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Universität feiert 50 Jahre Chemie in Ulm
Festakt mit Nobelpreisträger, Filmpremiere und Preisen

Universität Ulm

Seit einem halben Jahrhundert werden Chemikerinnen und Chemiker an der Universität Ulm ausgebildet. Dieses Jubiläum hat der Fachbereich Chemie mit einem Festakt am Mittwochnachmittag, 27. Juli, gefeiert. Höhepunkt war der Vortrag von Professor Jean-Marie Lehn, Chemie-Nobelpreisträger von 1987. Weiterhin standen ein Rückblick auf 50 erfolgreiche Jahre, Preisverleihungen und sogar eine Filmpremiere auf dem Programm.

„50 Jahre Chemie in Ulm! In dieser Zeit hat sich der Fachbereich hervorragend entwickelt: Heute tragen unsere Forschenden zur Lösung hochaktueller gesellschaftlicher Herausforderungen bei – zu nennen sind insbesondere die Energie- und Klimakrise“, sagte Universitätspräsident Professor Michael Weber in seiner Begrüßung zum Festakt. Tatsächlich zählt die Chemie zu den ältesten Studiengängen der Uni Ulm. Im Wintersemester 1969/70 wurde der Lehrbetrieb an der neu gegründeten Universität aufgenommen – zunächst in den Fächern Medizin und Physik. Nur zwei Jahre später kam die Chemie mit 20 Studierenden hinzu. Mittlerweile sind mehr als 700 angehende Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in Chemie und verwandten Fächern wie Wirtschaftschemie, Chemieingenieurwesen oder in einschlägigen Masterstudiengängen eingeschrieben.

Rückblick ins Familienalbum

Beim Festakt blickte die Doktorandin Kerstin Köble, deren Eltern bereits Chemie an der Uni Ulm studiert haben, auf ein halbes Jahrhundert voller Experimente, Simulationen und Campusleben zurück. Zu den prägenden Ereignissen zählte Köble die Gründung der assoziierten Institute Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW, Übergabe 1993) sowie des Helmholtz-Instituts Ulm (HIU) vor elf Jahren. Diese Forschungseinrichtungen waren Keimzellen des weltweit führenden Zentrums für Energieforschung in der Ulmer Wissenschaftsstadt. „Ulmer Chemikerinnen und Chemiker sind inzwischen am deutschlandweit einzigen Batterie-Exzellenzcluster POLiS beteiligt – eingeworben mit Partnern wie dem Karlsruher Institut für Technologie und dem ZSW. Zudem wurde erst kürzlich der Transregio-Sonderforschungsbereich CataLight zur solaren Energiewandlung verlängert“, berichtete Köble. Weitere Ereignisse in einem halben Jahrhundert reichen von der Untersuchung radioaktiver Tschernobyl-Proben in den 1980-er Jahre über den Großbrand im Chemie-Labor 1999 bis zur Inbetriebnahme des Supercomputers JUSTUS (2014, 2020) für Simulationen auf molekularer und atomarer Ebene.

Der Fachbereich engagiert sich seit jeher in der Nachwuchsgewinnung: Bereits 2005 startete das EMU-Lab Schülerlabor und derzeit läuft zum zweiten Mal die Intensivstudienwoche Chemie für angehende Abiturientinnen und Abiturienten, die ebenfalls zum Festakt eingeladen waren. Einblicke in das Campusleben an der Uni Ulm erhielten aber auch die Gäste des Festakts: Der neue Informationsfilm „Alles ist Chemie: 50 Jahre Chemie-Studium an der Uni Ulm“ des Fachbereichs feierte Premiere.

Festvortrag des Nobelpreisträgers Prof. Jean-Marie Lehn

Höhepunkt des Nachmittags war der englischsprachige Vortrag von Professor Jean-Marie Lehn „Steps towards life: Chemistry“. Im Jahr 1987 wurde der gebürtige Elsässer mit dem Nobelpreis für seine wegweisenden Arbeiten im Bereich supramolekulare Chemie ausgezeichnet. Seine Forschung zur lichtgetriebenen Wasserstoffbildung mittels molekularer Photokatalysatoren schuf zudem wichtige Grundlagen für den Transregio-SFB CataLight der Universitäten Ulm und Jena. Vor dem Festakt hatte Professor Lehn bereits das neue Gasanalysegerät („NinGasAnalyser“) der SFB-Forschenden in Augenschein genommen.
Professor Lehns Festvortrag erwies sich als Reise durch die Geschichte der Chemie – angefangen beim Urknall und der Entstehung erster Moleküle über Ideen zu Atomen im antiken Griechenland bis zum Aufkommen der molekularen Chemie im 19. Jahrhundert. Als einen Meilenstein nannte Lehn die Totalsynthese von Vitamin B12 durch die Professoren Woodward und Eschenmoser, an der er selbst beteiligt war.
Um 1978 entwickelte sich hingegen die supramolekulare Chemie, die Interaktionen zwischen Molekülen betrachtet. Anwendungsgebiete sind zum Beispiel die Medikamentenentwicklung, Gentherapie und Diagnostik. Zuletzt warf der Nobelpreisträger einen Blick in die Zukunft der Chemie und ermutigte insbesondere die anwesenden Schülerinnen und Schüler: „Science shapes the future of humanity. Participate!“ (Wissenschaft gestaltet die Zukunft der Menschheit – mach mit!)

Ehrungen aus Corona-Zeiten nachgeholt

Der Fachbereich Chemie nutzte den Festakt, um coronabedingt abgesagte Ehrungen im feierlichen Rahmen nachzuholen. Vergeben wurden insgesamt 25 Auszeichnungen – darunter Preise von der Studienkommission Chemie für hervorragende Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen aus drei Jahrgängen. Dazu kamen die Ehrungen der Dr. Barbara Mez-Starck-Stiftung für die jahrgangsbesten Master-Absolventinnen und --Absolventen, dotiert mit bis zu 1000 Euro. Außerdem erhielt Chemiestudent Luca Pallini das prestigeträchtige August-Wilhelm-von-Hofmann-Stipendium der Gesellschaft Deutscher Chemiker.
Beim anschließenden Sektempfang stießen Fachbereichsmitglieder und Gäste gemeinsam auf die nächsten 50 Jahre Chemie in Ulm an. Nobelpreisträger Lehn hat bereits einen erneuten Festvortrag zum 100. Jubiläum angekündigt.

Zum neuen Studien-Infofilm des Fachbereichs Chemie: https://youtu.be/d9bPBifTqQE

Text und Medienkontakt: Annika Bingmann

Gruppenbild
Prof. Max von Delius, der das Chemie-Jubiläum maßgeblich organisiert hat, Nobelpreisträger Prof. Jean-Marie Lehn, Studiendekan Prof. Alexander Kühne und Dr. Jürgen Vogt (Dr. Barbara Mez-Starck-Stiftung) (1. Reihe, 3.-6. v.l.) inmitten der beim Festakt ausgezeichneten Preisträgerinnen und Preisträger (Foto: Eberhardt)
Nobelpreisträger Jean-Marie Lehn
Nobelpreisträger Prof. Jean-Marie Lehn begeisterte mit seinem Festvortrag „Steps towards life: Chemistry“ (Foto: Eberhardt)
Hörsaal beim Festakt
Das Festpublikum im Hörsaal (Foto: Eberhardt)