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Morbus Alzheimer: Hirnveränderungen bereits im Kindesalter
Neue Forschungsergebnisse zu Frühstadien der Krankheit

Universität Ulm

Der Ulmer Anatom Professor Heiko Braak und seine Mitarbeiterin Dr. Kelly Del Tredici-Braak haben erstmals Alzheimer-typische Veränderungen in Gehirnen von Kindern sowie jungen Erwachsenen nachgewiesen.  Konkret konnten die Forscher bereits bei einem sechsjährigen Kind geringfügige Ablagerungen des so genannten Tau-Proteins feststellen, die allerdings noch keine Symptome verursachen. „Offenbar beginnen Alzheimer-typische Veränderungen an einem Ort und breiten sich langsam von Nervenzelle zu Nervenzelle  aus. Krankheitsanzeichen wie Vergesslichkeit oder Orientierungsschwierigkeiten treten jedoch erst nach Jahrzehnten auf“, erklärt Braak.  Im Laufe seiner Untersuchungen hat der Anatom bei mehr als einem Zehntel der 20- bis 30-Jährigen Ablagerungen des Tau-Proteins gefunden. Eine weitere, für Alzheimer-Patienten typische Hirnveränderung, die Ablagerung von Beta-Amyloid-Proteinen, ist in den jungen Gehirnen nicht nachweisbar. Dieser Befund relativiert auch die Rolle der Beta-Amyloid-Proteine (Plaques), die oft als Hauptursache der Alzheimerschen Krankheit gesehen werden.

Für ihre Beobachtungen untersuchten  Braak und Del Tredici-Braak mehr als  2000 Gehirne von Verstorbenen aller Altersgruppen.  Bei vielen Gehirnen haben sie nicht, wie üblich, nur die Hirnrinde betrachtet, sondern auch den Hirnstamm untersucht. Vor allem im so genannten Lokus coeruleus finden sich besonders früh neuronale Veränderungen.  „Zurzeit gibt es keine bildgebenden Verfahren, die eine eindeutige Lebenddiagnostik ermöglichen. Womöglich kann eines Tages der Ausgangsherd  von Morbus Alzheimer vernichtet und  eine weitere Ausbreitung der neuronalen Veränderungen gestoppt werde“, sagte Professor Braak bei einer Veranstaltung der Alzheimer Forschung Initiative (AFI) an der Uni Ulm. Die Forschungsergebnisse sind in Hinblick auf eine alternde Gesellschaft bedeutsam: Alzheimer ist in fast jedem Menschen angelegt. Steigt die Lebenserwartung, zeigen mehr und mehr Betroffene typische Symptome.
Die Studienergebnisse sind in der Fachzeitschrift Acta Neuropathologica erschienen.

Heiko Braak (Gastwissenschaftler) und Kelly Del Tredici-Braak (Deutsche Forschungsgemeinschaft) arbeiten am Zentrum für Klinische Forschung der Universität Ulm. Der Anatomieprofessor hat unter anderem 1991 die  „Braak-Stadien“ entwickelt. Dahinter verbirgt sich ein international verwendetes Klassifikationsschema, mit dem typische Hirnveränderungen im Verlauf der Alzheimerschen Krankheit eingeteilt werden. Bis 2002 hat der heute 73-jährige Heiko Braak das Institut für Klinische Anatomie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt geleitet.

Von Annika Bingmann