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Wunderwerkzeug für die Wissenschaft
Supermikroskop SALVE mit Festveranstaltung eingeweiht

Universität Ulm

 Wissenschaft hat im Idealfall zwei Aufgaben: Wahrheit ans Licht zu bringen und Probleme zu lösen. Mit dem SALVE-Mikroskop gelingt möglicherweise beides. Gestern wurde das Supermikroskop mit einer großen Feier an der Universität Ulm offiziell eingeweiht. Dieses Wunderwerkzeug liefert faszinierende Einblicke in die Welt der Atome und es ist das erste und bislang einzige seiner Art.

 "Dass aus diesem langjährigen Projekt am Ende eine Erfolgsgeschichte wurde, ist nicht zuletzt der Unbeirrbarkeit, Hartnäckigkeit und Ausdauer der beteiligten Wissenschaftler zu verdanken", betonte Universitätspräsident Professor Michael Weber vor den rund 150 Gästen im Hörsaal "Innere Medizin". Allen voran nennt er die Ulmer Physikprofessorin Ute Kaiser. Die Chefin der Materialwissenschaftlichen Elektronenmikroskopie leitet seit 2009 das SALVE-Projekt der Universität Ulm. Zusammen mit der Heidelberger Firma CEOS und dem Mikroskophersteller FEI, der jetzt zu Thermo Fisher gehört, haben es die Ulmer Wissenschaftler um Ute Kaiser nach vielen Jahren intensivster Forschungsarbeit geschafft, das weltweit erste und bislang einzige Niederspannungs-Transmissionselektronenmikroskop zu entwickeln, das zweifach bildfehlerkorrigiert ist. Seit September steht das SALVE-Mikroskop an der Universität Ulm (Kurzfilm zum Aufbau) und wurde nun mit Vertretern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) eingeweiht. Weitere Grußworte und Kurzvorträge hielten die Präsidenten der einschlägigen Mikroskopiegesellschaften sowie renommierte Physiker und Mikroskopie-Experten wie der Nobelpreisträger Professor Klaus von Klitzing und der Materialwissenschaftler Professor Klaus Müllen. 

Materialschonende Aufnahmen mit maximaler Auflösung

 Das wissenschaftliche Ausgangsproblem des SALVE-Projekts: Wer strahlempfindliche Materialien elektronenmikroskopisch untersuchen wollte, musste sich entscheiden zwischen niedriger Auflösung oder massiven Materialschäden. "Den Wissenschaftlern ging es damals wie dem Esel, der zwischen zwei Heuhaufen verhungert, weil er sich nicht entscheiden kann", erläutert Professor Josef Zweck, Präsident der Europäischen Gesellschaft für Mikroskopie. Im Rahmen des SALVE-Projektes - die Abkürzung steht für "Sub-Ångström Low Voltage Electron microscopy" - konnte nun eine technische Lösung gefunden werden, die materialschonende Aufnahmen in höchster Auflösung erlaubt. "Hierfür wurde ein Niederspannungs-TEM mit einer Art doppelten Brille ausgestattet, die physikalisch bedingte Bildfehler beseitigt, wie sie bei niederer Spannung auftreten", erklärte Ute Kaiser. Ohne das bahnbrechende theoretische Konzept von Professor Harald Rose - Seniorprofessor an der Universität Ulm - zur elektronenoptischen Fehlerkorrektur sowie die jahrelange Entwicklungsarbeit von Professor Maximilian Haider und seiner Firma CEOS wäre dies nicht möglich gewesen, betonte die Wissenschaftlerin.

Mit diesem Erfolg knüpfen deutsche Wissenschaftler an ein große Tradition an

Dank SALVE können heute elektronenstrahlempfindliche Materialien wie Biomoleküle oder zweidimensionale Materialien wie Graphen in bisher nie bekannter Auflösung untersucht werden - gerade für die Lebenswissenschaften und die Materialforschung ist das Supermikroskop sozusagen eine "nanoskopische Offenbarung". Die Deutsche Wissenschaft knüpfe mit diesem Erfolg - wie es ein Festredner formulierte - an eine große Tradition an, verbunden mit Namen wie Ernst Abbe und Carl Zeiß. Profitieren könne davon die ganze Welt. So sollten Wissenschaftler aus dem Ausland das SALVE-Schild am Mikroskopiegebäude im lateinischen Sinn ganz wörtlich nehmen: Sei gegrüßt!

