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Auf den Spuren der „Ulmer Zuckeruhr“
30 Jahre Institut für Diabetes-Technologie

Universität Ulm

Vor dreißig Jahren gründete der Ulmer Endokrinologe und Diabetes-Pionier Professor Ernst Friedrich Pfeiffer das Institut für Diabetes-Technologie (IDT). Als Vater der sogenannten „Ulmer Zuckeruhr“ gehörte der 1997 verstorbene Wissenschaftler international zu den Berühmtheiten seines Feldes. Gleichwohl er seinen Traum – die Entwicklung einer tragbaren künstlichen Bauchspeicheldrüse – nicht mehr selbst realisieren konnte, hat er mit der Gründung des IDT einen wichtigen Grundstein zur Weiterentwicklung der Diabetes-Technologie gelegt. Das An-Institut der Universität Ulm, das eng mit Fakultäten und Einrichtungen der Uni verbunden ist, testet Medizinprodukte in klinischen Studien mit Diabetes-Patienten auf ihre Leistung, Sicherheit und Handhabung. Dazu gehören Blutzuckermessgeräte, Geräte zur kontinuierlichen Glukosemessung und Insulinpumpen, aber auch Boluskalkulatoren, Stechhilfen und Insulinpens. Maßgeblich sind hierfür gesetzliche Vorgaben aus dem Medizinproduktegesetz sowie entsprechende ISO-Normen. Als akkreditiertes Prüflabor für die Testung von Blutzuckermessgeräten zur Eigenanwendung führt das Institut die Messungen nach höchsten wissenschaftlichen Standards durch. „Wichtig ist, dass die Geräte zuverlässig sind und die Patienten richtig damit umgehen können. Wir untersuchen aber auch, wie sich Aktivitäten und Mahlzeiten auf den Blutzuckerspiegel auswirken oder wie gut Patienten bei der Schätzung von Kohlenhydratanteilen in ihren Mahlzeiten sind“, erklärt Dr. Guido Freckmann, Geschäftsführer und ärztlicher Leiter des IDT.

Inzwischen ist die Forschung Pfeiffers Vision einer künstlichen Bauchspeicheldrüse schon einen großen Schritt näher gekommen. Die Idee dahinter: Blutzuckermessung und Insulindosierung sind kombiniert und verlaufen voll automatisiert. Die technische Grundlage hierfür liefern Systeme zur kontinuierlichen Zuckermessung (Continuous Glucose Monitoring) und automatisierten Insulinabgabe, wie sie ebenfalls in klinischen Studien am IDT getestet werden. Die „Ulmer Zuckeruhr“, ein in den 90-er Jahren entwickeltes System zur kontinuierlichen Glukosemessung, das auf dem Prinzip der Mikrodialyse basiert und den Zuckerwert im Fettgewebe unter der Haut messen konnte, kam allerdings nie wirklich bis zur Marktreife. Heutige CGM-Systeme zur kontinuierlichen Zuckermessung sind dagegen nicht nur viel kompakter als die „Ulmer Zuckeruhr“: Diese hatte immerhin das Ausmaß und Gewicht eines älteren Walkman-Modells und war für den Alltagseinsatz am Patienten technisch zu aufwendig. Aktuelle CGM-Systeme, die die Messungen im Körper vornehmen, sind zudem um ein Vielfaches ausdauernder und leistungsfähiger.

Das IDT hat die Weiterentwicklung verschiedener CGM-Geräte über die Jahre hinweg begleitet. So testete das Institut aktuell im Rahmen einer multizentrischen europäischen Studie ein CGM-System der amerikanischen Firma Senseonics, das nach positivem Testergebnis und einem aufwendigen Zertifizierungsprozess nun für den europäischen Markt zugelassen ist. Dafür wird eine kleine Sensorkapsel, die etwa ein Zentimeter lang und wenige Millimeter dick ist, ins Unterhautfettgewebe des Oberarms implantiert. Der Sensor ist für die Gewebezuckermessung über 90 Tage hinweg ausgelegt. Damit hebt er sich von den anderen derzeit erhältlichen CGM-Systemen ab, bei denen der Sensor bereits nach 5 bis 14 Tagen gewechselt werden muss. Mit Hilfe eines Transmitters, außen am Arm getragen, werden die Messwerte an ein Smartphone weitergeleitet und dort am Display angezeigt. Über sogenannte Nahfeldkommunikation, einer drahtlosen Funkübertragungstechnik, versorgt der Transmitter zudem den Sensor – der mit sogenannter Fluoreszenz-basierter Glukosemessung arbeitet – mit der nötigen Betriebsenergie.

Für die deutschen Diabetes-Patienten, die an der internationalen klinischen Studie teilgenommen haben und dafür regelmäßig für Kontrolluntersuchungen ans IDT kamen, war dieses Langzeitmessungssystem nicht nur aufgrund der einfachen Handhabung eine positive Erfahrung. Zusätzlich zeigte sich auch eine deutliche Reduktion des HbA1c-Wertes. Die Abkürzung bezeichnet eine Form des Blutfarbstoffes, an den Glukose gebunden ist und der als „Blutzuckergedächtnis“ Auskunft gibt über die Zuckerwerte der letzten Wochen. Auch wenn das „Eversense“ genannte Langzeit-Messsystem nicht in Ulm entwickelt wurde, so tragen Ulmer Experten letztendlich mit ihren Tests und Studien dazu bei, die Sicherheit und Praktikabilität der getesteten Medizinprodukte transparent zu machen und damit langfristig zu erhöhen.

Zum IDT
Das Institut für Diabetes-Technologie wurde am 26. September 1986 von dem Ulmer Endokrinologen und Universitätsrektor Professor Ernst Friedrich Pfeiffer gegründet, der als Vater der „Ulmer Zuckeruhr“ internationale Bekanntheit erlangte. Aufgenommen wurde der wissenschaftliche Betrieb Anfang 1987. Als Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH an der Universität Ulm prüft das IDT Medizinprodukte im Auftrag verschiedener Hersteller, aber auch auf eigene Initiative. Ein Schwerpunkt ist dabei die Leistungsbewertungsprüfung von Blutzuckermesssystemen zur Eigenanwendung nach der internationalen Norm ISO 15197. Seit 2015 ist das IDT von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditiert.

Das IDT ist ein An-Institut der Universität Ulm und wird zu 100 Prozent von der Ernst Friedrich Pfeiffer-Dotation getragen; Vorstand der Dotation ist Professor Andreas F.H. Pfeiffer, Sohn des Institutsgründers. Geschäftsführer und ärztlicher Leiter des IDT ist Dr. Guido Freckmann, wissenschaftliche Leiterin Professorin Cornelia Haug.

Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann

Ulmer Zuckeruhr (Foto: IDT)
Dr. Guido Freckmann (Foto: IDT)