Für ihre tierversuchsfreie Diabetes-Forschung ist die Ulmer Wissenschaftlerin Dr. Sandra Heller mit dem Lush Prize als „Beste Nachwuchswissenschaftlerin“ ausgezeichnet worden. Der von einer internationalen Expertenjury Mitte November in London vergebene Preis ist mit 12.000 Euro dotiert und wird vom britischen Kosmetikhersteller Lush gemeinsam mit der wissenschaftlichen Gruppe Ethical Consumer für alternative und tierversuchsfreie Forschungsmethoden ausgelobt.
Dr. Sandra Heller ist Biologin und forscht im Bereich der humanen Stammzellforschung an Medikamenten zur Regeneration von Insulin-produzierenden beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Seit Anfang 2017 ist Heller Teil des Teams von Professor Alexander Kleger, Oberarzt und Leiter der Pankreatologie in der Klinik für Innere Medizin I des Ulmer Universitätsklinikums. Diese Regenerations-Medikamente werden bisher im Tiermodell getestet, da ein komplexes In-vitro-Modell fehlt. Die In-vitro Forschung wird bereits als tierversuchsfreie Forschungsmethode genutzt und bezieht sich - sehr vereinfacht - auf Experimente, die in einer kontrollierten, künstlichen Umgebung außerhalb eines lebendigen Organismus durchgeführt werden.
Deswegen möchte Heller zusammen mit ihren Kollegen eine Mikrofluidic-Plattform mit standardisierter 3D-Zellkultur kombinieren und so ein innovatives Screening-System entwickeln. Dieses Projekt zielt insbesondere darauf ab, die Regeneration von beta-Zellen in sogenannten Mikroinseln aus menschlichen Stammzellen zu untersuchen. Die Mikroinseln sind Aggregate aus mehreren hundert Zellen, die miteinander interagieren und in ihrer Beschaffenheit dem Zielgewebe stark ähneln. Diese Aggregate aus endokrinen Pankreaszellen müssen jedoch in einem aufwendigen Differenzierungsprozess aus den Stammzellen generiert werden. Mit Hilfe der Mikrofluidic-Plattform kann beispielsweise die Sekretion von Hormonen untersucht und damit die Zellregeneration durch neuartige Wirkstoffe tierversuchsfrei getestet werden. Da die Zellen direkt vom Patienten stammen sind zudem personalisierte Wirkstoffscreenings bei Diabetespatienten möglich. Zum Einsatz kommt bei diesem Verfahren ein spezieller Micro-Islet Secretion Print (MISP)-Chip, mit dessen Hilfe Wirkstoffkomponenten in gewebeähnlichen Strukturen erschlossen werden können, sodass Tierversuche im bisher üblichen Umfang umgangen werden können. Die MISP-Chip-Technologie ist dabei nicht auf einen bestimmten Zelltyp beschränkt, so dass in Zukunft auch andere Gewebe beziehungsweise Erkrankungen mit dieser Plattform getestet werden können.
Sandra Heller studierte in Leipzig Biologie und forschte nach ihrer Promotion in New Orleans (USA) im Bereich der entzündlichen Darmerkrankungen. Nach den ersten Erfahrungen mit Tierversuchen entschied sie sich, einen anderen Weg einzuschlagen. „In der Zeit in New Orleans musste wiederholt an Mäusen geforscht werden. Das hat mich sehr betroffen und schnell wusste ich, dass ich mich nach alternativen Methoden umschauen musste“, erzählt Dr. Sandra Heller. Die Wissenschaftlerin ernährt sich schon seit ihrer Jugend vegetarisch ernährt, und der Schutz von Tieren ist ihr sehr wichtig.
Das Preisgeld soll für die Optimierung der beta-Zell-Differenzierung und Generierung von Insulin-produzierenden Mikroinseln verwendet werden, die dann auf dem MISP-Chip getestet werden können. Da in diesem Projekt bewusst auf Tierversuche verzichtet wird, sollen den Studenten so die Alternativen in der Stammzellforschung vermittelt werden.
Mit dem Lush Prize stellte der Kosmetikhersteller Lush seit 2012 mehr als 1,6 Millionen Euro für Projekte zur Erforschung und Vermittlung tierversuchsfreier Testmethoden bereit.
Text und Medienkontakt: Tobias Kruse, LUSH EU PR Manager, Tel. 030-20618798-14