Philosophisch-Ethische Analyse des Kindeswohl-Begriffes

Alexander Bagattini, Dieter Birnbacher, Leonie Tonsen

Teilprojekt 2 wendet sich mit der Methode der Begriffsklärung dem Kindeswohlkonzept zu, wie es in definierten Fällen von Kindeswohlverletzung durch Missbrauch in Institutionen zum Tragen kommt. Das Ziel dieses Teilprojektes ist erstens, die normativen Implikationen des Kindeswohlbegriffs zu explizieren und zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund sollen zweitens die Probleme aufgezeigt werden, in die die verschiedenen Verwendungsweisen des Kindeswohlbegriffs (etwa in Medizin, Recht und pädagogischen Kontexten) führen. Drittens sollen die erzielten Ergebnisse ethisch bewertet werden. Eine ethische Analyse des Kindeswohlbegriffs führt über das Prinzip des besten Interesses zu Fragen nach der Legitimität von Paternalismus (gegenüber Kindern), nach der Relevanz kindlicher Interessen, dem Wert der Privatheit der Familie und nach spezifischen Kinderrechten. Eine solche Analyse kann dabei helfen, die normativen Strukturen besser zu verstehen, die einen angemessenen Kinderschutz teilweise erschweren. Hierbei spielt insbesondere die Abwägung autonomer Erziehungsrechte der Eltern mit den Entwicklungschancen ihrer Kinder eine entscheidende Rolle. Hier stellen sich einige ethisch relevante Fragen: Haben Kinder auch unabhängig von ihren Eltern das Recht auf eine ‚normale‘ kindgerechte Entwicklung? Ist Kindeswohl also informell an die Existenz familiärer Strukturen gekoppelt? Wenn dies der Fall ist, wird die Verantwortung bei einem Transfer eines Kindes in eine pädagogische Institution virtualisiert und zum reinen Lippenbekenntnis umgeformt? Wie ist die gegenwärtige Lange im deutschen Recht (insbesondere im BGB) in dieser Hinsicht einzuschätzen? Bei der Diskussion dieser Fragen wird das auf den Kindeswohlbegriff angewendete Prinzip des besten Interesses eine zentrale Rolle spielen. Wenn die Eltern nicht im besten Interesse ihrer Kinder handeln, sollten staatliche Institutionen Hilfe leisten. Wie kann verhindert werden, dass das beste Interesse des Kindes als Maske für das beste Interesse Dritter, insbesondere der erziehungsberechtigten Eltern oder Institutionen, dient? Aus einer ethischen Perspektive soll der Begriff des besten Interesses näher untersucht werden. Es soll untersucht werden, ob eine ethische Analyse dieses Begriffs dabei helfen kann, Probleme des Kinderschutzes in Institutionen klarer zu benennen und auf diese Weise Kritik an ihnen zu üben. Die Ergebnisse dieses Teilprojektes dienen für die Auswertung der TP 1, 4 und 5 als heuristische Hilfe und fließen mit den Ergebnissen aus TP3 zusammengeführt in das zu entwickelnde pädagogische Instrument ein.


Universität Düsseldorf, Institut für Praktische Philosophie