Vom 1. bis zum 4. Mai treffen sich internationale Fachleute aus der Psychiatrie, Immunologie und Neurologie auf Schloss Reisensburg in Günzburg an der Donau. Anlass ist das 17. Expertentreffen zur Psychoimmunologie. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie sich Immunprozesse auf die psychische Gesundheit auswirken. Gastgeber ist Professor Karl Bechter vom Universitätsklinikum Ulm.
Vier Tage lang diskutieren über 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – vor Ort und Online – aktuelle Forschungsergebnisse und neue Therapieansätze aus dem Bereich der Immunpsychiatrie. Die Forschenden kommen aus Europa, den USA, Australien und China. Im Fokus steht dabei die Rolle des Immunsystems für die Entstehung und Behandlung von psychischen beziehungsweise psychiatrischen Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie oder Zwangsstörungen.
„Die moderne Psychiatrie erlebt gerade einen Paradigmenwechsel. Denn mehr und mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass Immunprozesse eine gravierende Rolle bei der Entstehung psychischer Erkrankungen spielen. So können Fehlfunktionen im Immunsystem schwere Depressionen oder auch bipolare Störungen hervorrufen“, erklärt Professor Karl Bechter. Der Mediziner leitet die Arbeitsgruppe Psychoimmunologie in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II des Universitätsklinikums Ulm am Bezirkskrankenhaus Günzburg.
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Tagung ist die personalisierte Diagnostik und Therapie. Neuartige Biomarker, genomische Analysen sowie innovative Verfahren zur Untersuchung von Nervenwasser (Liquor) sollen dabei helfen, individuelle Krankheitsrisiken aufzudecken, Erkrankungen besser zu erkennen und diese zielgerichtet zu behandeln. Den Auftaktvortrag am Donnerstagabend hält Professorin Cynthia Shannon Weickert (University of New South Wales, Sydney), die neuroentzündliche Spuren in den Gehirnen verstorbener Schizophrenie-Patienten gefunden hat. Danach spricht Professor Harald Prüß (Charité, Berlin) über den Nachweis von Autoantikörpern im zerebralen Nervenwasser von Menschen, die an Psychosen, Depressionen und Zwangsstörungen leiden. Dieser Ansatz macht es möglich, neue labor-diagnostische Ansätze für psychische Erkrankungen zu entwickeln. Außerdem konnten bei entsprechenden Befunden bereits neue immunmodulatorische Therapien sehr erfolgreich eingesetzt werden.
Antientzündliche Immuntherapien zur Behandlung psychischer Erkrankungen
Mittlerweile mehren sich die Evidenzen, dass neuroentzündliche Autoimmunprozesse die Funktionsfähigkeit des Gehirns und die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Umgekehrt gibt es auch erste Erfolgsmeldungen, dass schwere Depressionen sowie bipolare Störungen mit Hilfe einer antientzündlichen Immuntherapie erfolgreich behandelt werden konnten. Ein millionenschweres EU-Projekt konnte beispielsweise zeigen, dass sich – in einer Subgruppe von Patienten mit einer bestimmten immungenetischen Ausprägung – durch die Korrektur gestörter T-Zell-Aktivitäten Entzündungsreaktionen mildern und die psychischen Krankheitssymptome lindern ließen. Geleitet wurde das Projekt von Professor Hemmo Drexhage (Erasmus Medical Center, Rotterdam), der bei der Tagung in Günzburg ebenfalls mit dabei ist.
„Die interdisziplinäre Tagung stellt psychiatrische Störungen auf eine organische, immunvermittelte Grundlage. Mit diesem innovativen Ansatz eröffnen sich völlig neue Spielräume zur Therapie psychischer Krankheitsbilder, die nicht nur die Symptome lindern, sondern an den Ursachen angreifen“, betont Professor Karl Bechter, der das von der DFG geförderte 17. Experten Meeting gemeinsam mit Fachkollegen aus Aachen und Freiburg organisiert hat.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Karl Bechter, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II des Universitätsklinikums Ulm am Bezirkskrankenhaus Günzburg, E-Mail: Karl.Bechter(at)bkh-guenzburg.de
Vertreterinnen und Vertreter der Medien haben die Möglichkeit, an der Tagung teilzunehmen. Tagungssprache ist Englisch.
Für Interviews stehen auch deutschsprachige Wissenschaftler*innen zur Verfügung, beispielsweise Prof. Dr. Karl Bechter aus der Ulmer Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie II
Anhang: Tagungsprogramm 17. Psychoimmunology Expert Meeting
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann