Der "Wissenschaftspreis der Stadt Ulm" für die Universität geht in diesem Jahr an PD Dr. Sandra Lang. Die Physikerin forscht am Institut für Oberflächenchemie und Katalyse an innovativen und kostengünstigen Nano-Materialien, die sich - nach dem Vorbild der Natur - für umweltfreundliche katalytische Prozesse einsetzen lassen. Den mit insgesamt 15 000 Euro dotierten Preis teilt sich die Preisträgerin der Universität - so der Usus - mit einem Wissenschaftler der Technischen Hochschule Ulm, in diesem Jahr ist dies Professor Michael Kaufeld. Überreicht wurde die Auszeichnung von Oberbürgermeister Gunter Czisch im Rahmen der Feierlichkeiten zum Schwörmontag.
Mit ihrem Wissenschaftspreis will die Stadt Ulm hervorragende Leistungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, insbesondere der jüngeren Generation, anerkennen und fördern. Die 38-jährige Physikerin Dr. Sandra Lang, die an der Universität Ulm im Grenzbereich zur Chemie forscht, erfüllt diese Kriterien bestens. Wissenschaftlich ausgewiesen ist sie durch eine Vielzahl von Konferenzbeiträgen und Veröffentlichungen in renommierten Fachjournalen. Die habilitierte Forscherin hat zahlreiche Drittmittel eingeworben und ist international bestens vernetzt. Noch dazu ist ihre wissenschaftliche Arbeit über Biokatalysatoren von großer praktischer und gesellschaftlicher Relevanz: "Sandra Lang adressiert in ihrer Forschung wichtige globale Herausforderungen wie die umweltverträgliche Energieumwandlung, die Herstellung alternativer Treibstoffe und die Neutralisierung von Luftschadstoffen und leistet somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz", erklärte Oberbürgermeister Gunter Czisch bei der Preisvergabe. "Ihre Forschung bestätigt das außerordentliche Potenzial und stärkt das Ansehen der Spitzenforschung am Wissenschaftsstandort Ulm weit über die Region hinaus", so das Ulmer Stadtoberhaupt weiter.
"Thematisch fügt sich Sandra Langs wissenschaftliche Arbeit bestens in einen der zentralen strategischen Entwicklungsbereiche der Universität, die nachhaltige Energiespeicherung und -wandlung", meint Universitätspräsident Professor Michael Weber. Und auch wenn es viele Anknüpfungspunkte gibt zur Arbeit anderer Uni-Kollegen, ist Langs wissenschaftlicher Ansatz einzigartig an der Universität Ulm. Denn im Fokus ihrer Forschung stehen kleinste, katalytisch aktive Partikel - im Nanometer- und Subnanometer-Bereich - deren physikalisch-chemischen Eigenschaften sie in der Gasphase untersucht. Ihr besonderes Interesse gilt dabei sogenannten Clustern, die aus nur wenigen Atomen bestehen und die in der Natur als Biokatalysatoren, beispielsweise in Enzymen, vorkommen. Lang sucht nach der optimalen Struktur und Beschaffenheit solcher Cluster.
Biokatalysatoren bestehen aus leicht verfügbaren und kostengünstigen Materialien
Die Wissenschaftlerin orientiert sich dabei am Vorbild der Natur. "Ein Paradebeispiel für biologische Katalyse-Prozesse ist die Photosynthese. Dabei wird bei 'Normaltemperaturen' Sonnenenergie in chemische Energie umgewandelt", sagt die Physikerin, die herausfinden will, welche Cluster-Formen und -Zusammensetzungen sich in der Praxis bewähren. Solche Biokatalysatoren bestehen aus leicht verfügbaren und somit kostengünstigen Materialien. Außerdem sind sie von Natur aus so ausgelegt, dass sie katalytische Prozesse unter milden umweltfreundlichen Reaktionsbedingungen ablaufen lassen können. Für den industriellen Einsatz solcher Cluster ist dies ein enormer Vorteil.
