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Anti-Personen-Minen: Die Gefahr aus dem Hinterhalt
Ingenieure spüren mit Drohne und Radar Sprengkörper auf

Universität Ulm

Ob im Dschungel von Kambodscha, in der Wüste von Mali oder vor der Haustür der Europäischen Union in der Ukraine – Anti-Personen-Minen sind eine für das bloße Auge oft unsichtbare Gefahr. Laut Landminen-Monitor fielen 2014 mehr als 3700 Personen diesen hinterhältigen Waffen zum Opfer – davon 80 Prozent Zivilisten. Und auch die Beseitigung der Sprengkörper ist riskant: Bisher müssen Personen mit Handgeräten unter Lebensgefahr in vermintes Gelände vordringen – an unwegsamen, dicht bewachsenen Orten ist die Suche auch mit militärischen Fahrzeugen fast unmöglich. Seit Anfang 2016 arbeiten die Universität und die Hochschule Ulm gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz im Projekt FindMine an einer Lösung: Eine Drohne soll über verminte Gebiete fliegen und den Boden mittels Radarsensoren nach Sprengkörpern abscannen. Finanziert wird die wissenschaftliche Arbeit für drei Jahre von der Urs Endress Stiftung, die sich der Entwicklung von modernen Suchgeräten zum Auffinden von Minen, Blindgängern und weiteren Waffen verschrieben hat.

Die Minensuche aus der Luft erscheint so einfach wie genial. Doch das Projekt birgt zahlreiche Herausforderungen: Beispielsweise sind Drohnen instabil und schwanken im Flug: Um hochaufgelösten Aufnahmen zu erhalten, muss jedoch die Flugbahn möglichst genau bekannt sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch kleine Objekte fokussiert und damit aufgespürt werden können. Während die Forscher der Fachhochschule Nordwestschweiz das Fluggerät optimieren, bündeln Universität (Radar-Signalprozessierung) und Hochschule Ulm (Radarhardware) ihre Expertise in der Radartechnik. Dabei profitieren die Ingenieure um Professor Christian Waldschmidt, Leiter des Instituts für Mikrowellentechnik an der Universität Ulm, von ihrer Erfahrung aus anderen Anwendungsbereichen – vom autonomen Fahren über den Bergbau bis zur Landwirtschaft, wo mithilfe ähnlicher Drohnen in Feldern versteckte Tiere vor Landmaschinen gerettet werden können.

„Viele Minen sind im Erdboden vergraben, weshalb wir ein Bodenradar mit einer relativ niedrigen Frequenz einsetzen. Die Radarwellen dringen ins Erdreich ein und aus vielen Messungen entlang der Drohnen-Flugbahn wird ein hochaufgelöstes Bild generiert“, erklären Waldschmidt und sein Doktorand Markus Schartel. Dank Bildverarbeitung und Mustererkennung mit speziellen Algorithmen könne dann auf die Art des Objekts und seine zentimetergenaue Position geschlossen werden.

Tests vor Ort in Planung

Erste Tests haben die Forscher bereits absolviert, im nächsten Schritt müssen Drohne und Radartechnik aufeinander abgestimmt und angepasst werden. Weiterhin sollte die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit in verminten Gebieten einkalkuliert werden – von extrem trocken bis sumpfig. Gegen Ende der Projektlaufzeit sind deshalb Tests in tatsächlichen Minengebieten wie etwa im Umland von Sarajevo oder in Kambodscha geplant.

Mit dem Unternehmen des Stifters, der Firma Endress + Hauser, haben die Uni-Ingenieure bereits mehrere Projekte durchgeführt. Zu FindMine steuert die Firma Sensortechnik bei. Zudem stehen den Forschern das Genfer Internationale Zentrum für Humanitäre Minenräumung und die Schweizerische Stiftung für Minenräumung beratend zur Seite.
Denn die Sprengkörper verursachen nicht nur menschliches Leid: Verminte Landstriche können nicht bewirtschaftet werden, was den Wiederaufbau ehemaliger Kriegsgebiete gefährdet. Zur Beseitigung dieser hinterhältigen Waffen, die auch viele Jahre nach Ende eines Konflikts Zivilisten aus dem Leben reißen, leistet die deutsch-schweizerische Forschergruppe ihren Beitrag.

Text und Medienkontakt: Annika Bingmann