Schon zu Beginn meines Bachelorstudiums hatte ich den Wunsch, ein Semester im Ausland zu absolvieren. Das fünfte Semester hat sich dafür perfekt angeboten, da ich dann bereits alle Pflichtvorlesungen in Ulm gehört hatte und meine fehlenden ECTS-Punkte mit Wahlvorlesungen füllen konnte.

Über das Suchportal der Uni Ulm habe ich mir alle Universitäten in Europa angeschaut, die für den Studiengang Bachelor Mathematik als Erasmus+ Austauschuniversitäten in Frage kommen. Interessant für mich waren hauptsächlich die englisch-, französisch- und spanischsprachigen Universitäten, da hier die Sprachbarrieren am geringsten sind. Überzeugt hat mich die Maynooth University vor allem mit ihrer großen Auswahl an angebotenen Vorlesungen. Anfang Januar schickte ich meine Bewerbung ab und erhielt Ende Februar die Nominierung für ein Auslandsemester in Maynooth.

Nach einer offiziellen Einschreibebestätigung im Juni habe ich das Learning Agreement mit beiden Universitäten abgestimmt. Zusätzlich beantragt habe ich mir eine Erasmus Student Karte (ESNCard). Damit erhält man einige Vergünstigungen, wie Rabatte und kostenloses zusätzliches Gepäck bei RyanAir Flügen. Nach Erhalt der Semesterzeiten in Irland (Mitte September – Ende Dezember) habe ich meinen Hinflug von Memmingen nach Dublin gebucht. Eine Unterkunft in Maynooth habe ich über die Website draft.ie gefunden. Zusammengelebt habe ich mit zwei Mädchen aus Frankreich, die ein ganzes Jahr an der Maynooth University studieren und einem Mädchen aus Stuttgart, das genau wie ich nur ein Semester in Irland ist. Mit allen drei habe ich mich sofort super verstanden und damit auch vor den offiziellen Kennenlernwoche für internationale Studierende der Uni bereits Anschluss gehabt.

Maynooth ist eine typisch irische Kleinstadt mit weniger als 20.000 Einwohnern und liegt etwa 25 km westlich von Dublin im Landesinneren. Gut angebunden mit dem Zug sowie Bus ist die Landeshauptstadt in unter einer Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Generell bietet die Insel Irland eine extrem große Auswahl an sehenswerten Städten, atemberaubenden Landschaften und vielerlei Kultur. Durch die geringen Distanzen auf der Insel im Vergleich zu Deutschland waren freizeittechnische Ausflüge und Touristenziele gut in ein- bis zweitägigen Trips zu erreichen.
 

Studium an der Maynooth University

Meine erste Woche an der Gasthochschule war eine Einführungswoche für internationale Studierende. Teilgenommen habe ich an ziemlich allen angebotenen Programmpunkten wie der Stadtführung in Dublin, Schnitzeljagd in Maynooth, Campus-Führung, Irish-Dance Classes, Welcome-Event und Informationsveranstaltungen. Dabei habe ich sehr viele Erasmus-Studenten kennengelernt und am Ende dieser Woche hatte ich eine Freundesgruppe aus acht Mädels von ganz Europa - drei davon meine Mitbewohnerinnen – mit denen ich die meiste Freizeit verbracht hatte.

Aus dem auswahlreichen Kursprogramm habe ich mir folgende sechs Vorlesungen ausgesucht, die ich mir alle über das Learning Agreement in Ulm für meinen Studiengang (Bachelor Mathematik, 5. Fachsemester) anrechnen lassen konnte: Complex Analysis 2, Group Theory 2, Financial Mathematics, Coding Theory, R for Statistics and Data Science, Irish Language 1. Alle Vorlesungen gaben 5 ECTS in Irland und waren zweistündig in der Woche (mit Ausnahme des Sprachkurses, der fand vier-stündlich jede Woche statt). Dabei fing eine Vorlesung immer 5 Minuten nach der vollen Stunde an und endete 5 Minuten vor der vollen Stunde, wodurch sich 10 min zum Kursraumwechsel ergaben. Über das Semester verteilt gab es in jedem Kurs 4-5 Übungsblätter, die alle zwei Wochen anstanden. Im Vergleich zum Studium in Ulm, bei dem jede Woche Übungsblätter anstehen, hatte ich dadurch eine geringere Arbeitslast, wodurch ich dann freizeittechnisch mehr unternehmen konnte.

