Die Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin wäre ohne ihn um viele wegweisende Publikationen und Debatten ärmer: Professor Hans Joachim Winckelmann. Seit 1972 hat er am Standort Ulm die Medizin- und Naturwissenschaftsgeschichte sowie die Ethik in der Medizin geprägt, sowohl in der Forschung als auch in der Lehre. Anlässlich seines 85. Geburtstags widmet ihm nun die Universität Ulm ein Wissenschaftliches Symposium. Die Festveranstaltung findet am 8. Mai ab 14:00 Uhr im Gewölbesaal des Hauses der Stadtgeschichte statt.
"Hans Joachim Winckelmann ist ein hochgeschätzter Kollege. Sein besonderes Forschungsinteresse gilt der neuzeitlichen und frühneuzeitlichen Medizingeschichte, vor allem der Freien Reichsstädte", so <link med med-medgeschichte mitarbeiter steger-florian-univ-prof-dr>Professor Florian Steger, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universität Ulm und Veranstalter des Symposiums. Darüber hinaus hat sich Winckelmann immer wieder mit ethischen Fragen der ärztlichen Praxis in Vergangenheit und Gegenwart befasst, und dabei auch die Rolle der Medizin im Nationalsozialismus kritisch hinterfragt. Er hat unzählige Studierende unterrichtet und zahlreiche Dissertationen betreut. Vielen Ulmer Bürgern ist er bekannt als Mitverfasser des Medizinhistorischen Streifzuges durch Ulm.
Zahnärzte im "Dritten Reich" - eine Forschungslücke wird geschlossen
Im Mittelpunkt des Festsymposiums steht ein Thema, das bislang noch zu wenig Beachtung in der Forschung erfahren hat. Es geht um Zahnärzte im "Dritten Reich". Präsentiert werden die "Forschungsergebnisse zu einer vergessenen Berufsgruppe" - so der Untertitel des Vortrags - von Professor Dominik Groß. Der Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Aachen ist über seine berufliche Biografie nicht nur mit Ulm, sondern auch mit Winckelmann persönlich verbunden. Dominik Groß war Assistenzarzt an der Universitätszahnklinik Ulm und später als Sektionsleiter für Kinder- und Behindertenzahnheilkunde auch mit Fragen der Klinischen Ethik befasst. Auch hat er in Ulm seine medizinische Dissertation, die von Professor Winckelmann betreut wurde, verteidigt.
Forschungsethik in Konsequenz der "Nürnberger Ärzteprozessen"
Dass man in Deutschland aus der Geschichte Konsequenzen gezogen hat, zeigt sich nicht zuletzt daran, wie sich nach den Nürnberger Ärzteprozessen die Forschungsethik entwickelt hat. Diesem Thema widmet sich Professor Florian Steger beim Symposium. In seinem Vortrag "Von einer Medizin ohne Menschlichkeit zur Entwicklung von Ethikkommissionen" geht er auch auf die besondere Rolle Ulms in dieser Geschichte der Forschungsethik ein, immerhin wurde dort die erste Ethikkommission in Deutschland gegründet.
Zur Person:
Prof. Dr. Dr. Hans Joachim Winckelmann wurde am 7. Mai 1934 in Illertissen geboren. Er hat Pharmazie, Biochemie und Geschichte in München, Würzburg, Boston und Paris studiert und neben einem naturwissenschaftlichen Doktortitel auch eine erfolgreiche Promotion in Geschichte an der Pariser Sorbonne absolviert. Winckelmann wurde 1980 an der Universität Ulm habilitiert. Unter anderem als Geschäftsführer von Mack-Pfizer und Searle-Monsanto arbeitete er zudem für einige der weltweit größten Pharmaunternehmen. Wissenschaftlich hat er sich einen Namen in der Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin gemacht.
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann