Photonenquellen, die nach äußerer Anregung einzelne Lichtteilchen produzieren, finden in der Quanteninformations- oder Messtechnik vermehrt Anwendung. Besonders Stickstoff-Fehlstellenzentren in extrem reinen, künstlich hergestellten Diamanten haben sich als „Photonen-Fabriken“ etabliert. Um einzelne Lichtteilchen (Photonen) zu erzeugen, werden Stickstoff-Fehlstellenzentren bisher per Laser angeregt. Jetzt haben Wissenschaftler um Professor Norikazu Mizuochi (Universität Osaka), Professor Fedor Jelezko von der Universität Ulm und den Leibniz-Preisträger Professor Jörg Wrachtrup (Universität Stuttgart) einen Weg gefunden, um die Produktion mit Strompulsen in die Wege zu leiten. „Die bisher gängige, laserbasierte Methode funktioniert hauptsächlich unter Laborbedingungen“, erklärt Fedor Jelezko. Im Gegensatz dazu seien Strompulse verhältnismäßig unproblematisch auszulösen. Die nanostrukturierten Diamanten könnten wohl künftig in Mikrochips integriert werden. Der Fachbeitrag „Electrically driven single-photon source at room temperature in diamond“ ist in der Online-Ausgabe des renommierten Journals Nature Photonics erschienen.
Verglichen mit alternativen Photonenquellen wie etwa Quantenpunkten auf einem Halbleiteruntergrund, haben die Stickstoff-Fehlstellenzentren einen entscheidenden Vorteil: Sie können bei Raumtemperatur zur Lichtteilchenproduktion angeregt werden.
Um das neue, auf Strompulsen fußende Verfahren möglich zu machen, galt es allerdings zunächst, eine Lösung für ein grundlegendes Problem zu finden: Bisher verwendete künstliche Diamanten haben keine Ladungsträger, die Elektronen aufnehmen können. Per Nanofabrikation haben die beteiligten Forscher von der Universität Osaka deshalb spezielle Edelsteine gezüchtet: „Die japanischen Kollegen haben die herausfordernde Aufgabe gemeistert, mit Bor und Phosphor dotierte Diamanten durch ein Beschichtungsverfahren, genannt ,chemical vapour deposition ‘, herzustellen“, erklärt Jelezko..
Mit selbstgebauten, hochauflösenden Mikroskopen konnte die internationale Forschergruppe dann die Zentren der gezüchteten Diamanten ausfindig machen und elektrisch gezielt anregen.
Photonen sind Bestandteile der elektromagnetischen Strahlung. Einzelne Lichtteilchen werden zum Beispiel in der Quantenkryptographie zur abhörsicheren Übertragung von Nachrichten per Photonenschlüssel benötigt. Außerdem könnten die Teilchen als so genannte Qubits zur Informationsspeicherung in künftigen Quantencomputern eingesetzt werden. Weitere Anwendungsbereiche ergeben sich etwa in der Sensorik. „In Zusammenarbeit mit Ingenieuren werden wir jetzt an einer Miniaturisierung des neuen Diamanten-Systems zur Integration in Mikrochips arbeiten“, sagt Jelezko.
Fedor Jelezko, Leiter des Instituts für Quantenoptik an der Uni Ulm, und Jörg Wrachtrup (Leiter des 3. Physikalischen Instituts, Universität Stuttgart) gelten als führende Experten für die Anwendung von Diamanten in der Quantenwissenschaft. Gemeinsam mit Budapester Wissenschaftlern waren die Physiker Ideengeber des Projekts. Alle Experimente sind im japanischen Osaka durchgeführt worden.
Die Publikation in Nature Photonics ist im Kontext des Zentrums für Integrierte Quantenwissenschaft und Technologie (IQST) zu sehen. In diesem Zentrum forschen Wissenschaftler der Universitäten Ulm und Stuttgart sowie des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung (Stuttgart) zur Fragestellungen der Quantenwissenschaft. Dabei soll die Zusammenarbeit von Physik, Chemie, Biologie, Mathematik und etwa Elektrotechnik gestärkt werden.