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"Zwischen Arztroman, Medical Manga und Dr. House"
Tagung über Medizin und Popkultur in Ulm

Universität Ulm

Polizisten mit Posttraumischen Belastungsstörungen in Computerspielen, Lungenschnitte bei vollbusigen Patientinnen in Medical Mangas, sauber recherchierte OP-Geschichten aus dem Arztroman. All dies sind Beispiele dafür, wie die Welt des Medizinischen in der heutigen Populärkultur ihren Niederschlag findet.

Die Tagung Opens external link in new window"Medical Images and Medical Narratives in Late Modern Popular Culture", die am 11. und 12. September in Ulm stattfindet, widmet sich der Beziehung zwischen Medizin und Popkultur. "Wie werden medizinische Themen in Comics, Büchern, Filmen oder Computerspielen visualisiert? Wie kommen sie in populärwissenschaftlichen Formaten zum Ausdruck?", stellt der Kulturwissenschaftler Arno Görgen einige Forschungsfragen vor. Der Doktorand gehört gemeinsam mit Professor Heiner Fangerau, dem Leiter des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universität Ulm, zu den Organisatoren der Tagung. Ausgerichtet wird die "2nd International Conference on Medical Imaging and Philosophy" in diesem Jahr in der Ulmer Villa Eberhardt.

 "Wir freuen uns sehr, dass wir viele besondere Referenten für unsere Tagung gewinnen konnten", so Görgen. Dazu gehört der New Yorker Wissenschaftshistoriker Bert Hansen. Er ist ein Pionier dieser recht neuen Forschungsrichtung und hat als einer der ersten die Bildsprache der Medizin in Comics untersucht. Der Brite Ian Williams aus Manchester - selbst Arzt und Comic-Zeichner- ist mit dabei als einer der künstlerischen Wegbereiter der Graphic Medicine. Der Autor von "The Bad Doctor", einer 2014 erschienenen Graphic Novel, befasst sich in seinem Vortrag mit der Ikonografie von Krankheiten. Wie diese in Filmen oder Computerspielen visuell zum Ausdruck kommen, damit beschäftigt sich sogar ein eigenes "Panel" zum medialen Niederschlag von Krankheitsbildern. Dabei geht es beispielsweise um Computerspiele wie "Max Payne", wo ein Ex-Polizist als gebrochener Anti-Held auch mit Drogen- und Alkoholproblemen zu kämpfen hat.

Bei der "Transliminary Medicine" geht es um Grenzüberschreitung

 Ein weiterer Schwerpunkt der von der Fritz-Thyssen-Stiftung finanzierten Tagung ist die sogenannte "Transliminary Medicine". In der Medizinsoziologie versteht man darunter das Überschreiten von Grenzen - körperlicher, kultureller oder nicht zuletzt ethischer Art. Dabei geht es beispielsweise um die Steigerung körperlicher oder psychischer Fähigkeiten auf ein übermenschliches Maß ("Transhumanisation"), und zwar meist durch den Einsatz (bio)technologischer Hilfsmittel. Ob in Science Fiction, im Action-Kino oder im Computerspiel: oft ist es die "Medizin", die den Helden oder Bösewichtern übermenschliche Kräfte verleiht. Am Beispiel von Euthanasie-Darstellungen im Film wird hingegen die Verschiebung ethischer Grenzen aufgezeigt.

Ein nicht minder wichtiges Themenfeld auf der Tagung ist die Trennung von "Fact and Fiction". Was ist wahr und was erfunden? Wo braucht es - wie beim Medical Reality-TV - saubere Recherchen und wann geht es im Umgang mit Fakten eher kreativ zu? Vorgestellt wird hierzu beispielsweise eine Studie über literarische Darstellungen zur Intersexualität.

Wenn es Comic-Zeichner, Literaten und Filmemacher zu bunt treiben mit der Wahrheit, löst dies in der Medizin und Fachwelt nicht selten Unmut aus. Auch dieses Problem wird bei der Konferenz zur Sprache kommen. Was den Akademien zu schaffen macht, treibt in der Kunst allerdings viele interessante Blüten. Bei seiner Suche auf dem zeitgenössischen Kunstmarkt stieß der Kunstwissenschaftler German Alfonso Nunez (London) u.a. auf "Frankenstein, Schimären und Superhelden", wie sein Vortragstitel verrät. Nicht zuletzt geht es bei der Ulmer Konferenz um grundsätzliche Probleme bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit solchen interdisziplinären Fragestellungen. Die Tagung ist öffentlich, die Teilnehmerzahl allerdings begrenzt. Um Anmeldung wird gebeten (Email: arno.goergen(at)uni-ulm.de). Weitere Informationen gibt es im Initiates file downloadProgrammflyer

Screenshot: Arno Görgen

Verantwortlich: Andrea Weber-Tuckermann