„Nein“, gesteht Tobias Heinroth, „an Chinesen habe ich bei meiner Wortschöpfung nicht gedacht“. Ihm sei es mit dem Begriff „ArriGator“ nur um eine ebenso griffige wie plausible Bezeichnung für das Ergebnis seiner Diplom-Arbeit gegangen, sagt der 28-jährige Doktorand im Institut für Informationstechnik und Dialogsysteme der Universität Ulm. So sei aus der Kombination „Arrival“, dem englischen Wort für Ankunft, mit dem gängigen Begriff „Navigator“ eben „ArriGator“ entstanden. Entwickelt hat Heinroth nämlich eine „Sprachdialoganbindung für multimodale Fußgängernavigation“. Missverständlich insofern nur, wenn im fernöstlichen Sprachgebrauch das „r“ zum „l“ mutierte.
Was steckt hinter dem System, das der aus Giengen/Brenz stammende Diplom-Informatiker in halbjähriger Arbeit programmiert hat? Betreut übrigens von Professor Wolfgang Minker, der Tobias Heinroths Arbeit durchaus „Ausbau-Potenzial“ bescheinigt und dies „weit über die Nutzung durch Fußgänger hinaus“. Im Gegensatz zu herkömmlichen Navigationssystemen jedenfalls reagiert „ArriGator“ auf Fragen und mündliche Anweisungen. Ebenfalls mit Sprachanweisungen versteht sich, aber ergänzt durch so genannte „Landmarks“. Markante Orientierungspunkte an der Strecke also, Kirchen etwa, Gasthäuser oder Stadttore. Und die erscheinen nicht nur zum richtigen Zeitpunkt als Foto auf dem kleinen Bildschirm des PDA (Personal Digital Assistant), einem Mini-Computer in der Hand des Nutzers, sondern werden auf dessen Wunsch auch über das Mobiltelefon akustisch erläutert.
Praktischer Weise natürlich mittels eines Headsets, Kopfhörer samt Mikrofon also, damit der Fußgänger als Anwender fast immer beide Hände frei hat. Gleiches gilt Heinroth zufolge auch für Straßenbezeichnungen. „Wichtig war mir zudem eine natürliche Routenführung“, betont der junge Wissenschaftler, mithin eine Wegbeschreibung, wie sie normale Menschen vornehmen würden. „Vor der Kirche links den Berg hoch“, zum Beispiel oder „nach der Gaststätte in die Straße rechts abbiegen“. Dazu liefert das System dem Nutzer bei Bedarf jederzeit auch eine Routenskizze auf den PDA. Zweifel über den eingeschlagenen Weg? Auch in diesem Fall hilft „ArriGator“ weiter. Anfrage genügt. Oder einmal nicht aufgepasst oder eine Anweisung nicht verstanden? „Repeat“ äußern und geduldig wiederholt das System die letzte Aussage.
„Dessen Basis ist technisch relativ einfach“, erklärt Tobias Heinroth. Zum Einsatz kämen ausnahmslos frei erhältliche Komponenten. Die jeweilige Standortbestimmung des Anwenders erfolge über das amerikanische Global Positioning System (GPS), realisiert mittels einer „GPS-Maus“, ebenso am Gürtel tragbar wie das UMTS-Handy als Modemverbindung mit dem Webserver. Als Kommunikationszentrale bietet der PDA neben der Übertragung der Positionsdaten eine Skype-Audioverbindung mit dem Sprachserver. „Die technischen Voraussetzungen sind freilich nur die eine Seite“, betont Professor Wolfgang Minker. Die andere sei die ingenieurwissenschaftliche Leistung und die Kreativität des Entwicklers. „Und Tobias Heinroth hat nicht nur bewiesen, dass sein System funktioniert.“ Vielmehr habe man es mit nicht weniger als 18 Probanden im Alter von 20 bis 71 Jahren intensiv getestet. „Mit ausnahmslos positiven Reaktionen der Versuchspersonen“, freut sich Heinroth nicht ohne Stolz und verweist mit der freihändigen Bedienbarkeit und dem Sicherheitsgewinn im Straßenverkehr auf weitere Vorteile seiner Entwicklung.
Dabei soll es nicht bleiben. „Nächste Stufe wäre jetzt die Weiterentwicklung mit einem Partner“, denkt Minker bereits voraus. Vor allem für Radfahrer sei das System denkbar. „Bayern für Radler“ etwa, vorab vielleicht im kleineren Maßstab „mit dem Rad durch Oberschwaben“. Oder auch nur ein Ausbau der Fußgänger-Version für den Städtetourismus. Freilich müssen weder Gästeführer noch Stadtplan-Verleger zittern: Bislang führt „ArriGator“ nur durch den Ulmer Stadtteil Söflingen.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Wolfgang Minker, Tel. 0731/50-26251 oder -26254 und Tobias Heinroth, Tel. 0731/50-26265