Die Experimente, mit denen sie diese Fragen beantworten möchte, sind hochkomplex. Dabei kommt eine Vielzahl von physikalischen Methoden zum Einsatz - von der Massenspektrometrie über speziell entwickelte Ionenfallen bis hin zu freien Elektronenlasern, für deren Nutzung die Ulmer Wissenschaftlerin mit Forschenden aus den Niederlanden kooperiert. Überhaupt ist Sandra Lang durch zahlreiche Forschungsaufenthalte in den USA, in Japan, Belgien und den Niederlanden international bestens vernetzt.
Als Frau gehört sie auf ihrem Forschungsgebiet zu einer Minderheit
Die Physikerin, die in Würzburg und Austin (Texas) studiert und in Berlin und Ulm promoviert hat, kam nach einer Postdoc-Phase an der Katholischen Universität Leuven zurück an die Universität Ulm. Möglich machte dies ein Margarete von Wrangell-Habilitationsstipendium für herausragende junge Wissenschaftlerinnen. Unterstützt wurde sie dabei von Professor Thorsten Bernhardt vom Institut für Oberflächenchemie und Katalyse, ihrem ehemaligen Doktorvater. Als Frau gehört sie auf ihrem Forschungsgebiet noch immer zu einer kleinen Minderheit. "Ich hatte aber nie das Gefühl, dass ich dadurch benachteiligt war", erklärt die Wissenschaftspreisträgerin, die sich schon in der Schule für Physik, Mathematik und Naturwissenschaften begeistert hat. Vielmehr ist Sandra Lang in ihrer Scientific Community äußerst aktiv und hat eine neue internationale Tagung auf ihrem Gebiet geschaffen und gleich zweimal in Ulm mitorganisiert, die "Gas Phase Model Systems for Catalysis"-Konferenzen 2014 und 2018. In der Zeitschrift für Physikalische Chemie wurde dafür 2019 eigens ein Sonderband herausgebracht und von ihr editiert.
Die Auszeichnung ist eine große Ehre
Aber die 38-Jährige kommt auch mal ohne die hohe Wissenschaft aus. In ihrer Freizeit wandert die sportliche junge Frau gerne in den Bergen. Außerdem liebt sie Bücher. Was sie beruflich und privat gleichermaßen mag, ist das Reisen. Da sie familiär ungebunden ist, kommt es auch mal vor, dass sie viele Wochen im Jahr - meist für Forschungsaufenthalte oder Tagungen - unterwegs ist. Mit dem Preisgeld wird sie ihr Reisebudget gerne aufstocken. "Ich fühle mich sehr geehrt durch diese Auszeichnung", freut sich die Preisträgerin, die an der Universität Ulm eine Stelle als Akademische Rätin auf Zeit hat. Möglicherweise hilft ihr der Wissenschaftspreis der Stadt Ulm bei der Erfüllung ihres wichtigsten Zukunftstraumes: eine Professur.
Zur Person
PD Dr. Sandra Lang wurde 1981 in Würzburg geboren. Sie studierte an der dortigen Universität Physik und beschloss ihr Studium mit einem Master Abschluss an der University of Texas in Austin (USA). Zur Promotion kam sie an die Freie Universität Berlin und wechselte mit dem Umzug der Arbeitsgruppe an die Universität Ulm, wo sie 2009 promoviert wurde. Nach einer kurzen Postdoc-Phase forschte sie in Belgien an der Katholischen Universität Leuven. Ein Margarete von Wrangell-Stipendium ermöglichte ihr 2011 die Rückkehr nach Ulm. Dort arbeitet die habilitierte Physikerin nach einer Vertretungsprofessur für Chemieingenieurwesen und einem Forschungsaufenthalt am Georgia Institute of Technology in Atlanta (USA) seit April 2018 auf einer Akademischen Ratsstelle auf Zeit am Institut für Oberflächenchemie und Katalyse. Lang erhielt mehrere Förderpreise und Auszeichnungen, darunter Stipendien zur Promotion und Habilitation sowie einen Forschungsbonus der Universität Ulm und der Ulmer Universitätsgesellschaft.
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann