Musikgenuss und Wissenschaft: 27. Merckle-Forschungspreise vergeben

Universität Ulm

Selbst die 27. Verleihung der Merckle-Forschungspreise durch die Universität Ulm am Montag war noch für eine Premiere gut. Eine neue Erfahrung insofern auch für ihren Präsidenten Professor Karl Joachim Ebeling: „Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass sich unser Publikum bei dieser Veranstaltung jemals eine musikalische Zugabe erklatscht hat“, freute sich Ebeling und attestierte den dafür verantwortlichen Künstlerinnen „den dritten Höhepunkt des Festakts, neben der Auszeichnung herausragender wissenschaftlicher Leistungen und dem Festvortrag“. Ausgelöst hatten die Beifallsstürme in den vollbesetzten Hörsaal-Reihen der Medizinischen Klinik Maria-Elisabeth Lott (Violine) und Nieneke Hamann am Klavier, angekündigt als „musikalische Umrahmung“, tatsächlich aber ein Konzerterlebnis. Kein überraschendes freilich, gilt Lott, Ulmer Medizinstudentin im 7. Semester, Gewinnerin zahlreicher Musikpreise und inzwischen weltweit gefragt, als eine der besten deutschen Nachwuchsgeigerinnen.

 

Mitglieder der Stifter-Familie Merckle mit den Wissenschaftlern, die am Montag mit den Merckle-Forschungspreisen ausgezeichnet worden sind. Von links: Dr. Bernd Baumann, Oliver Windholz (ratiopharm), Prof. Dirk Volkmer, Prof. Peter Dadam, Prof. Manfred Reichert, Dr. Stefanie Rinderle-Ma, Dr. Richard Schlenk, Ruth Merckle, Ludwig Merckle und Uni-Präsident Karl Joachim Ebeling

Gleichwohl: Im Mittelpunkt standen natürlich die Preisträger, drei Wissenschaftler und eine Forschergruppe der Universität Ulm, „ausgezeichnet für herausragende und über längere Zeit erbrachte Leistungen“, wie Ludwig Merckle als Sprecher der Stifter-Familie feststellte, verbunden mit dem Hinweis: „Investitionen in Forschung und Entwicklung sorgen auch für eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit des Landes.“ Belegt unter anderem durch die Arbeitsgruppe des Instituts für Datenbanken und Informationssysteme, speziell die von ihr entwickelte Technologie für adaptive Prozess-Management-Systeme, eine rechnerbasierte Unterstützung von Geschäftsprozessen also. „Derzeit die mit Abstand mächtigste Technologie dieser Art, die uns eine sehr hohe Sichtbarkeit in der Wissenschaft sichert“, sagte Professor Peter Dadam, gemeinsam mit Professor Manfred Reichert und Dr. Stefanie Rinderle-Ma Urheber der Technologie, die zwischenzeitlich durch eine Ausgründung auch kommerziell vertrieben wird. Dadam zufolge ein weiterer Aspekt der Entwicklung, ausgezeichnet mit einem der vier jeweils mit 5000 Euro dotierten Forschungspreise: „Wir sind das absolut führende Institut in diesem Bereich.“   

Potenzielle Anwendungen zeichnen sich ebenfalls ab für die unter Leitung von Professor Dirk Volkmer entwickelten biomimetischen Materialien. „Wir übertragen biologische Erkenntnisse auf technische Systeme“, erklärte der Preisträger, der mit einer Arbeitsgruppe im Institut für Anorganische Chemie II seit einigen Jahren biomimetische Strategien nutzt, um perlmuttartige Oberflächen herzustellen – Basis für unterschiedliche Anwendungen wie korrosionsbeständige Oberflächen etwa, kratzfeste Autolacke oder im medizinischen Bereich für neuartige Knochenersatzstoffe zum Beispiel. Aus gutem Grund gebe es bereits eine Reihe aktiver Industriekooperationen zu dem Thema, berichtete Volkmer.

Für einen entscheidenden wissenschaftlichen Beitrag zur Leukämie-Forschung ausgezeichnet worden ist Dr. Richard Schlenk (Klinik für Innere Medizin III). Eine von ihm federführend verantwortete Studie zeigte, dass bestimmte Genveränderungen oder die Kombination verschiedener Genveränderungen vorhersagen, wie gut Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) auf eine Chemotherapie ansprechen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls ist und wie gut die Heilungschancen sind. Schlenk: „Von enormer Bedeutung für die klinische Entscheidungsfindung ist der Vergleich verschiedener Therapieformen, der in dieser Arbeit vorgenommen wurde.“

Dr. Bernd Baumann (Institut für Physiologische Chemie) schließlich entwickelte konditionale Mausmodelle zur Erforschung bestimmter Genfunktionen beim Schlaganfall und bei der Pankreatitis. Mausmodell nämlich, bei denen eine Klasse von Proteinen, nachgewiesen in nahezu allen Körperzellen des Menschen, nur in ganz bestimmten Zellen genetisch moduliert werden kann und diese Modulation auch von außen steuerbar ist.

„Die Forschungspreise geben Impulse, sind Anreiz und Ansporn gerade auch für junge Wissenschaftler“, hatte Uni-Präsident Professor Ebeling eingangs erklärt. Hierin sehe er „den ganz besonderen Wert dieser begehrten Auszeichnungen“. Nicht ohne Grund könnten inzwischen die meisten der früheren Preisträger auf erfolgreiche wissenschaftliche Karrieren zurückblicken. Und viele der jüngeren Preisträger hätten sich danach erfolgreich auf Professorenstellen beworben. „Die Merckle-Forschungspreise haben also nachhaltig Spuren hinterlassen“, sagte Ebeling, „ein deutlicher Beweis für ihren hohen Stellenwert“.

Hoch aktuell abschließend das Thema des Festvortrags: „Lösen Materialien unsere Energieprobleme?“ Mit dieser Fragestellung beschäftigte sich Professor Louis Schlapbach, Experimentalphysiker an der ETH Zürich und Direktor des EMPA-Instituts für Materialforschung und Technologie Zürich.

Quelle: Universität Ulm