Hintergrund:

Das SALVE-Mikroskop ist ein Transmissionselektronenmikroskop, das mit materialschonender Niederspannung arbeitet. Deshalb können auch elektronenstrahlempfindliche Materialien wie Biomoleküle und ultradünne Materialien auf ihre atomare Struktur hin untersucht werden. Um höchstauflösende Aufnahmen zu erhalten, wurde für das Gerät ein spezielles elektronenoptisches Korrektorsystem (Cc/Cs-Korrektor) entwickelt, das auftretende Farb- und Öffnungsfehler gleichzeitig bereinigen kann. Für die Materialwissenschaften und insbesondere für die Lebenswissenschaften ergeben sich bei einer subatomaren Auflösung von 75 Pikometern ungeahnte Einblicke in die Welt der kleinsten Teilchen. Entwickelt wurde das Mikroskop im Rahmen des seit 2009 laufenden SALVE-Projektes der Universität Ulm, an dem neben der Heidelberger Firma CEOS auch das Mikroskophersteller-Unternehmen FEI - jetzt Thermo Fisher - beteiligt war. Geleitet wurde das Projekt von der Ulmer Physikerin Professorin Ute Kaiser, die an der Universität Ulm die Materialwissenschaftliche Elektronenmikroskopie leitet. Die Deutschen Forschungsgemeinschaft und das Land Baden-Württemberg haben das SALVE-Projekt mit 10,6 Millionen Euro gefördert. Die Abkürzung steht übrigens für "Sub-Ångström Low Voltage Electron microscopy". Im September 2017 zog das Super-Mikroskop in ein eigens dafür errichtetes Spezialgebäude auf dem Oberen Eselsberg.

Weitere Informationen zu SALVE finden Sie in der Pressemitteilung zum erfolgreichen Projektabschluss (4/2016) Pressemitteilung zum Umzug des Super-Mikroskops an die Uni Ulm (9/2017) sowie in der Novemberausgabe des Universitätsmagazins uni ulm intern.

Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann

Fotos: Elvira Eberhardt

 

Bildinformation zum Gruppenbild:

Vordere Reihe v.l.: Prof. Klaus-Michael Debatin (Uni Ulm), Prof. Michael Weber (Uni Ulm), Dieter Kaufmann (Uni Ulm), Prof. Ute Kaiser (Uni Ulm), Prof. Hans-Peter Karnthaler (Uni Wien), Dr. Burkhard Jahnen (DFG), Prof. Klaus Müllen (MPI Mainz), Prof. Karl Joachim Ebeling (Uni Ulm);

2. Reihe v.l.: Veronica Kuntze (MWK), Ulrich Steinbach (MWK), Prof. Josef Zweck (EMS), Prof. Maximilian Haider (CEOS), Prof. Klaus von Klitzing (MPI Stuttgart), Prof. Joachim Mayer (RWTH Aachen), Prof. Harald Rose (Uni Ulm),

Hintere Reihe v.l.: Dr. Bert Freitag (Thermo Fisher), Prof. Michael Lehmann (DGE), Dr. Peter Schlossmacher (Thermo Fisher)

 

 

 

 

Gruppenbild mit Damen: Prof. Ute Kaiser (vorne Mitte) mit Festrednern und -gästen der Einweihungsfeier (Foto: Elvira Eberhardt)
Gefeiert wurde die Einweihung im Hörsaal "Innere Medizin" (Foto: Elvira Eberhardt)
Prof. Ute Kaiser mit Nobelpreisträger Klaus von Klitzing (links) und dem Nanowissenschaftler Prof. Klaus Müllen (Foto: Elvira Eberhardt)
Seit September steht das Supermikroskop in einem Spezialbau auf dem Oberen Eselsberg (Foto: Elvira Eberhardt)
Ausschnitt einer Innenansicht des rund fünf Meter hohen und tonnenschweren SALVE-Mikroskops (Foto: Heiko Grandel / Uni Ulm)