Ein Interview mit Magnus Heimpel
Magnus Heimpel studierte an der Universität Ulm zunächst von 2015 bis 2019 Computational Science and Engineering (B.Sc.) und anschließend bis 2021 Mathematik (M.Sc.). Seit 2022 ist er Doktorand an der ETH Zürich im Bereich Radarinterferometrie, wo er an Methoden zur Schätzung von Bodenbewegungen aus Satellitenaufnahmen arbeitet. In diesem Interview erzählt er seine Eindrücke über das Studium in Ulm.

Wie haben Sie Ulm kennengelernt, und was hat Sie überzeugt, hier zu studieren?
Zum einen hatte ich schon vor dem Studium ein paar schöne Eindrücke von der Stadt, zum Beispiel von einem Konzertbesuch. Zum anderen wurde an der Universität Ulm der sehr interdisziplinäre Studiengang Computational Science and Engineering angeboten. Da ich mich nach dem Abitur nicht nur für Mathematik, sondern auch für Informatik und Naturwissenschaften interessierte (und am liebsten alles davon studiert hätte), lag es natürlich nahe, mir das mal anzusehen.
Bei der sogenannten Modellierungswoche konnte ich schließlich sowohl tagsüber den Studiengang und die Universität als auch abends die Stadt besser kennenlernen. Die Dozenten waren sympatisch und haben spannende Themen präsentiert, und am wunderschönen Donauufer bei der Stiege Bar habe ich mich mit fremden Ulmern auf Anhieb super verstanden. Da dachte ich: Hier bin ich gut aufgehoben.
Was zeichnet die Lehre in Ulm aus? Was schätzen Sie besonders? Wie war Ihr Kontakt mit den Lehrpersonen, wie wurde der Stoff vermittelt?
Verglichen mit den Zürcher Universitäten, die ich derzeit als Doktorand besuche, aber auch mit den Erzählungen von Freunden an anderen deutschen und ausländischen Universitäten, zeichnet sich Ulm wohl besonders durch die Nähe zu den Dozenten aus. Auf dem Eselsberg kennt man sich eben. Ich hatte nie das Gefühl, als einer von tausenden Studenten in der Masse unterzugehen, sondern erinnere mich an eine sehr familiäre Atmosphäre, in der man sich schnell zu Hause fühlt.
In der Lehre zeigt sich diese Nähe zum Beispiel dadurch, dass Dozenten sich viel Zeit nehmen, wenn man als Student Fragen hat, und direkt in der Betreuung von Projekten und Abschlussarbeiten involviert sind. Man geht auf die Interessen der Studenten ein und fördert diese. Auch die Tutoren erklären nicht nur den Stoff, sondern sind Ansprechpartner für alle Themen rund ums Studium und werden hier und da auch zu Mentoren. Dieser Gemeinschaftssinn hat mich motiviert und mein Studium in Ulm zu einer wunderbaren Zeit gemacht.
Wie haben Sie Ihre Einbindung in Forschungsprojekte und den Aufbau von Praxiskontakten erlebt?
Der Praxisbezug ist im Studium an der Universität Ulm fest verankert. In meinem Studienplan gab es mehrere forschungsnahe Projekte und Industriepraktika. Beispielsweise durfte ich im fünften Semester mit anderen Studierenden aus meinem Jahrgang an einer Industriekooperation teilnehmen. In diesem Projekt haben wir Produktionsabläufe in einer lokalen Fabrik modelliert und Optimierungsstrategien simuliert.
Später habe ich ein klassisches Praktikum in einem Ulmer Softwareunternehmen absolviert, ein Forschungspraktikum an einer Hochschule in Japan sowie zuletzt eine Werkstudentenstelle im Bereich Luft- und Raumfahrt. Auf entsprechende Möglichkeiten wurde im Rahmen des Studiums regelmäßig hingewiesen, und ich habe in meinen Vorhaben stets Unterstützung erfahren. So konnte ich wertvolle Einblicke in verschiedene Branchen gewinnen und Kontakte knüpfen.
Was waren Momente, in denen Sie gedacht haben: „Wow, hier habe ich etwas gelernt, woran ich mich immer erinnern werde!”?
Es gab mehr solche Momente, als ich auflisten kann. Im Mathematikstudium werden die Highlights aus mehreren Jahrtausenden Wissenschaft aufbereitet wie auf einem Silbertablett, und dabei kommen natürlich viele spannende Dinge rüber, wenn man sich für das Fach begeistert. Nicht messbare Mengen, die Fourier-Transformation oder was die Zahl Pi mit der Lösung des Basler Problems zu tun hat.
Funktionentheorie war wohl das Aufregendste -- wenn diese zunächst komischen komplexen Zahlen anfangen, mehr Sinn zu machen als die reellen. Aber auch die Anwendungsfächer hatten einiges zu bieten, evolutionäre Algorithmen etwa finde ich bis heute genial. Es gab auch interessante Möglichkeiten, über den Tellerrand hinaus zu blicken. So hat beispielsweise ein wissenschaftsphilosophisches Seminar über Raumzeit und Gravitation nachhaltig verändert, wie ich über Physik und die Welt nachdenke.
Wie haben Sie sich hier sonst persönlich entwickelt?
Das Studium begann für mich -- wie wohl für die meisten, unabhängig vom Standort -- mit vielen Neuheiten, großen Herausforderungen sowie ungewohnter Freiheit und Selbstverantwortung. Zum Teil kostete es Schlaf, wenn man plötzlich Studium, Haushalt, Nebenjobs, Sozialleben und Hobbys unter einen Hut bringen musste. So lernte ich aber Zeitmanagement, Teamwork, Disziplin, Social Skills und vieles mehr. In Ulm konnte ich als Tutor wertvolle Lehrerfahrung sammeln, im Unisport Tanzkurse belegen und mit dem Uniorchester an den Pauken zum ersten Mal Sinfonien spielen.
Ich habe in kurzer Zeit viele neue Menschen kennengelernt, die oft (rein aufgrund der Studienwahl) ähnliche Interessen hatten, mir aber auch viel Neues zeigten, mich motivierten und verblüfften. Das Studium gemeinsam durchzustehen und diese Erfahrungen zu sammeln, schweißt natürlich zusammen. Ich hatte das Glück, in Ulm mehrere Freundschaften zu schließen, die ich heute zu meinen engsten zähle und von denen ich überzeugt bin, dass sie noch lange halten werden.