Dabei sei schon das 2008 in einem anderen wichtigen Fachjournal, New Journal of Physics, veröffentlichte Theoriepapier sehr erfolgreich gewesen und als „Best of 2008“ ausgewählt worden, erinnert sich Plenio. Wie übrigens auch an die Geburt der Idee bei einem ersten Treffen mit seinem Kopenhagener Partner Professor Eugene Polzik im Rahmen eines Empfangs zum 60. Geburtstag seines Mentors Professor Sir Peter Knight in der Royal Society London. Allerdings: „Von der Theorie bis zur Anwendung ist es immer ein großer Schritt“, weiß der Ulmer Quantenphysiker, dem bekanntlich auch bei der Bewerbung seiner Uni zur Exzellenzinitiative eine wichtige Rolle zugedacht ist. Nicht nur das. „Es war schon schwierig, eine gemeinsame Sprache zu finden und über drei Jahre durchzuhalten“, berichtet Martin Plenio, verweist auch auf unterschiedliche Denkweisen von Theoretikern und Experimentalphysikern: „Wir arbeiten gerne mit Gleichungen, die Experimentalphysiker denken in physikalischen Bildern.“ Insofern müsste jede Seite von der anderen lernen. Nicht immer passe das sofort zusammen, weiß der Ulmer Wissenschaftler, „aber wenn es funktioniert, kann es sehr fruchtbar sein“.
Wie im Fall des Quantenspeichers etwa, der die zur Nachrichtenübertragung genutzten quantenmechanischen Lichtteilchen, Photonen also, speichert und damit die Voraussetzung liefert, diese wieder zu verstärken, ohne dass sie dabei ihre ureigenen Quanteneigenschaften verlieren. „Nur so sind die Teilchen als Ressource für die Quantenkryptografie geeignet“, erklärt Professor Plenio. Ohne die Zwischenstationen nämlich und die hier jeweils erfolgende Verstärkung würde das Licht vom Glasfaserkabel allerspätestens nach rund 100 Kilometern absorbiert, wäre die Information für den Empfänger verloren.
„Wir haben jedenfalls bewiesen, dass sich die Quantenlichtteilchen so speichern lassen, dass sie ihren Quantencharakter behalten“, so der Humboldt-Professor. Nutzbar damit für die Quantenkryptografie, deren Technologie die Übertragung geheimer Nachrichten abhörsicher ermöglicht. Mehr noch: Sie nutzt auch die hohe Empfindlichkeit von Quantensystemen gegen Störungen, um Absender und Empfänger Versuche des Mithörens oder -lesens zu signalisieren. Wichtig in diesem Zusammenhang ferner: „Die Versuche in Kopenhagen, die Übertragung der Lichtenergie auf Materie und ihre Speicherung in deren Atomen also, ebenso wie die Messung der ankommenden Teilchen erfolgten in einer Gaszelle und die funktioniert bei normaler Raumtemperatur“, erläutert Martin Plenio.
Natürlich sei dies „nur ein erster Schritt“ gewesen, „muss die Qualität des Quantenspeichers sicher noch verbessert werden“. Ebenso dessen Verbindung mit Glasfaserkabeln, die Einspeisung von Licht in beide Komponenten. Aber daran werde bereits gearbeitet, berichtet der Ulmer Physiker, und zwar im Rahmen des auf drei Jahre angelegten, mit fünf Millionen Euro geförderten EU-FET Projekts Q-ESSENCE. Mit nicht weniger als 20 Partnern übrigens, darunter auch weiterhin das Niels Bohr-Institut in Kopenhagen und die Universität Ulm.
Von Willi Baur