Überraschendes, Erstaunliches und längst Bekanntes

Wie divers ist die Uni? Ein Blick in die Studierendenstatistik

Wer wissen möchte, wie divers Studierendenschaft der Universität Ulm ist, muss nur mal einen Blick in die Studierendenstatistik werfen. Die Daten geben Aufschluss über eine ganze Reihe an soziodemografischen Merkmalen. Dazu gehören Alter, Geschlecht und Staatsangehörigkeit sowie Informationen zum Studium wie Studiengang, Studiendauer und Abschluss. Diese Daten erlauben auch Rückschlüsse darauf, wie sich die Studierendenschaft im Laufe der Zeit entwickelt hat und sie belegen, dass sie in den letzten Jahren diverser geworden ist, insbesondere was kulturelle Faktoren angeht. Über zehn Jahre hinweg haben wir die Zahlen verglichen, genauer gesagt vom Wintersemester (WS) 14/15 bis zum WS 24/25. Viele Ergebnisse waren zu erwarten, doch auch reichlich Erstaunliches und Überraschendes trat dabei zutage.

Über 10 000 Studierende
Die Zahl der Studierenden ist in den letzten zehn Jahren insgesamt etwas gesunken, von 10.380 im WS 14/15 über den Höchststand von 10.747 zwei Jahre später auf 10.010 Studierende im WS 24/25. Das Durchschnittsalter der Studierenden ist im zehnjährigen Vergleichszeitraum nur leicht gestiegen, und zwar von 23,4 auf 23,7 Jahre. Die Regelstudienzeit für ein Bachelor-Studium hat in dieser Zeit allerdings zugenommen um 15 %, und zwar von 7,3 auf 8,4 Semester. Beim Master sieht es ähnlich aus, auch hier gibt es Zuwächse bei der Studiendauer, die zum Teil wohl zurückgehen auf den Lockdown und die Corona-bedingten besonderen Umstände im Lehr- und Studienbetrieb.

Die Universität Ulm wird weiblicher
Das Geschlechterverhältnis der Studierenden der Universität hat sich insgesamt leicht verschoben. In den letzten zehn Jahren ist der Frauenanteil von 47 % auf 53 % angestiegen, sodass die Studentinnen nun in der Überzahl sind. Der statistische Grund für diese Entwicklung: der Zuwachs an Studierenden aus Fächern wie der Medizin mit einem vergleichsweise hohen Frauenanteil, der bei über 63 % liegt, und insbesondere der Psychologie, wo die Anteile weiblicher Studierender über 80 % erreichen. Insgesamt haben zwei Studierende bei der Erfassung des Geschlechts divers angegeben, und sieben dazu keine Angaben gemacht. 

Von klassischen Männerdomänen und ungewöhnlichen Frauenfächern 
Gendereffekte machen sich bei der Studien- und Berufswahl noch immer massiv bemerkbar. Dass die Studienfächer Biologie, Medizin oder Psychologie gerne von Frauen belegt werden, ist auch an der Universität Ulm der Fall. Das zeigen die Zahlen aus dem aktuellen Semester. Die Frauenanteile liegen in Biologie bei 65 %, in Medizin bei 63 %, in der Psychologie bei 81 %, im Studiengang Klinische Psychologie & Psychotherapie sogar bei 92 %! Überraschend: Hohe Frauenquoten haben auch spezialisierte (Master-)studiengänge wie Molekulare Medizin (77 %), Molecular & Translational Neuroscience (68 %), Nachhaltige Unternehmensführung (68 %), Mathematische Biometrie (74 %) oder Pharmazeutische Biotechnologie (68 %). 

In Studiengängen wie der Elektrotechnik & Informationstechnologie (86 %), Energy Science & Technology (75 %), dem Software Engineering (89 %) und insbesondere in der Informationssystemtechnik (92 %) dagegen bleiben die männlichen Studenten weitgehend unter sich. Überhaupt zeigt sich, dass die ingenieurwissenschaftlichen Studienfächer (82 %) und die Informatik (78 %) klassische Männerdomänen geblieben sind. In Klammern angegeben ist hier der Anteil an männlichen Studierenden. 

92 %

Anteil an Männern im Studiengang Informationssystemtechnik

92 %

Anteil an Frauen im Studiengang Klinische Psychologie & Psychotherapie

Geschlechteranteile nach Fakultäten

FakultätFrauenanteil
Medizin65 %
Ingenieurwissenschaften/ Informatik/Psychologie46 %
Mathematik/ Wirtschaftswissenschaften42 %
Naturwissenschaften46 %

Als das Studienangebot der technischen Fakultät zum Wintersemester 2009/2010 um den Bachelorstudiengang Psychologie erweitert wurde, hat sich nicht nur das asymmetrische Geschlechterverhältnis spürbar ausbalanciert, sondern – wie man hört – auch der Umgangston und Kleidungsstil an der Uni West, dem Hauptdomizil der Fakultät, merklich verändert

Die Universität wird internationaler
Über die Jahre ist die Universität Ulm immer internationaler geworden. Der Anteil ausländischer Studierender ist vom WS 14/15 bis zum WS 24/25 von 12,3 % auf 13,3 % gestiegen. Damit verändert sich auch das Gesicht der Universität, sie wird ethnisch und kulturell diverser. Über die Kontinente verteilen sich die nicht-deutschen Studierenden in diesem Wintersemester nach Staatsangehörigkeit wie folgt (in Klammern die absoluten Zahlen): Asien (662), Europa (540), Afrika (74), Amerika (55) und Australien (1). Die größte Gruppe der ausländischen Studierenden kommt aus China (194), danach folgt Indien (150), Österreich (101), die Türkei (79) und Syrien (75). Immerhin 31 kamen im Wintersemester bereits aus der Ukraine.

Wenig überraschend sind es die englischsprachigen Masterprogramme, die einen überdurchschnittlich großen Anteil an ausländischen Studierenden aufweisen. Spitzenplätze nehmen hier die Studiengänge Communication & Information Technology, Finance und Energy Science & Technology ein, mit Anteilen von 100 %, 96 % und 77 %. Erstaunlich: der hohe Anteil an weiblichen Studierenden aus dem Ausland, im Studiengang Finance. Von den insgesamt 107 Studierenden kommen 103 aus dem Ausland, und 49 davon sind Frauen! Diese Zahlen zeigen, dass Gender-Effekte bei der Studienwahl eben auch kulturraumspezifisch sind.

Die zehn beliebtesten Studienfächer im WS 23/24:

  1. Medizin
  2. Psychologie
  3. Wirtschaftswissenschaften
  4. Informatik
  5. Biologie
  6. Zahnmedizin
  7. Biochemie
  8. Molekulare Medizin
  9. Software Engineering
  10. Nachhaltige Unternehmensführung

Studiengänge mit dem höchsten Anteil an ausländischen Studierenden

100 %

Communication & Information Technology

97 %

Finance

77 %

Energy Science & Technology

Texte: Andrea Weber-Tuckermann
Illustrationen: Beniamino Raiola