Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt UNICARagilgeht in die nächste Phase. In dem deutschlandweit einzigartigen Leuchtturmprojekt unter Federführung der RWTH Aachen arbeiten acht Universitäten gemeinsam mit acht Industriepartnern an disruptiven modularen Architekturen für agile automatisierte Fahrzeugkonzepte. Nach Ablauf der ersten Hälfte der Projektlaufzeit wurden die ersten Prototypen und Forschungsergebnisse anstelle eines realen Halbzeitevents in diesem Jahr digital präsentiert.
UNICARagil liefert einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der Mobilität von morgen. Im Projekt werden vollautomatisierte und fahrerlose Fahrzeuge erforscht und prototypisch dargestellt. Im Zentrum der Forschungsarbeiten stehen neuartige Architekturen, um vollständig fahrerlose Fahrzeuge realisieren und deren Fahrfunktionen stetig aktualisieren zu können. Die Ergebnisse aus zwei Jahren Projektlaufzeit zeigen bereits jetzt die Möglichkeiten, die zukünftig durch den entwickelten modularen Architekturbaukasten entstehen werden.
Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, sieht großes Potenzial in UNICARagil: „In UNICARagil können führende deutsche Universitäten im autonomen Fahren ohne Rücksicht auf bestehende Produktlinien völlig neue Konzepte angehen. Im Fokus des mit 26 Mio. Euro vom BMBF geförderten Projekts stehen die Erforschung und der prototypische Aufbau von vier fahrerlosen Fahrzeugen, die für Taxi-Dienste, innerstädtische Kleinbusse, Cargo-Fahrzeuge und für die Individualnutzung angepasst sind. UNICARagil zeigt uns die Zukunftsperspektiven des autonomen Fahrens.“
Virtuelles Halbzeitevent präsentiert nun zentrale Forschungsergebnisse und erste Prototypen
Das ursprünglich für den 24. März geplante Halbzeitevent in München wurde aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. Dennoch wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Zwischenergebnisse und die ersten prototypischen Aufbauten der Öffentlichkeit präsentieren und zur Diskussion stellen. Das digitale UNICARagil-Halbzeitevent stellt daher nun die Projektinhalte sowie erste Ergebnisse und Konzepte online vor. Alle Präsentationen, Interviews und Poster wurden zusammen mit ergänzenden Videos und Podcasts auf der Projektwebsite veröffentlicht. Neben den vier Fahrzeugkonzepten autoSHUTTLE, autoTAXI, autoCARGO und autoELF finden sich dort beispielsweise auch technische Details zu den automatisierten Fahrfunktionen – von der Perzeption durch die Sensormodule über die Verhaltensplanung der Fahrzeuge, die unterstützt wird durch Cloud-Dienste und die Info-Biene, bis hin zur Umsetzung durch das eigens entwickelte Stammhirn-Steuergerät und die Dynamikmodule. Das Projektkonsortium stellt so die bisherigen Forschungsergebnisse, die Fahrzeugarchitekturen, die dahinterliegenden Sicherheits- und Absicherungskonzepte sowie die automatisierten Fahrfunktionen der Öffentlichkeit vor.
Schwerpunkt der Universität Ulm: Automatisierung im städtischen Umfeld
Das Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik (MRM) der Universität Ulm realisiert im Projekt UNICARagil in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eines der Kernelemente des Gesamtfahrzeugkonzepts: die vollständige Automatisierung für alle Fahrzeugtypen und Fahrfunktionen. Ziel ist ein fahrerloser Betrieb im anspruchsvollen städtischen Umfeld. Diesen oft unübersichtlichen Verkehrsraum teilen sich Fahrzeuge, Fußgänger und etwa Radfahrer. Die inhaltlichen Schwerpunkte an der Universität Ulm liegen in der Konzeption und Umsetzung der Umgebungserfassung der automatisierten Fahrzeuge und in den Verfahren zum „Verstehen“ der aktuellen Verkehrssituation. „Die Innovation liegt hierbei im modularen Systemkonzept mit kontinuierlicher Selbstüberwachung aller Komponenten. Das Konzept ist redundant: Somit werden Ausfälle von Einzelkomponenten im Betrieb nicht nur erkannt, sondern auch bei voller weiterer Funktionsfähigkeit ausgeglichen“ sagt Prof. Klaus Dietmayer, Leiter des Instituts für Mess-, Regel- und Mikrotechnik.
Beim digitalen Halbzeitevent präsentieren die Ulmer Forscher in diesem Kontext unter anderem neuartige, redundant aufgebaute generische Sensormodule, die auf Lidar-, Radar- und Kamerasensoren basieren. „Alle UNICARagil-Fahrzeuge werden über vier unabhängige Sensormodule verfügen, die jeweils an den Ecken des Fahrzeugs verbaut werden. Jedes der Module deckt mit allen drei Sensorprinzipien jeweils einen Sichtbereich von ca. 270° ab, so dass ein Ausfall eines Moduls im Betrieb toleriert werden kann“, sagt Dr. Michael Buchholz, der am MRM die Arbeiten zur Sensorik leitet und zudem Koordinator für das automatisierte Fahren im Gesamtprojekt ist. Im Projekt UNICARagil bringen die MRM-Forschenden ihre Expertise insbesondere in das Fahrzeugkonzept autoCARGO ein. Dabei handelt es sich um ein autonomes Fahrzeug zur Lieferung und Verteilung von Waren im Stadtgebiet.
Über das Projekt:
Über 100 Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie 14 Professoren forschen seit dem Projektstart im Februar 2018 an innovativen Konzepten für fahrerlose Fahrzeuge und deren Umsetzung. Die Mitglieder des Konsortiums sind RWTH Aachen, TU Braunschweig, TU Darmstadt, Karlsruher Institut für Technologie, TU München, Universität Stuttgart, Universität Ulm und Universität Passau sowie die folgenden Industriepartner ATLATEC GmbH, flyXdrive GmbH, iMAR Navigation GmbH, IPG Automotive GmbH, Schaeffler Technologies AG & Co. KG, VIRES Simulationstechnologie GmbH, Maxion Wheels Germany Holding GmbH sowie Valeo Schalter und Sensoren GmbH. Die Zusammenführung der Kompetenzen der verschiedenen Projektpartner auf ihren jeweiligen Fachgebieten hat maßgeblich dazu beigetragen, die komplexen Fragestellungen des fahrerlosen Fahrens aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und neue interdisziplinäre Lösungsansätze zu identifizieren und umzusetzen. So wurde in der ersten Projektphase eine geschichtete Architektur erarbeitet, die eine funktionale, informationstechnische, mechatronische und geometrische Sicht sowie die Vernetzung dieser Ebenen umfasst. Erste Kernelemente der erarbeiteten Konzepte wurden bereits prototypisch umgesetzt und zur weiteren Forschung eingesetzt.
Medienkontakt Uni Ulm: Annika Bingmann