Das Unimagazin als Keimzelle der Hochschulkommunikation
50 Jahre uni ulm intern
Die Geschichte der Hochschulkommunikation hat an der Universität Ulm mit einem fünfseitigen, schreibmaschinengetippten Mitteilungsblatt begonnen – uni ulm intern. Heute sind Printmedien nur ein Instrument im multimedialen Kommunikationsmix von Hochschulen aus unter anderem Imagefilmen, Events oder Onlinekampagnen. Doch uni ulm intern hat die Digitalisierung überdauert: Anfang 2021 feiert das Magazin und mit ihm die Ulmer Hochschulkommunikation 50. Geburtstag. Ein schöner Anlass, um zurückzublicken – und um das Magazin „zukunftsfest“ zu machen.
„Unter den Talaren, Muff aus 1000 Jahren“ oder „Keine Macht für Niemand“: Offenbar haben solche Parolen der 68er-Bewegung den Aufstieg der Hochschulkommunikation in Deutschland ausgelöst. Damals sahen sich Universitäten erstmals mit Studierendengruppen konfrontiert, die ihre hochschulpolitischen Interessen aktiv in die Öffentlichkeit und in die Medien trugen. Als Reaktion auf diese Umtriebe und der Empfehlung der westdeutschen Rektorenkonferenz folgend, wurden in den 1960-er und 70-er Jahren vermehrt Uni-Pressestellen eingerichtet, die wiederum Anliegen der Hochschulen publik machen sollten.
Interne Kommunikation: Vom Mitteilungsblatt zur Print-Provokation
In diesen unruhigen Zeiten trat auch der erste Pressereferent der Universität Ulm, Bodo Franzmann, den Dienst an. Ob sich der Politologe verstärkt mit studentischen Revoluzzern auseinandersetzen musste, ist nicht eindeutig überliefert. Bekanntlich startete der Lehrbetrieb der Ulmer Universität erst 1969 mit wenigen Medizin- sowie Physikstudierenden – und deren Rebellion gipfelte in der Aufstellung des Hundes Willi Wacker bei Gremienwahlen.
Sicher trug Franzmann aber dazu bei, das Informationsdefizit an der rasch wachsenden Hochschule mit interner Kommunikation zu beheben. Der damals amtierende Rektor, Professor Helmut Baitsch, beschrieb die Aufgaben Franzmanns, der ab 1971 die Pressestelle im Grünen Hof aufbaute, wie folgt: Der Pressereferent sei „Informationsinstrument der Universitätsspitze“ und habe für die „neutrale und loyale Berichterstattung über die Arbeit der Hochschule in Forschung, Lehre und Verwaltung“ Sorge zu tragen.
Bevorzugtes Medium sollte eine Universitätszeitung sein: Am 26. Januar 1971 präsentierte sich die erste Ausgabe von „uni ulm intern“ als fünfseitiges Mitteilungsblatt. Der Name war Programm: Neben Gremienbeschlüssen reichte die Themenpalette des ersten Jahrgangs vom Entwurf einer Klinikordnung über die Aufnahme des Chemiestudiums bis zu einem Fußballmatch der Uni-Verwaltung gegen das Finanzamt, das übrigens 0:0 ausging.
In diesem Zusammenhang soll das „Ulmer Forum“ mit einer etwas breiteren Zielgruppe nicht unerwähnt bleiben: Von 1967 bis 1985 schlug das Magazin eine Brücke zwischen der neuen Medizinisch-Naturwissenschaftlichen Hochschule und der Stadt. Herausgeber waren die spätere Universität Ulm, ihre Freunde und Förderer sowie die Stadt und die Volkshochschule.
Nach dem Weggang Franzmanns reichten sich mehrere Pressereferenten den Staffelstab – bis 1980 die Ära Pietschmann anbrach. Der studierte Theologe und seine Mitarbeiterin konzentrierten sich ganz auf Print-Publikationen und bemühten sich vermehrt um die allgemeinverständliche Aufbereitung wissenschaftlicher Themen.
