Die Freude in der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Universität Ulm über ihren auch im wahrsten Sinne des Wortes jüngsten Neuzugang beruht auf Gegenseitigkeit: »Wir setzen große Hoffnungen in sie«, sagt Dekan Professor Werner Kratz. »Wir sind stolz darauf, dass wir im harten Wettbewerb um die besten Talente wieder erfolgreich waren«, äußert sich Prodekan Professor Frank Richter. »Ich freue mich über die professionelle und herzliche Atmosphäre«, erwidert Professorin Katharina Janus die Komplimente und versichert: »Ich habe mich hier sofort wohl gefühlt.«
Mit Beginn des Sommersemesters hat sie ihre Arbeit in Ulm aufgenommen, als Professorin für Gesundheitsmanagement und Controlling. Mit hohen Erwartungen ihrer neuen Umgebung auch. Durchaus begründeten, wie die Biografie der Wissenschaftlerin belegt, zuvor Juniorprofessorin an der Columbia University in New York. Ihr wird sie weiterhin verbunden bleiben, unter anderem mit Blockunterricht in den Ulmer Semesterferien. Beteiligt bleibt sie ferner an Projekten der nicht minder renommierten Universität im kalifornischen Berkeley, an der sie ebenfalls mehrere Jahre tätig war. Davon soll auch ihr neues Umfeld profitieren: »Ich möchte mein Fach noch stärker international etablieren und die besten Leute zusammenbringen, um etwas zu bewegen«, so Janus, Jahrgang 1975, mit Studium der Betriebswirtschaftslehre in Hamburg und an der Pariser Sorbonne, Promotion und Habilitation an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg.
Dass die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ihren Wechsel nach Ulm im Rahmen des Programms »Rückkehr deutscher Wissenschaftler aus dem Ausland« mit einer respektablen Summe gefördert hat, unterstreicht ebenfalls die Reputation der jungen Professorin, die sich schon früh auf ihr Spezialgebiet konzentriert hat. Damals noch eine wissenschaftliche Nische gewissermaßen, aber mit wachsender ökonomischer wie politischer Bedeutung, nicht zuletzt der problematischen Entwicklung von Gesundheitssystemen in vielen Ländern weltweit geschuldet. Kaum überraschend insofern die zahlreichen Einladungen für Katharina Janus zu Vorträgen oder Diskussionen bei Kongressen, Konferenzen und sonstigen Plattformen, eine entsprechende Medienresonanz inklusive. Verschiedene Beratungsaufträge beteiligter Organisationen nicht zu vergessen.
Wobei die Wissenschaftlerin freilich nicht selten auf einen wichtigen Unterschied verweisen muss: Zwischen der rein volkswirtschaftlich orientierten Gesundheitsökonomie nämlich, Janus zufolge mit Schwerpunkt auf die Bewertung bestehender Phänomene, und dem Gesundheitsmanagement, ihrem Fach also, das als anwendungsorientierte Spezialisierung der Wirtschaftswissenschaften gilt und zu dessen Pionieren sie fraglos zählt.
Schließlich hat sie schon in den USA und an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) interdisziplinär angelegte Forschungsprojekte geleitet, unter anderem zur Arbeitszufriedenheit und Motivation von Ärzten. Naheliegend mithin, dass sie auch in Ulm mit der Medizin intensiv zusammenarbeiten will. »Ich bin schon mitten in viel versprechenden Gesprächen«, berichtet Professorin Janus, »es gibt sogar Ansätze zu ersten interdisziplinären Promotionen«.
Gleichwohl verbinde sich mit dem Gesundheitsmanagement als relativ junger Disziplin noch Erklärungsbedarf: »Dabei werden Führungstechniken, Steuerungsinstrumente und Organisationsprinzipien, die in Unternehmen selbstverständlich sind, auf Krankenhäuser und Arztpraxen übertragen.« Der Einsatz von Management-Techniken also, auch um Prozesse oder menschliche Verhaltensweisen zu verändern.
Vorreiter seien hier einmal mehr die USA gewesen mit dem als »Managed Care« bezeichneten Versuch, im Gesundheitswesen Kosten zu sparen und die Qualität zu verbessern, indem Haus- und Fachärzte sowie Kliniken besser zusammenarbeiten und nach ihrer Leistung bezahlt werden. Nur begrenzt erfolgreich allerdings, weiß Katharina Janus, „aber der Forschungsansatz besteht weiterhin“.
Den sie auch weiterhin nicht nur theoretisch betreiben will. »Ich beschäftige mich vor allem mit den Entscheidern, den Ärzten. Sie beeinflussten rund 70 Prozent der Gesundheitsausgaben,« erklärt die Wissenschaftlerin, »und wenn man ihr Verhalten nicht versteht, kann man es auch nicht beeinflussen«. Wohl sei dazu die Beherrschung der Ökonomie als theoretische Basis eine wichtige Voraussetzung. »Aber oft ist man näher an der Psychologie«, räumt Janus ein, an der Organisationspsychologie zumal. Jedenfalls sei die Methodenvielfalt komplex und reiche von klassischen statistischen Ansätzen über psychometrische Verfahren bis hin zu qualitativen Untersuchungen.
Ihr sei durchaus bewusst, dass sie sich mit ihren Arbeiten mitunter auf dünnem Eis bewege, im Einflussbereich verschiedener Interessengruppen etwa oder bei ideologisch geprägten Gesundheitssystemen. »Ich betreibe keine Mainstream-Forschung, sondern untersuche durchaus kontroverse Themen.« Wichtig deswegen: »Man muss an das glauben, was man macht.«
Spannende Themen verspricht Katharina Janus auch für die Lehre. Im Bachelorstudiengang möchte sie die wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen vielfach mit Beispielen aus dem Gesundheitswesen vermitteln oder anreichern. »Im Masterstudiengang werde ich die Gewichtung mehr in Richtung Gesundheitsmanagement verschieben.« Der Studiengang werde damit noch attraktiver, sind die Verantwortlichen der Fakultät überzeugt. Bereichern wird die Professorin überdies Vorlesungen der Mediziner, mit „wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen“ nämlich. Denn: »Auch sie brauchen Management-Kompetenzen.«