Leben und Freizeitgestaltung

An der Maynooth University gibt es eine große Auswahl an Clubs und Societies, denen man für einen Einmalbeitrag von 3€ beitreten konnte. Ich selbst war im Soccer Club, wo zweimal wöchentlich ein Training stattfand, und in der ESN-Society. Zudem gibt es an der Maynooth University ein kostenloses Fitness-Studio, an dem ich öfters vor oder nach den Vorlesungen zusammen mit einer Mitbewohnerin trainiert habe. In der Sporthalle im Phoenix-Gebäude wurde dienstags und donnerstags auch ein kostenloses Zirkeltraining angeboten.

In der kleinen Studentenstadt Maynooth gibt es mehrere Pubs, wobei sich die Studenten vor allem im Roost oder Bradys aufgehalten haben. Jeden Dienstagabend war Pubquiz Abend und meistens gab es auch eine Party am Donnerstagabend. Auch sehr zu empfehlen ist das Frühstück/Brunch-Café Willow&Wild im Zentrum von Maynooth. An den Wochenenden haben wir meistens in unserer Erasmus-Freundesgruppe was gemeinsam unternommen und Ausflüge gemacht. In meiner gesamten Zeit in Maynooth gab es keinen einzigen Tag, den ich nur auf dem Zimmer verbracht habe. An einem Wochenende sind wir zu acht mit dem Zug für drei Tage nach Cork gefahren, an einem anderen habe ich mit meiner deutschen Mitbewohnerin einen Tagesausflug auf den Weihnachtsmarkt nach Waterford gemacht. Hinzu kommen Unternehmungen wie der Howth-Cliff Walk in Dublin, die Silent-Disco-Night in Dublin, der Dublin Zoo, ein Tagesausflug in das irische Gebiet Connemara oder unsere eigene private Geburtstagsfeiern sowie die Weihnachts-Abschiedsfeier an dem letzten Wochenende vor Weihnachten.

Der Anbieter YES-Trips organisiert zusammen mit dem Erasmus Student Network einige Wochenendausflüge für Erasmus-Studenten rund um Dublin. Teilgenommen habe ich direkt am zweiten Wochenende zusammen mit meiner deutschen Mitbewohnerin an einem zweitägigen Ausflug nach Galway, zu den Cliffs of Moher und auf die Inis Oirr Insel, auf der einige irische Filme gefilmt wurden. Auch wenn das Wetter mit heftigem Wind und Regen nicht irischer hätte sein können, war der Trip der perfekte Einstieg für mein Auslandsemester und hat direkt am Anfang Lust auf mehr Erkundungstouren in der irischen Landschaft gemacht.

Ende Oktober gab es eine vorlesungsfreie Woche, die zufälligerweise mit den bayerischen Herbstferien zusammengefallen ist und in der mich meine Familie für eine Woche besucht hat. Mit einem Mietauto haben wir dabei viele Ausflüge unternommen, nach Nordirland zum Giants Causeway sowie nach Glendalough, einem nahegelegenen Nationalpark. Zudem habe ich ihnen Maynooth und die Uni gezeigt, wie auch einen Touristentag in Dublin. Besonders gefallen hat meiner Familie dabei die Bar McMahon in Maynooth, die wir fast jeden Abend für ein Guinness/einen Cider besucht haben.

Sehr interessant war auch der Maynooth Christmas Day – ein traditioneller Tag am letzten Montag vor Weihnachten (vielleicht sogar ein bisschen vergleichbar mit dem Schwörmontag in Ulm). An diesem Tag hatte jeder, den man über den Weg gelaufen ist, einen Weihnachtspulli an. Schon mittags waren die Bars voll mit Studenten, die von irischen Bands mit Livemusik unterhalten wurden.

Fazit

Rückblickend waren die vier Monate in Irland die erfahrungsreichsten, schönsten, interessantesten und aufregendsten Monate meines Lebens. Ich bin extrem froh, mich für ein Auslandsemester entschieden zu haben und Irland hat sich als perfekte Wahl für mich herausgestellt. Neben den mathematisch vielfältigen und spannenden Kursen an der Uni hat mir Maynooth als studentische Kleinstadt sehr gut gefallen. Irland hat zudem landschaftlich sowie kulturell sehr viel zu bieten. Die Erfahrungen und Erinnerungen sind definitiv goldwert, sowie die Freundschaften mit anderen europäischen Studierenden. Alles in allem kann ich jedem Leser ein Auslandsemster in Maynooth wirklich nur ans Herz legen!