, verlaufen. Außerhalb des Magneten laufen die Ausströmungen (Linien) in einem Bogen zum anderen Ende.
  • Magnetische Induktion findet im gesamten Magnetfeld statt, nicht nur an den Polen. Sie ist dort nur am stärksten. Daraus schloss er, dass das Magnetfeld der Erde ausreichen müsste, um Körper aus Eisen zu magnetisieren. Er ließ daraufhin Eisenstäbe längere Zeit in Nord-Süd-Richtung liegen und stellte tatsächlich eine leichte Magnetisierung fest.

     

    Experimente zur Elektrizität:
     

    Bernstein war zu dieser Zeit der einzige bekannte Körper, der durch Reibung Anziehungskraft bekommt und nach einiger Zeit wieder verliert.

  • Gilbert untersucht verschiedene Stoffe und unterschied zwischen elektrischen Körpern, also solchen, die durch Reibung Anziehungskraft bekommen - und nichtelektrischen Körpern, und konstruiert dafür das erste Elektroskop.
      Elektrische Körper Nichtelektrische Körper
      Diamant
    Saphir
    Amethyst
    Opal
    Bergkristall
    Alle Glassorten
    Schwefel
    Harze
    Steinsalz
    Talk
    Bergalaun
    Smaragd
    Achat
    Perlen
    Chalcedon
    Alabaster
    Marmor
    Knochen
    Elfenbein
    Viele Metalle
    ...

  • Bei hoher Luftfeuchtigkeit verlieren Körper schnell ihre Elektrizität, bei trockener Luft behalten sie sie länger; auch Flammen und Besprengen mit Wasser vermindern Elektrizität.
  • Gilbert erkennt nur die Anziehung elektrischer Körper, die Abstoßung bleibt ihm unbekannt.

     

    Unterschiede von Elektrizität und Magnetismus:
  • Die Anziehungskraft von Magneten ist auf die Pole gerichtet, die elektrischer Körper auf jeden Punkt der Oberfläche.
  • Magnetismus ist eine natürliche, dauerhafte Erscheinung; Elektrizität entsteht künstlich durch Reibung und verliert sich wieder.
  • Magnete ziehen nur wenige Stoffe an, elektrisierte Körper viele verschiedene.
  • Die Anziehungskraft von Magneten ist stärker als die von elektrisierten Körpern.

     

    Gilberts Untersuchungen zur Elektrizität fanden zu seiner Zeit wenig Beachtung, während der Magnetismus im öffentlichen Interesse stand, da England dabei war, die Weltmeere zu erobern.


    Cover der (lateinischen) Originalausgabe von 1600

     


    Gilberts Terella

    Terella lat. bedeutet "kleine Erde". Hierbei handelt es sich um eine magnetische Kugel, mit der Gilbert seine Theorie des Erdmagnetismus Königin Elisabeth I. demonstrierte: Kompassnadeln, die man um die Terella bewegte, zeigten immer in Nord-Süd-Richtung.

     


    Gilbert, der selber das Schmiedehandwerk beherrschte, führte seine Schmiedeversuche oft selber durch: Hier hämmert er Magnetismus in ein rotglühendes Stück Eisen, indem er es entlang der Nord-Süd-Linie ausrichtet und dann bearbeitet.



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