Warum die medizinische Versorgung von Geflüchteten oft schwierig ist
Eine angemessene medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Deutschland ist kompliziert. Ethische, rechtliche und soziale Hürden erschweren den Prozess. Sechs Gründe, warum die Behandlung oft schwierig ist.
Warum die medizinische Versorgung von Geflüchteten oft schwierig ist
Zwar sprechen viele Ärztinnen und Ärzte gut Englisch oder eine andere europäische Fremdsprache. Doch nur wenige können sich auf Arabisch, Urdu oder Suaheli unterhalten – Sprachen, die viele der geflüchteten Menschen als Muttersprache haben. Auch geschulte ÜbersetzerInnen sind Mangelware, was die Verständigung und Behandlung verkompliziert. Ist ein gutes Patientengespräch doch die Basis für einen erfolgreichen Therapieverlauf und die Voraussetzung für eine Einwilligung in die Behandlung.
Selbst etwas so scheinbar Banales wie das Schmerzempfinden und die Beschreibung von Beschwerden sind kulturabhängig. Die Analyse des gesundheitlichen Problems muss daher vor dem Hintergrund der Herkunft, Religion oder des Kulturkreises der Geflüchteten stattfinden. Ärztinnen und Ärzte sind dafür allerdings oft nicht ausgebildet.
In anderen Kulturkreisen – die weniger individualistisch sind als die westlichen – ist es durchaus üblich, dass Patientinnen und Patienten zuvor die Meinung ihrer Familie einholen. Das müssen Ärztinnen und Ärzte berücksichtigen, um Geflüchtete nicht zu einer übereilten Entscheidung zu drängen.
Viele Menschen mit Migrationshintergrund haben einen niedrigen sozio-ökonomischen Status. Oft sind auch die Wohnverhältnisse oder die Bedingungen am Arbeitsplatz nicht gesundheitsfördernd oder sogar schädigend. Auch ein Gefühl von Ausgrenzung aus der deutschen Gesellschaft kann sich direkt auf die Gesundheit der Geflüchteten auswirken.
In einigen Kulturen werden bestimmte Krankheiten als Stigma angesehen. So führt in Indien beispielsweise eine bekannte Tuberkulose-Erkrankung dazu, dass Patientinnen und Patienten sozial ausgegrenzt werden. Diese Angst vor Stigmatisierung hindert einige Migrantinnen und Migranten daran, Leistungen des Gesundheitssystems in Anspruch zu nehmen.
Für die ersten 15 Monate ihres Aufenthalts müssen Asylbewerberinnen und Asylbewerber bei einer Behörde die Erlaubnis für einen Arztbesuch beantragen. Studien zeigen, dass das eine beträchtliche Hürde darstellt. Nachdem die Menschen ihre Gesundheitskarte erhalten haben, steigt die Anzahl der Arztbesuche an. Gleichzeitig sinken die im Gesundheitssystem insgesamt verursachten Kosten.
Alle Informationen stammen aus Steger, F.: Migration and Medicine
(2) S. 70, dort Quelle 30 (Farber Post et al.L Ethics, Cultrue (Note 3), p.350 and 355)
(3) S. 15, S. 71-72, dort Quelle 40 (Gilbar, Miola: One Size Fits All? (Note1), pp. 377-378) und 41 (Gilbar, Miola: One Size Fits All? (Note1), pp. 377)