Myotonien und Paramyotonie
Myotonien sind Erkrankungen, bei denen als Hauptsymptom eine generalisierte Muskelsteifigkeit auffällt, die besonders nach plötzlichen und heftigen Muskelkontraktionen z. B. beim Erschrecken auftritt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Muskelerkrankungen ist die Muskelmasse eher vermehrt (Muskelhypertrophie). Mutationen in unterschiedlichen Ionenkanälen, die die elektrische Erregbarkeit der Muskelfasermembran erhöhen, sind für die verlängerte Muskelanspannung verantwortlich. Entsprechend der genetischen Ursache unterscheidet man Chlorid- und Natriumkanalmyotonien.
Zu den Chloridkanalmyotonien gehört die dominante Thomsen-Myotonie und die häufigere und meist ausgeprägtere rezessive Becker-Form. Die Natriumkanalmyotonie wird auch Kalium-sensitive Myotonie genannt, da die myotone Steifigkeit durch orale Kaliumaufnahme verstärkt wird. Betroffene neigen zu belastungsabhängigen Muskelkrämpfen. Die Natriumkanalmyotonie kommt in verschieden starken Ausprägungen vor: Die leichteste Form ist die Myotonia fluctuans, die schwerste Form die Myotonia permanens. Bei der permanens muss eine orale Kaliumgabe wegen der Gefahr einer versteiften Atemmuskulatur unterbleiben.
Die Paramyotonie nimmt eine Stellung zwischen den Myotonien und den periodischen Paralysen ein. Vor allem bei Kälteeinwirkung zeigt sich eine myotone Muskelsteifigkeit, die sich mit weiterer körperlicher Tätigkeit verschlimmert (paradoxe Myotonie).
Ein kalter Luftzug kann genügen, die mimische Muskulatur „einzufrieren“. Die Muskelsteifigkeit kann in eine schlaffe Lähmung übergehen, die einige Stunden anhalten kann. Paramyotoniker mit bestimmten Natriumkanalmutationen können zusätzlich in Ruhe Lähmungsepisoden entwickeln, die einer hyperkaliämischen periodischen Lähmung ähneln.