Neben dem Universitätsmagazin uni ulm intern, das ab 1988 mit farbigem Titelbild erschien, redigierte Pietschmann von 1988 bis 1999 die vierteljährliche Schriftenreihe „Ulmensien“ und zeitweise die Ulmer Universitätsreden.
Auch aufgrund seiner unkonventionellen Bildauswahl ist Peter Pietschmann bis heute unvergessen: Der Theologe provozierte zum Beispiel mit viel nackter Haut auf dem Titel, was ihm überregionale Aufmerksamkeit und unter anderem einen Leserbrief der Gleichstellungsbeauftragten einbrachte. Auch Nahaufnahmen von Pankreas-Nekrosen oder Gletscherleichen wurden zu Pietschmanns Zeiten in uni ulm intern abgedruckt.
Medienarbeit: Der Auszug aus dem Elfenbeinturm
Aktive Pressearbeit mit regelmäßigen Mitteilungen, Pressekonferenzen und Redaktionsbesuchen gab es bis zur Jahrtausendwende kaum. Willi Baur, Pressesprecher von 2005 bis 2014, erinnert sich noch genau an die kaffeebefleckte Liste mit zwölf Faxnummern regionaler Medien, die er bei Dienstantritt vorfand. Baurs Auftrag als neuer Pressesprecher: Er sollte nicht weniger als das Image von Universität und Wissenschaftsstadt in der Öffentlichkeit aufpolieren. Für diese „Herkulesaufgabe“ war der Diplom-Verwaltungswirt prädestiniert.
Aus über 30 Dienstjahren in den unterschiedlichsten Bereichen kannte er die Alma Mater wie kein zweiter. Das nötige journalistische Handwerkszeug hatte sich Baur bei unzähligen Sonntagsdiensten für eine Lokalzeitung erarbeitet. Darüber hinaus war er ehrenamtlicher Pressewart des Deutschen Tischtennisbunds. Zu dieser Zeit interviewte er etliche Prominente – vom Dirigenten Herbert von Karajan bis zum fünffachen Olympiasieger Hans Günter Winkler. Mit seinem Spitznamen „Grasdackel“, der versehentlich in die Autorenzeile eines Sportberichts gelangt war, schaffte es Baur 1971 sogar bis in den ARD-Jahresrückblick.
Die aktive Medienarbeit ist gut angelaufen. Schon bald hatten wir eine ordentliche Abdruckquote und konnten zeigen, wie wichtig Forschung und Lehre für die Region sind.
Als neuer Uni-Pressesprecher musste Willi Baur trotzdem viel Aufbauarbeit leisten – und erst einmal Klinken in den Redaktionen putzen. Das Erfolgsrezept des Pfeifenrauchers: Harte Wissenschaft in menschelnde Geschichten verpacken und die Öffentlichkeit umfassend über Vorgänge auf dem Campus informieren – der endgültige Exodus aus dem Elfenbeinturm also. „Die aktive Pressearbeit ist gut angelaufen. Schon bald hatten wir eine ordentliche Abdruckquote und konnten zeigen, wie wichtig Forschung und Lehre für die Region sind“, erinnert sich Willi Baur, der bis Ende 2006 das Universitätsklinikum Ulm mitbetreut hat. Angelehnt an das neue Corporate Design gestaltete er zudem uni ulm intern um: Ab sofort erschien das Unimagazin durchweg in Farbe und klar gegliedert in die Ressorts „Campus“, „Personalien“, Forschung“ sowie „Panorama“.
Marketing und Medienabteilung verstärken die Hochschulkommunikation
Das 2005 überarbeitete Uni-Logo und das Corporate Design markieren ein neues Kapitel in der visuellen Außendarstellung der Universität Ulm. Mit Gründung des Kommunikations- und Informationszentrums (kiz) wurden ab 2002 die zuvor eigenständigen Bereiche Gestaltung, Fotografie, Medientechnik und Druck zusammengeschlossen. Seither profitieren alle Bereiche der Hochschulkommunikation von den Dienstleistungen der „Abteilung Medien“, insbesondere auf den Gebieten Grafik und Fotografie.
