Die Hannover Messe (HM) gilt als weltweit wichtigste Industriemesse. Vom 25. bis zum 29. April präsentieren sich in diesem Jahr Aussteller aus der ganzen Welt unter dem Leitthema "Integrated Industry - Discover Solutions!". Auch die Universität Ulm ist bei dieser globalen Leitmesse für Investitionsgüter wieder vertreten. Am Stand von Baden-Württemberg international (bw-i) zeigt der Ingenieur Stefan Bäder eine Pumpe, die Flüssigkeiten pulsationsfrei abgibt und die sowohl in der Klinik als auch im Labor zum Einsatz kommen kann (Halle 2 Stand A18).
Der Labormitarbeiter aus der Ulmer Universitätsklinik für Anästhesiologie hat dafür ein neuartiges membranbasiertes Pumpenkonzept entwickelt, mit dem Flüssigkeiten gleichmäßig und ohne Druckspitzen abgegeben werden. Am Krankenbett oder im Labor stellt sich oft das gleiche Problem: Flüssigkeiten müssen genau dosiert werden. "Bekommt ein Patient zu viel oder zu wenig von einer Infusion, kann dies dramatische Folgen für seinen Gesundheitszustand haben. Auch im Labor hängen Untersuchungsergebnisse oft von der schwankungsfreien Zugabe von Substanzen ab" erklärt Bäder. Um zu verhindern, dass Medikamenten- oder Nährlösungen nachlaufen, kann das Gerät auch absaugen - dazu muss der Nutzer lediglich einen Schalter umlegen.
Entwickelt wurde die Pumpe, mit der Bäder nun zum zweiten Mal auf der HM vertreten ist, auf der Grundlage einer Hybridtechnologie, das die Funktionsprinzipien von Kolben- und Peristaltikpumpen miteinander verbindet. Das Herzstück der Neuentwicklung sind vier einzeln ansteuerbare Kolben, die getrennt voneinander Flüssigkeit ansaugen oder abgeben. "Um Druckspitzen zu vermeiden, sind immer nur drei von vier Einheiten gleichzeitig aktiv. Die pausierende vierte Einheit wird verwendet, um feine Restpulsationen auszugleichen", erklärt der Ingenieur.
Die Ulmer Pumpe, die zum Patent angemeldet wurde, hat noch weitere Vorteile: Alle Förderwege sind sichtbar. Die Anwender merken also sofort, ob Luft im System ist. Die flüssigkeitsführenden Bauteile bestehen außerdem aus transparentem Kunststoff und sind auch als sterile Einmalartikel preiswert herzustellen. Die Pumpe ist nicht nur klein und leicht, sie kann auch für heiße, giftige, klebrige oder sterile Flüssigkeiten und sogar für Gase verwendet werden. "Wir freuen uns schon auf viele neugierige Standbesucher. Vielleicht ist auch ein möglicher Kooperationspartner darunter", so der Erfinder. Im letzten Jahr hat Bäder bereits Kontakte zu einer interessierten Firma geknüpft. Gespräche mit der dortigen Entwicklungsabteilung laufen bereits.
Mit dem IQST präsentiert sich auch die Quantenforschung
Außerdem präsentiert sich in der niedersächsischen Hauptstadt das Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaft und -Technologie (IQST), an dem Forscher der Universität Stuttgart, des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung und der Universität Ulm beteiligt sind. In diesem interdisziplinären und standortübergreifenden Kompetenzzentrum erforschen Physiker, Chemiker, Biologen und Mathematiker die Welt der Quanten. Und damit der Sprung von der Grundlagenforschung in die Anwendung gelingt, arbeiten die Wissenschaftler am IQST nicht nur gemeinsam mit Ingenieuren, sondern unterhalten auch enge Kontakte zu Partnern aus der Industrie.
Die Quantenphysik ist nicht nur in der Lage, einzelne Atome, Elektronen und Photonen zu kontrollieren. Sie birgt auch enormes technologisches Potential für industrielle Anwendungen - ob im Bereich der Informations-, Energie- oder Sensortechnologie. Die Forscher und Entwickler arbeiten beispielsweise daran, sich quantenmechanische Prozesse zunutze zu machen, um leistungsfähige Quantencomputer zu entwickeln oder die Grundlagen für abhörsichere Datentransfers zu schaffen. Außerdem arbeiten die Forscher an der Entwicklung hochpräziser Biosensoren und Miniaturlabore ("lab-on-a-chip" Systeme) sowie an verlustarmen Hochtemperatursupraleitern zum effizienten Energietransport.
Am Ferrofluid-Exponat verschmelzen die Grenzen zwischen Physik und Kunst
Um den Messebesuchern quantenphysikalische Phänomene anschaulich zu machen, präsentieren die Aussteller am gemeinsamen Messestand ein dafür eigens konzipiertes Ausstellungsexperiment der Universität Stuttgart: Ein Ferrofluid, bestehend aus winzigen Eisenpartikeln, die in Öl oder Wasser gelöst sind, wird mit Hilfe eines starken Magnetfeldes so angeregt, dass sich verschiedenartigste Muster herausbilden. Verantwortlich dafür ist ein Phänomen namens Rosensweig-Instabilität, das dem Betrachter eindrucksvoll vor Augen führt, dass auch die Grenzen zwischen Physik und Kunst fließend sind.
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann