Die Chemikerin Prof. Birgit Esser vom Institut für Organische Chemie II und Neue Materialien der Universität Ulm erhält für ihr Projekt „NanOBatt“ einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) in Höhe von zwei Millionen Euro für fünf Jahre. Mit NanOBatt sollen organische Elektrodenmaterialien (OEM) für Batterien der nächsten Generation erforscht werden. Der Schwerpunkt wird darauf liegen, die Porosität von OEM verbessern und damit die Ionendiffusion zu erleichtern. OEM haben viele Vorteile: Sie bestehen aus weithin verfügbaren Elementen, sind mit geringem CO2-Abdruck zugänglich und können leicht recycelt werden. Mit dem ERC Consolidator Grant sollen hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Ausbau ihrer Arbeitsgruppen gestärkt und die internationale Sichtbarkeit gefördert werden.
Ob Smartphone oder Elektroauto, kabellose Kopfhörer oder Rasenmäh-Roboter: In vielen elektrischen Geräten stecken Batterien. Und die Nachfrage danach steigt immer weiter. Neue Energiespeicherlösungen werden gebraucht. Mit ihrem Projekt NanoBatt will Prof. Birgit Esser an einem grundlegend neuen Konzept für Organische Elektrodenmaterialien forschen. Die Chemikerin vereint in einzigartiger Weise die dafür notwendige Expertise in organischer Synthesechemie mit Knowhow aus dem Bereich organischer Batterieelektrodenmaterialien. Mit ihrem ganzheitlichen Ansatz will Esser die Lücke zwischen Grundlagenforschung und der Anwendung organischer Materialien schließen.
Porosität der organischen Materialien verbessern
„Das Gebiet der OEM ist im Vergleich zu anorganischen Materialien für Batterien deutlich weniger erforscht“, sagt Esser. Das Problem: Bestehende OEM haben eine mangelhafte Porosität, welche die Diffusion von Gegenionen zu elektroaktiven Stellen behindert oder Redoxprozesse, also die gleichzeitige Abgabe oder Aufnahme von Elektronen, irreversibel macht. Das schränkt ihre Leistung und Anwendbarkeit stark ein. Um die Porosität der organischen Materialien zu verbessern, setzt Esser mit NanOBatt auf sogenannte redoxaktive, konjugierte Nanoreifen. Dabei handelt es sich um reifenförmige Moleküle, deren Elektronen sich nicht an einem festen Punkt aufhalten, sondern sich innerhalb des Reifens bewegen. „Das könnte ein Vorteil sein und die Ladung stabilisieren“, erläutert die Chemikerin. NanOBatt hat zum Ziel, solche Nanoreifen, deren Synthese teils sehr aufwendig ist, herzustellen. Basis dafür sollen beispielsweise Chinone oder Azine sein – Chemikalien, die aktuell aus Erdöl gewonnen werden. „Langfristig kann man schauen, ob man dafür nachwachsende Rohstoffe verwenden kann“, sagt Esser. Die Herausforderung dabei ist, möglichst viel Ladung auf möglichst wenig Molekül zu speichern. Denn: „Im Idealfall will man eine Batterie, die möglichst wenig wiegt und viel Speicherkapazität hat“, so Esser. Auch deshalb ist eine hohe Porosität wichtig: Sie ermöglicht erst dickere Elektroden, die zu einer höheren Kapazität führen – der Voraussetzung für weniger Material am Ladungssammler.
Um zu sehen, ob sich die Porosität verbessert, sollen in NanOBatt außerdem Methoden etabliert werden, mit denen sich der Effekt im Zusammenspiel mit anderen Materialien bei Batterien auch tatsächlich messen lässt. „Die üblicherweise verwendeten Methoden funktionieren in diesem Kontext nicht“, so Esser. Schließlich sollen ausgewählte, redoxaktive Nanoreifen als OEM in alternativen Batteriezellkonfigurationen untersucht werden: in Natrium, Aluminium-, Magnesium- und rein organischen Batterien.
Prof. Birgit Esser wechselte 2022 von der Universität Freiburg an die Uni Ulm. Zuvor forschte sie an der Universität Bonn und am MIT in den USA. Esser studierte und promovierte in Heidelberg. Sie ist Mitglied im Exzellenzcluster POLiS (Post Lithium Storage Cluster of Excellence), wo Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Batteriematerialien und Technologiekonzepte für eine leistungsfähige und nachhaltige Speicherung elektrischer Energie entwickeln. Außerdem ist Esser Mitglied der Forschungsgruppe CELEST und assoziierte Gruppenleiterin am Helmholtz Institut Ulm.
Über den ERC Consolidator Grant
ERC Consolidator Grants richten sich an exzellente Forschende in der Konsolidierungsphase. Mit den Fördermitteln sollen sie vor allem beim Ausbau ihrer unabhängigen Arbeitsgruppe und bei der Steigerung ihrer internationalen Sichtbarkeit unterstützt werden. Typischerweise bewerben sich vielversprechende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fachrichtungen sieben bis zwölf Jahre nach ihrer Promotion. Über die Qualität der eingereichten Anträge entscheidet eine internationale Jury, beraten durch externe Expertinnen und Experten. Für ihre Projekte erhalten die ausgewählten Forschenden bis zu zwei Millionen Euro für fünf Jahre. 2022 sind 2222 Anträge eingereicht worden. Davon wurden 321 Forschende aus 21 Ländern für einen ERC Consolidator Grant ausgewählt. Einziges Kriterium ist die wissenschaftliche Exzellenz der Forschenden und des vorgeschlagenen Projektes.
Weitere Informationen:
Prof. Birgit Esser, Institut für Organische Chemie II und Neue Materialien, Mail: birgit.esser(at)uni-ulm.de, Website: www.esserlab.com
Text und Medienkontakt:
Christine Liebhardt