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UFW-Fachtagung 2012:
Bürokratieabbau und Wirtschaftsprüfung in der europäischen Krise

Universität Ulm

Von der krisenhaften Entwicklung Griechenlands und Europas bis zur Schlecker-Insolvenz: Im Zentrum der diesjährigen Fachtagung des Ulmer Forums für Wirtschaftswissenschaften (UFW) an der Uni Ulm standen hochaktuelle Themen zwischen Wissenschaft und Praxis. Wie gewohnt war es  den Organisatoren um die UFW-Vorsitzende Professorin Brigitte Zürn und Vertretern des Ulmer Instituts für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung gelungen, hochkarätige Diskutanten zu gewinnen. Allen voran den ehemaligen bayerischen  Ministerpräsidenten und heutigen Leiter einer Arbeitsgruppe der Europäischen Union zur Entbürokratisierung, Dr. Edmund Stoiber (CSU). Weiterhin nahmen Professor Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des Instituts für Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW), und der frisch gewählte Präsident der Wirtschaftsprüferkammer, Dr. Claus Securs, auf dem Podium Platz.

Das Thema der Diskussionsrunde hätte vielschichtiger kaum sein können: „Abschlussprüfung in Europa – Lehren aus der Krise“.  „Aber über welche Krise reden wir überhaupt?“ fragte der Moderator des Nachmittags, Georg Giersberg, Wirtschaftsredakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Im Fokus standen die aktuelle europäische Schuldenkrise sowie die Lage Griechenlands. Dabei nahm Stoiber eine ganzheitliche Perspektive ein und berichtete von seinen Erfahrungen aus der EU-Arbeitsgruppe. „Der Glaube an die Allmacht des Staates ist viel zu groß“, betonte der CSU-Politiker wiederholt. Vor allem angesichts der Finanzkrise würden immer wieder neue Regelungen gefordert. Dabei hätte es alleine im letzten Jahr 18 000 Rechtsbefehle aus Brüssel gegeben. Dazu kommen 3000 aus dem EU-Mitgliedsstaaten. „Wir müssen lernen, mehr auf uns selbst zu vertrauen. Dann erreichen wir Bürokratieabbau“, sagte der Jurist.

Die beiden Wirtschaftsprüfer beleuchteten vor allem die Rolle ihrer Profession während der vergangenen und aktuellen Krisen und diskutierten den Nutzen europaweiter Regularien. „Uns ist teilweise vorgeworfen worden, nicht rechtzeitig und eindringlich genug vor krisenhaften Entwicklungen gewarnt zu haben“, berichtete Naumann. Er glaube allerdings, dass Wirtschaftsprüfer  eine steile Lernkurve absolviert hätten. Damit schnitt er ein aktuelles Thema seines Berufsstands an: Sollen Wirtschaftsprüfer stärker beratend tätig werden und gegebenenfalls auf „Management-Fehler“ hinweisen? In diesem Zusammenhang wurde auch die Schlecker-Insolvenz angesprochen. Naumann plädierte dafür, Bestätigungsvermerke, also das Urteil eines Abschlussprüfers,  individueller  zu gestalten.

Edmund Stoiber attestierte der griechischen Verwaltung den Stand eines Entwicklungslandes („Wir hätten das Land gar nicht in die Wirtschafts- und Währungsunion aufnehmen dürfen“). Dementsprechend stellt sich natürlich die Frage, ob sich europäische Abschlussprüfungen überhaupt vergleichen lassen. Insgesamt stellte Claus Securs seinen europäischen Kollegen ein ordentliches Zeugnis aus: „Testate von Wirtschaftsprüfern sind generell aussagekräftig und vergleichbar, sofern die Rechnungslegung gewisse Standards erfüllt.“  Dabei würden die Erwartungen  vor allem im Hinblick auf Prognosen steigen. Man war sich wohl einig, dass die Wirtschaftsprüfung und ihre Organisation in Deutschland eine Vorreiterrolle einnimmt. Zur Diskussion stand allerdings, ob etwa Honorare von Wirtschaftsprüfern – vielleicht sogar europaweit - stärker normiert werden sollten.  „Beim Schaffen neuer Regularien müssen die unterschiedlichen Umsetzungen in der EU bedacht werden. Außerdem lassen sich Folgen neuer Normen oft nicht abschätzen“, war Stoibers Credo.

Vor vollbesetzen Reihen, in denen nicht nur Wirtschaftsvertreter, sondern auch zahlreiche Studenten saßen, ging die engagierte Diskussion zu Ende. Die Begrüßung von Professor Ulrich Stadtmüller, Vizepräsident für die Lehre an der Uni Ulm, hätte auch als Resümee Bestand gehabt: „Gerade für unsere Studentinnen und Studenten ist es wichtig zu erfahren, wie akademische Themen in der Praxis umgesetzt werden.“ Auch der Dank des Studiendekans der Wirtschaftswissenschaften, Professor Kai-Uwe Marten, galt vor allem den potentiellen Wirtschaftsprüfern von morgen sowie natürlich den Diskutanten.