Bereits zuvor hatten sich an der Universität erste Marketingaktivitäten entwickelt, vornehmlich in der Abteilung I-1 „Forschung, Entwicklung, Wirtschaftskontakte“: Die Universität Ulm präsentierte sich zunächst recht uneinheitlich bei wichtigen Studien- und Industriemessen, etwa bei der Hannover Messe oder der Cebit, und benötigte hierfür Standausstattung wie Rollups und Werbemedien im Uni-Design.
Ab 2004 erschien darüber hinaus ein attraktiver, reich bebilderter Jahresbericht und die Universitätsleitung entschied, das 40. Uni-Jubiläum für die Außendarstellung zu nutzen. Als „Eventmanagerin“ wurde die Betriebswirtin Ellen Kamrad eingestellt, die 2011 mit dem Aufbau einer zentralen Marketingabteilung begann. „Inzwischen reicht das Aufgabenspektrum von der Veranstaltungsorganisation über Medien wie Broschüren, Imagefilme und Webseitenoptimierung bis hin zum Verleih von Messeausstattung“, erklärt Ellen Kamrad.
Seit einigen Jahren arbeiten die Akteure der Hochschulkommunikation - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Marketing sowie die Abteilung Medien - Hand in Hand.
Zudem sind die zentrale Alumnibetreuung und der Career Service für Studierende in der Marketingabteilung mit inzwischen fünf Mitarbeitenden angesiedelt. Für die Deutschlandstipendien werden jährlich Spenden von privaten Förderern eingeworben, und der Unishop mit Büro- sowie Geschenkartikeln im Uni-Design rundet das Abteilungs-Portfolio ab. Insgesamt unterstreicht der Ausbau des Studierendenmarketings und der Marketingaktivitäten in den Fakultäten die Bedeutung dieses vergleichsweise jungen Bereichs der Hochschulkommunikation.
Seit einigen Jahren arbeiten die Akteure der Hochschulkommunikation – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Marketing sowie die Abteilung Medien – Hand in Hand. Gemeinsam wurde 2016 der Webrelaunch gestemmt. Eine weitere große Herausforderung war das federführend von der Marketingabteilung organisierte 50. Universitätsjubiläum mit mehr als 140 Veranstaltungen, darunter ein Jubiläumsball und eine lange Nacht der Wissenschaft.
Bei der medialen Begleitung hat die klassische Pressearbeit lange nicht ausgedient: Noch immer verschicken die drei Redakteurinnen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit jährlich mehr als 100 Mitteilungen zu Themen aus Forschung, Lehre und Hochschulwesen an Redaktionen in ganz Deutschland – und manchmal sogar weltweit. Die erfolgreichsten Pressemitteilungen der vergangenen beiden Jahre thematisierten zum Beispiel den Start der Batterie-Forschungsplattform CELEST, einen psychologischen Test zur „Computerspielsucht“ sowie bestimmte Bakterien, die Landbewohner weniger anfällig für Stress machen. Zeitweise mehrmals täglich melden sich Medienschaffende auf der Suche nach Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft oder mit Drehanfragen in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Zu den weiteren Aufgaben der Stabsstelle des Uni-Präsidiums zählen die Kommunikationsberatung und seit Beginn der Coronavirus-Pandemie verstärkt die interne Kommunikation. Fest im Tagesgeschäft verankert sind zudem die redaktionelle Betreuung zentraler Webseiten der Universität sowie der Bereich Social Media. Mit Beiträgen und kurzen Videos auf Facebook, Twitter, Instagram sowie YouTube sollen vor allem angehende und derzeitige Studierende erreicht werden. Alleine auf Instagram gibt es mittlerweile mehr als 1000 Beiträge mit dem Hashtag #uulm.
uni ulm intern: Urgestein mit Zukunftspotenzial
uni ulm intern erscheint seit 1971 ununterbrochen und hat sich vom Mitteilungsblatt zum oft mehr als 60 Seiten starken Magazin entwickelt. Im Jubiläumsjahr 2017 erschien eine aufwändig gestaltete Sonderausgabe. Zuletzt wurde das Heft vor rund sechs Jahren, als Annika Bingmann die Leitung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übernahm, überholt.
