Verträge aufsetzen, abschließen oder sich scheiden lassen und das alles vollautomatisch am PC – Sieht so die Zukunft des juristischen Alltags aus? Am Donnerstag, den 10. November, diskutieren Experten der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Informatik im Wissenschaftszentrum Schloss Reisensburg der Universität Ulm darüber, welche Chancen und Herausforderungen diese Digitalisierung des Rechts für den europäischen Rechtsraum bietet.
„Seit einiger Zeit ermöglichen es Data Science, neuronale Netzwerke und maschinelles Lernen, neue Ansätze für computergestützte Methoden zu entwickeln. Diese können den Prozess der Rechtsanwendung wesentlich unterstützen. Ein Beispiel sind ‚Smart Contracts‘, bei denen Verträge mit technischer Hilfe abgeschlossen werden können“, erläutert Professor Frank Kargl, Direktor des Instituts für Verteilte Systeme an der Uni Ulm und Mitveranstalter der Tagung.
Bislang fristen derartige Technologien in Europa allerdings ein Schattendasein. Bei dem internationalen Symposium soll es deshalb auch um den Austausch über Voraussetzungen und Hindernisse gehen. Denn im anglo-amerikanischen Rechtsraum werden bereits diverse Technologien wie vollautomatisierte Streitschlichtungs- und Vollstreckungsverfahren eingesetzt. „Wir möchten im Workshop mögliche Gründe identifizieren, warum der ‚digitale Durchbruch‘ bislang in Europa ausgeblieben ist“, erklären die Rechtswissenschaftler und Mitveranstalter der Tagung, Professor Heribert Anzinger von der Uni Ulm und Professor Ekkehart Reimer (Universität Heidelberg). In Betracht ziehen die Experten beispielsweise Unterschiede in den Rechtskulturen.
Auf dem Programm stehen Vorträge und Diskussionen unter anderem zu technologischen Voraussetzungen computergestützter Methoden und zum Einsatz künstlicher Intelligenz beispielsweise in der Rechtsfindung. Gemeinsam mit Professor Rudolf Mellinghoff, dem Präsidenten des Bundesfinanzhofs, soll auch der Frage nachgegangen werden, wie sich eine Digitalisierung des Rechts sowohl auf die juristische Methodologie als auch auf die konstitutionelle Demokratie auswirkt.
Die interdisziplinäre Tagung wird veranstaltet vom Institut für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg, sowie dem Institut für Verteilte Systeme und der Arbeitsgruppe Wirtschafts- und Steuerrecht des Instituts für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung der Uni Ulm. Das Wissenschaftszentrum Schloss Reisensburg liegt im bayerischen Günzburg.
Anmeldungen sind noch möglich.
Programm zum Download
Text: Prof. Heribert Anzinger / Marieke Behnel
Medienkontakt: Marieke Behnel