Krankenhäuser zwischen Patientenwohl und Wirtschaftlichkeit: Welche Rolle spielt Transparenz?

Deutsche Krankenhäuser stehen vor einem Dilemma: Sie sollen die medizinische Versorgung sicherstellen und gleichzeitig wirtschaftlich arbeiten. Doch viele Kliniken können ihre Kosten nicht decken, was den Druck auf Chefärztinnen und -ärzte erhöht. Neben medizinischen Erfolgen wird ihre Leistung zunehmend anhand von finanziellen Zielen wie Budgeteinhaltung, Belegungszahlen und Kostenreduktion gemessen – Anforderungen, die oft im Widerspruch zu ihrem ärztlichen Selbstverständnis stehen, das sich auf das Heilen von Patienten konzentriert. Die von den Krankenhausleitungen vielfach eingesetzten Systeme zur Leistungsmessung, sog. Performance Measurement-Systeme, werden daher häufig von Ärztinnen und Ärzten kritisch gesehen. 

Prof. Rouven Trapp vom Institut für Controlling hat zusammen mit Prof. Maik Lachmann (TU Berlin) und Prof. Felix Wenger (FH Dortmund) untersucht, ob Transparenz in Performance Measurement-Systemen helfen kann, diesen Spannungen zu begegnen. Transparenz bedeutet, dass Chefärztinnen und -ärzte umfassenden Einblick in wirtschaftliche und medizinische Kennzahlen ihrer Klinik haben, etwa Patientenzahlen oder Kostenstrukturen. Darüber hinaus ermöglicht sie den Vergleich mit anderen Abteilungen, was Lernmöglichkeiten bietet, aber auch Konkurrenz fördern kann. 

Die Studie, die vier deutsche Krankenhäuser in gemeinnütziger Trägerschaft untersucht, beleuchtet Transparenz aus der Sicht von Ärztinnen und Ärzten in Führungspositionen ebenso wie aus der Perspektive von Mitgliedern der Krankenhausleitung und -verwaltung. Die Ergebnisse zeigen: Transparenz kann helfen, medizinische und wirtschaftliche Ziele auf Klinikebene zu vereinen. Allerdings birgt sie auch Konfliktpotenzial, wenn unterschiedliche Wahrnehmungen zwischen Verwaltung und Ärzteschaft aufeinandertreffen oder die Krankenhausziele aus dem Blick geraten. 

Das Fazit der Forschenden: Transparenz kann nicht nur als Brücke zwischen der Ärzteschaft und der Verwaltung fungieren, sondern auch als potenzieller Auslöser neuer Konflikte. Die Studie regt somit zu einem differenzierten Umgang mit Transparenz in Performance Measurement-Systemen an: Nicht jedes Maß an Offenheit ist für alle Beteiligten gleichermaßen sinnvoll.

Literaturhinweis:

Maik Lachmann, Rouven Trapp & Felix Wenger: Transparency in performance measurement systems: an exploration of rationales and diverging perceptions in the hospital setting. In: Journal of Management Control, https://doi.org/10.1007/s00187-024-00384-3

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Rouven Trapp, Institut für Controlling, E-Mail: rouven.trapp(at)uni-ulm.de