Der Wunsch nach Optimierung durchzieht nicht nur in unzähligen Varianten unser Privat- und Arbeitsleben, sondern spielt auch in praktisch allen Teilgebieten der angewandten Mathematik eine zentrale Rolle. Die konkreten Fragestellungen sowie die Lösungsmethoden unterscheiden sich aber je nach mathematischer Disziplin stark.
Unser zentrales Forschungs- und Lehrgebiet ist die diskrete Optimierung. Hierbei geht es um Probleme, deren Lösungen "diskrete" Entscheidungen erfordern. Im Gegensatz dazu steht die kontinuierliche Optimierung: Für die optimalen Zusammenstellung eines Aktienportfolios etwa mag es sinnvoll sein, 52,7% der verfügbaren Mittel in Aktie A zu investieren, 32,3% in Aktie B und 15% in Aktie C. Hingegen muss jeder Algorithmus, der für ein Navigationssystem eingesetzt wird, sich an jeder Kreuzung voll zwischen diskreten Optionen entscheiden - kein Anwender dieses Navigationssystems wird über den Vorschlag, zu 52,7% links abzubiegen, glücklich sein.
Mathematisch lassen sich diskrete Entscheidungen oft als Ganzzahligkeitsbedingungen formulieren. Diese verändern die Eigenschaften und Komplexität der Optimierungsprobleme ganz erheblich, wodurch die erfolgreichsten Ideen der kontinuierlichen Optimierung (Ableitung/Gradient, lokale Extrema, Konvexität) nur selten und indirekt in der diskreten Optimierung anwendbar sind.
Ein vielseitiges Werkzeug zur Modellierung von Problemstellungen der diskreten Optimierung sind endliche Graphen bzw. Netzwerke. Daher liegt auf der Graphentheorie unser zweiter Schwerpunkt. Neben algorithmischen Aspekten studieren wir dabei strukturelle Eigenschaften wobei oft fruchtbare Wechselwirkung bestehen - tiefe strukturelle Einsichten ermöglichen effiziente Algorithmen und umgekehrt motivieren algorithmische Fragen interessante Strukturforschung. Strukturelle Fragen, die uns umtreiben, sind z.B.:
- Welche Strukturen charakterisieren eine bestimmte Klasse von Graphen?
- Welche Eigenschaften erlauben es, einen Graphen mit wenigen Farben zu färben?
- Wie beeinflussen strukturelle Parameter algebraische Parameter eines Graphen?
Verglichen mit klassischen Gebieten der Mathematik sind die diskrete Optimierung und die Graphentheorie vergleichsweise junge Disziplinen. Tatsächlich hat die Entwicklung des Computers ganz wesentlich zur ihrer dynamischen Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten beigetragen. Dies liegt daran, dass Computer letztendlich Maschinen zur Manipulation diskreter Daten sind und die algorithmischen Verfahren, die die diskrete Optimierung entwickelt und analysiert nur durch ihre Implementierung auf Computern ihren großen praktischen Nutzen entfalten. Durch ihr junges Alter sind die diskrete Optimierung und die Graphentheorie noch voll von grundlegenden oft ganz einfach zu formulierenden offenen Problemen. Bereits im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten kann man sich mit diesen offenen Fragen befassen und auch eigene Beiträge leisten. Es ist dadurch nicht selten, dass aus Abschlussarbeiten wissenschaftliche Publikationen entstehen.
Die Nähe zu relevanten Anwendungen macht das Institut für Optimierung und Operations Research auch zu einem geeigneten Partner zur fachlichen Betreuung von Betriebspraktika. Im Rahmen solcher Praktika werden oft die Verfahren aus der Vorlesung weiterentwickelt und angepasst, um bestimmte ganz konkrete algorithmische Fragestellungen aus der Praxis zu lösen.