Physiolgische und Pathophysiolgische Funktionen des NF-kB Signalwegs

Forschung

Von molekularen Mechanismen der NF-kB Aktivierung zum vielfältigen patho-physiologischen Wirkspektrum des IKK/NF-kB Systems

Der Forschungsschwerpunkt unserer Arbeitsgruppe ist die Untersuchung der physiologischen und pathophysiologischen Funktionen des IKK/NF-kB Signal- und Genregulationssystems, insbesondere im Zentralen Nervensystem (ZNS) und im Pankreas.

Das IKK/NF-kB Signaltransduktions- und Transkriptionsfaktorensystem repräsentiert einen bei Invertebraten und Vertebraten hochkonservierten Regelmechanismus, der in jeder kernhaltigen Zelle vorhanden ist. Seit seiner Entdeckung 1986 als nukleärer Faktor in reifen B-Zellen gilt NF-kB als einer der wichtigsten induzierbaren, genregulatorischen Faktoren. NF-kB spielt vor allem bei der Regulation von Entzündungs- und Immunprozessen aber auch bei der Differenzierung, Proliferation und zellulären Überlebensmechanismen eine kritische Rolle. Generell kann das IKK/NF-kB System genetische Programme induzieren, die für die Verarbeitung von verschiedensten zellulären Stresssituationen notwendig sind. Die Pathogenese vieler Erkrankungen wie z.B. Diabetes, Pankreatitis, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Amyotrophe Lateralsklerose, aber auch Entwicklungsstörungen und Traumata gehen daher häufig mit einer Deregulation des IKK/NF-kB Systems einher.

Ob dabei im gegebenen Fall ein kausaler Zusammenhang zwischen verändertem IKK/NF-kB System und der damit verbundenen krankheits-spezifischen Pathogenese besteht, ist eine der zentralen Fragestellungen mit der wir uns in unseren Forschungsarbeiten beschäftigen.

Konkret untersuchen wir die Funktionen des IKK/NF-kB Signalwegs und seine Rolle bei Erkrankungen vor allem an konditionalen genetischen Mausmodellen, aber auch an Zellkultursystemen, bei denen die Aktivierung von NF-kB entweder blockiert oder verstärkt ist. Wie sich diese gezielte Modulation von NF-kB dann auf die Pathogenese von Krankheits- und Traumamodellen (Diabetes, Schädel-Hirn-Trauma) auswirkt, bestimmen wir über kombinierte proteinbiochemische, zellbiologische und histologischen Analysetechniken.  

So konnten wir zeigen, dass die Ausbildung von Synapsen (Zell-Zell-Kontakte zur Signalübertragung zwischen Nervenzellen) durch gehemmte NF-kB-Aktivierung in Neuronen beeinträchtigt wird und mit Lerndefekten verbunden ist. Umgekehrt führt eine Überaktivierung des NF-kB Systems in verschiedenen Zelltypen zu starken Entzündungsreaktionen und pathologischen Konsequenzen, die auch bei entzündlichen und Autoimmun-Erkrankungen des Menschen auftreten. So bewirkt eine chronische NF-kB Aktivierung in Astrozyten eine Entzündung des Gehirns, auch Neuroinflammation genannt. Während der Entwicklung kommt es daher zur Ausbildung eines Wasserkopfs (Hydrocephalus) und weiteren neurodegenerativen Veränderungen, im ausgewachsenen Tier tritt dagegen eine selektive Degeneration des Kleinhirns auf, wie sie auch von einigen Autoimmunerkrankungen bekannt ist.

Im Pankreas  induziert eine Überaktivierung des NF-kB Systems je nach Zelltyp entweder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) oder eine entzündliche Zerstörung der Langerhans’schen Inseln im Pankreas, einem neuen Modell für den autoimmun-vermittelten Diabetes Typ 1. Interessanterweise führt die spezifische Hemmung von NF-kB in den b-Zellen des Pankreas auch zu einem diabetischen Phänotyp, der Gemeinsamkeiten mit Diabetes Typ 2 des Menschen aufweist. Beide Modellsysteme verwenden wir aktuell für die Aufklärung von Mechanismen, die für die Regeneration von diabetischen b-Zellen relevant sind.

