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„Reparieren macht glücklich!“
Auftakt zur Frühjahrsakademie an der Uni Ulm

Universität Ulm

"Reparaturbedarf" zeigte sich gleich zu Beginn der Auftaktveranstaltung zur diesjährigen Frühjahrsakademie, als sich herausstellte, dass der Hauptredner Professor Wolfgang Heckl, Generalsdirektor des Deutschen Museum in München, einer unfallbedingten Vollsperrung der Autobahn bei Augsburg zum Opfer fiel und im Stau stand.

Improvisationstalent und Spontanität bewiesen vor den mehr als 600 Teilnehmern in den vollen Hörsälen neben den Organisatoren auch die Grußredner. Universitätspräsident Professor Karl Joachim Ebeling nutzte die Gelegenheit nicht nur, um sich bei den Veranstaltern vom Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW) gebührend zu bedanken, sondern auch um seine Freude über den reparierten und nach Ulm zurückgekehrten Löwenmenschen zum Ausdruck zu bringen. Im Anschluss sprach er über das Reparieren in der Wissenschaft. Ein Beispiel aus der Biologie war der Salamander, dessen Gliedmaßen nach einer Amputation komplett wieder nachwachsen können, ein anderes kam aus der Informations- und Kommunikationstechnologie, wobei es um die Reparatur digitaler Codes ging. "Das weiß Herr Heckl sicherlich schon alles, und wenn er jetzt hier gewesen wäre, hätte ich auch gar keine Zeit gehabt, das alles hier zu erklären", bedankt sich Ebeling beim abwesenden Redner.

Was macht eine Reparatur "lohnenswert"?

Der Neu-Ulmer Oberbürgermeister Gerold Noerenberg kam auf den Staat als Reparaturbetrieb zu sprechen und warf dabei die Frage auf, wann sich eine Reparatur den "lohne" und was die Reparatur selbst lohnenswert mache? Das gelte auch wortwörtlich für die Dinge des Alltags, die man bedauerlicherweise heute kaum mehr reparieren könne. Er wünscht den Teilnehmern gute Gespräche und viele neue Erkenntnisse, "und dass Sie mit noch mehr Fragezeichen nach Hause gehen, als sie gekommen sind", so Noerenberg. ZAWiW-Vorstandssprecher Professor Othmar Marti, der die Teilnehmerzahlen nannte (610 Anmeldungen) und dabei wieder feststellte, dass mit 264 Männern und 346 Frauen die Frühjahrsakademie wieder zu den Veranstaltungen mit dem höchsten Männeranteil gehörte, freute sich zudem über die Zuwächse aus dem Umland.

Die Ulmer Biologin und freie Wissenschaftsjournalistin Dr. Karin Michaela Hollricher, die eigentlich die Veranstaltung moderieren sollte, sprang spontan als Vorleserin ein und nahm Heckls Buch zur Hand. Heckls Plädoyer für eine Kultur der Reparatur ziele nicht nur auf die wirtschaftlichen und ökologischen Effekte der Wegwerfgesellschaft, sondern stellt nicht zuletzt den Menschen in den Mittelpunkt. "Denn Reparieren macht glücklich", so das Motto des redegewandten Physikers, der schließlich mit fast zweistündiger Verspätung doch noch glücklich ans Rednerpult trat. "Es geht dabei um die Entwicklung kreativer Fähigkeiten, um den Einsatz des eigenen Potentials und um die Erfahrung der eigenen Unabhängigkeit", ist der gebürtige Oberpfälzer überzeugt.

"Reparieren macht glücklich!"

Der Wissenschafts- und Technikvermittler, der Inhaber eines Lehrstuhls für Wissenschaftskommunikation an der TU München und Träger des Communicator-Preises ist, glaubt, dass nicht nur diese Autonomieerfahrung beim Reparieren für die Glückserfahrung wichtig ist, sondern auch die urmenschliche Neugier des Menschen auf das, was die Welt - ganz nach Goethe - im Innersten zusammen hält. So sei es auch nicht überraschend, dass - nach niederländischem Vorbild - in ganz Deutschland überall Reparatur-Cafés entstünden, wo Reparatur-Willige mit Tüftlern und Bastlern zusammentreffen. "Wir müssen uns als Konsumenten außerdem dafür einsetzen, dass die Langlebigkeit wieder wertgeschätzt wird", so seine Aufforderung an das Publikum, das sich zwischendurch mit eigenen Erfahrungsberichten über gelungene Reparaturen und ambitionierte Versuche ("Das war Murks") sehr lebendig in die Auftaktveranstaltung einbringen konnte.

 Altes, Gebrauchtes und Kaputtes wieder nutzbar machen – dieses Motto hat sich die diesjährige Frühjahrsakademie des Zentrums für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW) der Universität Ulm gegeben. Unter dem Titel „Die Kunst des Reparierens“ geht es in der Weiterbildungswoche (vom 24. bis 28 März) um „Reparaturen“ im weitesten Sinne – von der Gerätetechnik über die Wirtschaft, Kunst und Medizin. Anspruchsvoll und vielfältig ist auch das breite Angebot der insgesamt 28 Arbeitsgruppen, darunter auch eine zur Reparatur des Löwenmenschen, ebenso zahlreich die Mittwochnachmittagsangebote aus Kunst und Kultur, Architektur und Geschichte oder zu Gesundheit und Wohlbefinden. Organisiert wurde die Frühjahrsakademie auch in diesem Jahr wieder von Erwin Hutterer mit Unterstützung von Monika Bader. 

Verantwortlich: Andrea Weber-Tuckermann