Neue Dialektometrie mit Methoden der stochastischen Bildanalyse

Grundlage des Projekts sind die Daten, die im Sprachatlas von Bayerisch-Schwaben publiziert wurden und die auch in digitaler Form vorliegen. Es sind über 2600 Karten in 13 Bänden. Dieser Atlas gehört zu dem umfangreichsten Sprachatlanten der Welt, für das Deutsche gibt es keinen größeren. Dieses Material soll quantifizierend bearbeitet werden, und zwar nach Methoden, die über das, die es zur Zeit in der dialektologischen Forschung gibt, erheblich hinausgehen. Diese Forschungen wurden bisher vor allem in Österreich (Goebl) und in den den Niederlanden (Nerbonne, Heeringa) entwickelt. Sie beruhen allerdings alle auf Distanzmessungen; es geht bei ihnen um Raumbildung und Grenzverläufe auf Grund von Ähnlichkeiten, die auf verschiedene Weise gemessen wurden. Es ist mit diesen Methoden nicht möglich, bestimmte Muster, wiederkehrende räumliche Strukturen, die in sich variabel sind, zu erkennen, z.B. Kreise verschiedener Radien oder Keile, die gestaffelt sind. Mit den Verfahren, die nach intensiven Vorarbeiten in dem beantragten Projekt entwickelt werden, können dagegen auch die Komplexität von Karten gemessen sowie die Validität von Grenzlinien und die Homogenität von "Sprachflächen" quantifiziert werden.

Die exemplarisch beschriebenen Möglichkeiten des hier zu entwickelnden Systems eröffnen der Sprachforschung durch die Automatisierung und 'Objektivierung' komplexer Interpretationsverfahren ganz neue Möglichkeiten, insbesondere in Bezug auf sprachtypologische Strukturen und Sprachwandelphänomene. Der wissenschaftliche Ertrag dieses Unternehmens liegt weniger in der Lösung konkreter dialektologischer Fragestellungen als im methodologischen Fortschritt, der sich aus der schnellen, nach einheitlichen Maßstäben erfolgenden Analyse geographischer Strukturen und deren quantitativer Bearbeitung ergibt. Am Ende des Projekts soll ein Softwaresystem stehen, das auch auf andere Arten von Kulturdaten anwendbar ist, die geographische Verteilungen zeigen, und das eine einfach handhabbare Benutzeroberfläche besitzt.

Dieses Forschungsprojekt wird von der DFG unterstützt. Es wird in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft, Universität Augsburg, bearbeitet.

Ein Artikel über dieses Projekt ist in der Südwest Presse vom 9. Juli 2008 unter dem Titel "Schwäbisch für Stochastiker" erschienen. (Download des Artikels als .pdf)

Die im Rahmen des Projekts entwickelte Software GeoLing wurde im August 2014 veröffentlicht: www.geoling.net.

 

Ansprechpartner: Prof. Schmidt, Prof. Spodarev und Aaron Spettl