In unseren Projekten zur Rolle des IKK/NF-kB System im ZNS untersuchen wir im Moment, inwieweit IKK/NF-kB gesteuerte Neuroimmunprozesse den Krankheits-verlauf der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und vor allem die posttraumatischen Konsequenzen nach Schädel-Hirn-Trauma bestimmen. Auch Alterungsprozesse des Gehirns, die durch so genanntes ‚Inflammaging‘, einem NF-kB regulierten Prozess, vorangetrieben werden, sind Gegenstand unserer Forschungsarbeiten.

Langfristig erhoffen wir uns von diesen Studien einen detaillierten Einblick in das Zell- und Kontext-spezifische Wirkspektrum des IKK/NF-kB Systems, um so Strategien für neue gezielte Therapieansätze bei Erkrankungen wie ALS und Schädel-Hirn-Trauma oder auch Interventionsmöglichkeiten für gesundes Altern entwickeln zu können.

 

Aktuelle Publikationen

IKK2/NF-κB Activation in Astrocytes Reduces amyloid β Deposition: A Process Associated with Specific Microglia Polarization
Yang, S., Magnutzki, A., Alami, N. O., Lattke, M., Hein, T. M., Scheller, J. S., Kröger, C., Oswald, F., Yilmazer-Hanke, D., & Wirth, T
Cells. 2021 Oct 6;10(10):2669.doi: 10.3390/cells10102669

Age-Related Gliosis Promotes Central Nervous System Lymphoma through CCL19-Mediated Tumor Cell Retention.
O'Connor T, Zhou X, Kosla J, Adili A, Garcia Beccaria M, Kotsiliti E, Pfister D, Johlke AL, Sinha A, Sankowski R, Schick M, Lewis R, Dokalis N, Seubert B, Höchst B, Inverso D, Heide D, Zhang W, Weihrich P, Manske K, Wohlleber D, Anton M, Hoellein A, Seleznik G, Bremer J, Bleul S, Augustin HG, Scherer F, Koedel U, Weber A, Protzer U, Förster R, Wirth T, Aguzzi A, Meissner F, Prinz M, Baumann B, Höpken UE, Knolle PA, von Baumgarten L, Keller U, Heikenwalder M.
Cancer Cell. 2019 Sep 16;36(3):250-267.e9. doi: 10.1016/j.ccell.2019.08.001. PubMed PMID: 31526758.

Elevated β-cell stress levels promote severe diabetes development in mice with MODY4.
Trojanowski B, Salem HH, Neubauer H, Simon E, Wagner M, Dorajo R, Boehm BO, Labriola L, Wirth T, Baumann B.
J Endocrinol. 2019 Nov 1. pii: JOE-19-0208.R1. doi: 10.1530/JOE-19-0208.  

IKK2/NF-kB signaling protects neurons after traumatic brain injury.
Mettang M, Reichel SN, Lattke M, Palmer A, Abaei A, Rasche V, Huber-Lang M, Baumann B, Wirth T.
FASEB J. 2018 Apr;32(4):1916-1932. doi: 10.1096/fj.201700826R.

NF-kB activation in astrocytes drives a stage-specific beneficial neuroimmunological response in ALS.
Ouali Alami N, Schurr C, Olde Heuvel F, Tang L, Li Q, Tasdogan A, Kimbara A, Nettekoven M, Ottaviani G, Raposo C, Röver S, Rogers-Evans M, Rothenhäusler B, Ullmer C, Fingerle J, Grether U, Knuesel I, Boeckers TM, Ludolph A, Wirth T, Roselli F, Baumann B.EMBO J. 2018 Jun 6. pii: e98697. doi: 10.15252/embj.201798697.

Transient IKK2 activation in astrocytes initiates selective non-cell-autonomous neurodegeneration. 
Lattke M, Reichel SN, Magnutzki A, Abaei A, Rasche V, Walther P, Calado DP, Ferger B, Wirth T, Baumann B.;
Mol Neurodegener. 2017 Feb 13;12(1):16. doi: 10.1186/s13024-017-0157-0.

NF-kB-mediated astrocyte dysfunction initiates neurodegeneration.
Lattke M, Reichel SN, Baumann B.
Oncotarget. 2017 May 31;8(31)

Kontakt

  • Telefon: +49 (0)731/50-23271
    Telefax: +49 (0)731/50-22892
  • Sekretariat
  • Postadresse:
  • Universität Ulm
  • Institut für Physiologische Chemie
    Albert-Einstein-Allee 11
  • D-89081 Ulm

  • Hausadresse:
  • Universität Ulm
  • Institut für Physiologische Chemie
  • N27
    Meyerhofstrasse
    D-89081 Ulm