Seit zehn Jahren hält Fiebig Vorlesungen an der Universität Ulm, in Englisch und alle zwei Wochen im vierstündigen Block stets im Sommersemester. Ursprünglich zum Thema Satellitenkommunikation, jetzt erweitert um die Satellitennavigation. „Die Resonanz ist sehr positiv“, freut sich der Wissenschaftler, „das Thema spricht viele Studenten an“. Vor einigen Monaten hat ihn die Uni zum Honorarprofessor bestellt.
„Er vermittelt Informationen, Erkenntnisse und Erfahrungen aus erster Hand, wie es andernfalls kaum möglich wäre“, sagt Professor Michael Weber, früher Dekan der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik, die Fiebigs Ernennung initiiert hatte. Insofern komme die Begeisterung der Hörerschaft für das Themenspektrum des Teilzeit-Hochschullehrers nicht von ungefähr. „Zu 70 bis 80 Prozent enthält meine Vorlesung Grundlagenwissen“, beschreibt der langjährige Lehrbeauftragte sein primär an den Masterstudiengang Communications Technology adressiertes, jedoch für alle Interessierten offenes Angebot, „aber natürlich baue ich immer wieder Dinge aus dem Tagesgeschehen ein“.
Und spätestens dann wird es spannend, überirdisch gewissermaßen. Denn die berufliche Welt des international anerkannten Forschers endet gemeinhin erst 20 000 Kilometer über dem Erdboden, mitunter auch etwas mehr.
Professor Uwe-Carsten Fiebigs Mission führt zur Vernetzung des Himmels samt der Erde und vielem, was sich auf oder ihr bewegt: Flugzeuge, Fahrzeuge, Schiffe, nicht zuletzt Menschen. Die aeronautische Kommunikation für die Luftfahrt etwa, die Entwicklung eines neuen Flugfunkverfahrens zur Ablösung der bisherigen fast 70 Jahre alten analogen Technologie, sicherer, effizienterer und unabhängig von Wettersituationen vor allem. „Und nahezu fertig“, wie Fiebig nicht ohne Stolz berichtet. Demnächst jedenfalls soll es in Labors der Deutschen Flugsicherung getestet werden, auch das Zusammenspiel von altem System und neuem Verfahren.
Eine „zweite Säule“ seiner rund 40-köpfigen Abteilung ist die Positionierung – mittels Satellitennavigation und ergänzt durch weitere Systeme. Spannend dürfte die Inbetriebnahme von Galileo werden, der europäischen Antwort auf GPS, als Ergänzung und Alternative, noch genauer, störungsfreier und in der Basisversion kostenfrei. 2014 soll „Galileo“ einsatzbereit sein. Mitnichten freilich sind GPS und Galileo weder allein auf der Welt noch im All. Vielmehr im Wettlauf mit Russland und China, die ebenfalls eigene Systeme entwickeln. „In gewisser Weise ist das schon ein Wettbewerb“, so Fiebig, „vor allem der kommerziellen Nutzung mit enormen Möglichkeiten wegen“.
Doch was tun an Orten, wo GPS- oder Galileo-Signale zum Teil mehrfach reflektiert werden oder ganz abgeschattet sind? In Gebäuden zum Beispiel oder in den Straßenschluchten moderner Großstädte. Auch da sinnen die Forscher des Instituts auf Abhilfe. Zum einen durch ein Navigationsverfahren mittels Mobilfunk- und WLAN-Signalen, zum anderen mit einer neuen Technologie für den so genannten Mehrwege-Empfang, Fiebig zufolge heute noch die größte Fehlerquelle in der Satellitennavigation. „Alle anderen Fehlerursachen haben wir im Griff“, erklärt der erfahrene Wissenschaftler. Nicht aber Ungenauigkeiten aus der Verarbeitung reflektierter respektive abgeschatteter Signale. Die Lösungswege beinhalten viele Simulationen, die Entwicklung neuer Algorithmen und Laufzeitmessungen. „In der Größenordnung von Nanosekunden“, macht Professor Fiebig deutlich, Werte der neunten Stelle hinter dem Komma also. „Viel Mathematik jedenfalls und sogar Albert Einsteins Relativitätstheorie spielt bei der Satellitennavigation eine Rolle.“
Schon deswegen, lässt der leidenschaftliche Forscher durchblicken, „ist das Thema für uns immer noch sehr faszinierend“. Und ohne Abstriche nachvollziehbar seine Aussage: „Ich habe mir die Begeisterung für meine Arbeit bewahrt.“ Die er denn auch weitergeben will, an seine wissenschaftlichen Mitarbeiter wie an seine Hörerschaft in Ulm. „Deren Qualität ist hervorragend“, schwärmt Fiebig, „die Ausbildung in Ulm ist auf höchstem Niveau“. Belegt wohl auch durch Zahlen: Ein Drittel seiner derzeit 22 Doktoranden sind Absolventen der Uni Ulm, einige davon auch weiter betreut durch örtliche Kollegen. Den Professoren Jürgen Lindner und Wolfgang Minker zum Beispiel, zusammen mit Martin Bossert die persönliche Komponente seiner langjährigen Verbundenheit mit der Ulmer Fakultät. Auch das ein Grund, warum er immer wieder gerne nach Ulm kommt.
Verantwortlich: Willi Baur