Seither erscheint jede Ausgabe mit einem Schwerpunktthema – von der Künstlichen Intelligenz über Hochschulfinanzierung bis zur Vorstellung der Zahnmedizin. Als Ergänzung zum Printmedium gibt es seit 2018 ein Onlineformat mit multimedialen Inhalten wie Videos und Bildergalerien.
Nun wird uni ulm intern, das Urgestein der Ulmer Hochschulkommunikation, also 50. Das Unimagazin hat Anzeigenkrise und Digitalisierung überstanden, doch zugegebenermaßen blättert an einigen Stellen der Lack ab. In den kommenden Monaten plant die Redaktion also ein „Facelift“. So wird die Grande Dame der Ulmer Hochschulkommunikation hoffentlich mindestens 50 weitere Jahre im Uni-Kommunikationsmix bestehen.
Das Tätigkeitsfeld Hochschulkommunikation ist so vielfältig wie seine Akteure. Mit Imagefilmen, (virtuellen) Tagen der offenen Tür oder beispielsweise Kampagnen in den sozialen Medien wollen die Uni-Kommunikatoren ganz verschiedene Zielgruppen erreichen – von Entscheidern aus der Politik über potenzielle Studierende und Forschende bis zum Steuerzahler.
An der Universität Ulm tragen insbesondere die Stabsstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Marketingabteilung sowie die Abteilung Medien (Kommunikations- und Informationszentrum) zur Hochschulkommunikation bei. Darüber hinaus sind dezentrale Kommunikatoren, die so genannten Marketinglotsinnen und -lotsen mit ihren Assistentinnen, in den Fakultäten angesiedelt. Der Bereich Studierendenmarketing ist thematisch passend an die Zentrale Studienberatung angegliedert.
Die Berichterstattung über medizinische Themen teilen sich die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Universität (medizinische Forschung und Lehre) sowie die Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums (Krankenversorgung).
Eine Online-Befragung, die Prof. Annette Leßmöllmann (KIT) in Kooperation mit dem Bundesverband Hochschulkommunikation durchgeführt hat, benennt die häufigsten Aufgabenfelder der Hochschulkommunikation wie folgt: Presse-/Medienarbeit, Onlineredaktion, interne Kommunikation, Social Media sowie Kommunikationsberatung. An den meisten Universitäten sind Kommunikationsabteilungen strategisch der Hochschulleitung unterstellt. „Der verstärkte Wettbewerb um exzellente Studierende und Wissenschaftler sowie um Forschungs- und Drittmittel sorgt dafür, dass Hochschulen sich zusätzlich mittels Öffentlichkeitsarbeit positionieren“, ist im Forschungsreport des BMBF-Projekts „Öffentlichkeit und Hochschulperformanz“ (Uni Münster) nachzulesen. Dabei werde die zunehmende Konkurrenzsituation durch Etiketten wie „Exzellenzuniversität“ oder Rankings befördert. In den letzten Jahren hat sich das Berufsfeld stark professionalisiert: Über 1000 Akteure – viele davon mit einschlägigem Studium und Volontariat – sind mittlerweile im Bundesverband Hochschulverband organisiert. Längst hat der Verband Leitlinien zur guten Wissenschafts-PR, zum Kommunikations-Controlling sowie zum Krisenmanagement veröffentlicht und bietet spezifische Weiterbildungen an.
Text: Annika Bingmann, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit seit 2014
Fotos: Elvira Eberhardt, Heiko Grandl, Lukas Hofstätter, Lucia Buser, Privat