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„Wir haben noch immer viel vor!“
Das ZAWiW feiert die 50. Jahreszeitenakademie

Universität Ulm

Mit 505 angemeldeten Teilnehmern, zahlreichen Ehrengästen und viel politischer Prominenz eröffnete das Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW) an der Universität Ulm die 50. Jahreszeitenakademie. Zu den Gratulanten gehörte natürlich Universitätspräsident Professor Michael Weber, der die Arbeit des Zentrums seit vielen Jahren aktiv unterstützt. „Als Brückenkopf zwischen Universität und Stadt leistet das Zentrum mit seinen Akademiewochen wertvolle Dienste, und das im Geiste eines kollegialen und kooperativen Miteinanders“, so Weber. Für die Stadt Ulm überbrachte Oberbürgermeister Gunter Czisch seine besten Wünsche. So griffen die Akademiewochen regelmäßig Fragen auf, die auch politisch bedeutsam seien – wie nach der Zukunftsfähigkeit der Stadt oder nach der Verfasstheit der Gesellschaft.

Einen Rückblick über die bewegte Geschichte des ZAWiW und seiner Jahreszeitenakademien gab schließlich Carmen Stadelhofer, Gründerin und langjährige Geschäftsführerin der Weiterbildungseinrichtung. Bei der Erfolgsgeschichte, die diese Veranstaltungsreihe zu einer wegweisenden Institution der Seniorenbildung werden ließ, sind die widrigen Entstehungsbedingungen rückwirkend betrachtet schwer vorstellbar. So kam der stärkste Gegenwind damals aus dem eigenen Haus. „Die Senioren sollen von mir aus nach Madagaskar oder an die Volkshochschule kommen, aber nicht an die Uni“, zitiert Stadelhofer die ablehnenden Worte aus der damaligen Uni-Leitung. Doch hätten „waschkörbeweise Briefe“ letztendlich dafür gesorgt, ausreichend Unterstützer zu finden, um 1992 die erste Akademiewoche auszurichten. Der emanzipatorische Auftrag damals war ein doppelter: anspruchsvolle Angebote zu schaffen für die bildungsbenachteiligte Kriegsgeneration sowie speziell auch für Frauen. Die Teilnehmerzahlen stiegen von zwei- bis drei-hundert in den Anfangsjahren bis hin zum Rekordwert von tausend im Jahr 2005. Mittlerweile besuchen pro Veranstaltung zwischen fünf- und achthundert Seniorinnen und Senioren die Weiterbildungswoche an der Uni.

"Kommen Sie raus aus der Komfortzone!"

Im Anschluss rief der Schweizer Gerontologe, Dr. Urs Kalbermatten, dazu auf, das eigene Alter als Lebensprojekt zu begreifen. Noch nie hätten die Menschen so viel Zeit und Möglichkeiten in diesem Lebensabschnitt gehabt wie heute. „Kommen Sie raus aus der Komfortzone“, forderte Kalbermatten die Seniorinnen und Senioren auf. Der Ruhestand sei keine Vorbereitung auf die ewige Ruhe und müsse mehr sein als Wellnessprogramm mit gesunder Ernährung. Die „Alten“ hätten noch einmal die Chance zu zeigen „Das bin ich!“, und zwar so, dass auch die Gesellschaft etwas davon hat. Sein Rezept für ein erfülltes Altern: Verantwortung übernehmen, sich auf Unsicherheiten einlassen und dabei Neues wagen. „Dabei muss jeder seinen eigenen Weg finden“, erklärte der Schweizer, der nach seinem Ruhestand zwar noch weiter als „Gelegenheits-Gerontologe“ forscht und lehrt, aber auch ganz neue Seiten an sich entdeckt hat. Neben der Liebe zur Natur und der Kinderbetreuung auch mal faulenzen zu dürfen, und zwar ganz ohne schlechtes Gewissen.

Das Interesse der Wirtschaft an älteren Arbeitnehmern steigt

Den Älteren unter den Arbeitnehmern widmete sich Dr. Jörg Hinner vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg. Der Jurist und promovierte Gerontologe stellte eine Interventionsstudie vor, die das Institut bei Bosch und der Deutschen Bahn durchgeführt hatte. Hierfür wurden ältere Arbeitnehmer – ab 45 Jahren – im Hinblick auf ihre körperliche und geistige „Fitness“ untersucht und über die Dauer von 16 Wochen in speziell entwickelten Kursen regelmäßig „trainiert“. Dabei habe sich nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert, sondern auch die Merkfähigkeit und Konzentration der Teilnehmer. Ein weiteres entscheidendes Ergebnis der Studie sei die Veränderung des Altersbildes gewesen. „Anfangs sind die Teilnehmer äußerst skeptisch gewesen“, so Hinner. Doch mit der Zeit sei das Selbstvertrauen der Älteren gestiegen und auch die Altersdiskriminierung im Unternehmen habe abgenommen. „Das Interesse der deutschen Wirtschaft an den älteren Arbeitnehmern ist deutlich gewachsen. Doch es braucht langfristige Strategien, um die Leistungsfähigkeit und Motivation der Arbeitskräfte dauerhaft zu erhalten“, versichert der Heidelberger Gerontologe, der kurzfristig für seinen verhinderten Institutskollegen Professor Andreas Kruse eingesprungen war.

Zum Festakt am Abend im Haus der Begegnung wollte Kruse übrigens zurück aus Berlin sein. Der studierte Psychologe gehört nicht nur zu den bundesweit führenden Gerontologen, sondern hat auch eine ausgesprochen musische Begabung. Wie kreativ der Mensch im hohen Alter sein kann, wird der Heidelberger Wissenschaftler nicht nur theoretisch, sondern auch musikalisch beweisen.

Posterausstellung „50 Akademiewochen“

In Großformat und Hochglanz präsentierten im Foyer der Uni Ost 50 Posterpatinnen und -paten Informatives, Kreatives und Hintergründiges rund um die 25-jährige Geschichte der Frühjahrs- und Herbstakademien. Zu den Ideengebern und Textlieferanten gehörten nicht nur langjährige Wegbereiter und Förderer der Veranstaltungsreihe, sondern auch zahlreiche Referentinnen und Referenten und nicht zuletzt viele Akademieteilnehmerinnen und -teilnehmer, die über viele Jahre hinweg dem ZAWiW die Treue gehalten haben. „Mit ihrem Engagement haben die Posterpaten öffentlich gezeigt, wie sehr sie dem ZAWiW und den Akademiewochen verbunden sind. Ein tolles Geburtstagsgeschenk für uns!“, findet Geschäftsführer Markus Marquard. Aufgelockert ist das Ganze übrigens mit viel Bildmaterial, und in den jungen Gesichtern manch alter Fotos erkennt man auch den ein oder anderen langjährigen Teilnehmer oder altgedienten ZAWiW-Mitarbeiter.

Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann