Krankheitsverläufe akuter myeloischer Leukämien (AML) lassen sich offenbar anhand der Gensignatur leukämischer Stammzellen prognostizieren. Das haben jetzt Forscher um Professor Christian Buske, Direktor des Instituts für Experimentelle Tumorforschung am Ulmer Universitätsklinikum, herausgefunden. Untersuchungen, bei denen Mäusen menschliche Leukämiezellen eingesetzt wurden, hatten gezeigt, dass akute myeloische Leukämien nach zellulären Hierarchien organisiert sind. Dabei ist nur ein kleiner Teil der Leukämiezellen für das Fortschreiten der Krebserkrankung verantwortlich - so genannte leukämische Stammzellen (Krebsstammzellmodell). In ihrem Beitrag „Stem Cell Gene Expression Programs Influence Clinical Outcome in Human Leukemia”, der jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Medicine“ erschienen ist, weist ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Buske und Wissenschaftlern der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie nordamerikanischer und japanischer Forschungseinrichtungen erstmals nach, dass die Gensignatur menschlicher Leukämiestammzellen die Prognose von Patienten mit AML erheblich beeinflussen kann.
Bei ihren Untersuchungen sind die Wissenschaftler in drei Schritten vorgegangen: Zunächst haben sie Proben von Leukämiepatienten in spezielle Mäuse transplantiert und Zellen isoliert, die für das Wachstum der menschlichen Leukämiezellen in der Maus verantwortlich waren.
In einem weiteren Schritt konnten die Forscher globale Genexpressionsprofile dieser funktionell identifizierten leukämischen Stammzellen erstellen und mit dem Genexpressionsprofil gesunder Blutstammzellen vergleichen. Mit Hilfe bioinformatischer Verfahren ist letztlich eine Gensignatur leukämischer Stammzellen erarbeitet worden. Der Nachweis dieser Signatur beim Patienten hängt in hohem Maße mit der individuellen Prognose zusammen. Somit haben die Forscher die klinische Relevanz des zuvor in Mäusen nachgewiesenen Krebsstammzellmodells bei AML-Patienten belegt.
Die Identifikation der Gensignatur und zugrunde liegender molekularer Mechanismen könnte ein Meilenstein auf dem Weg zur individuellen Krebstherapie sein. Möglicherweise gibt der Nachweis leukämischer Stammzellen Hinweise darauf, ob bei einem Patienten die Standardtherapie ausreicht, oder ob eine intensivere Behandlung, etwa in Form einer Stammzelltransplantation, nötig wird. Die Bekämpfung der leukämischen Stammzellen selbst könnte zudem ein neuer Ansatz in der Krebstherapie sein. „In einem nächsten Schritt werden wir in laufenden Studien die Bedeutung der Gensignatur leukämischer Stammzellen bei Ulmer AML-Patienten überprüfen“, erläutert Christian Buske. In experimentellen Tumormodellen wollen die Wissenschaftler zudem untersuchen, welche Rolle in der Signatur identifizierte Leukämiegene für Krankheitsentstehung und –verlauf spielen.
Die Forschergruppe wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt. Weitere Mittel wurden von kanadischen und japanischen Förderern beigesteuert.
Kolja Eppert, KatsutoTakenaka, Eric R. Lechman, Levi Waldron, Björn Nilsson, Peter van Galen, Klaus H. Metzeler, Armando Poeppl, Vicki Ling, Joseph Beyene, Angelo J. Canty, Jayne S. Danska, Stefan K. Bohlander, Christian Buske, Mark D. Minden, Todd R. Golub, Igor Jurisica, Benjamin L. Ebert & John E. Dick:"Stem cell gene expression programs influence clinical outcome in human leukemia". Nature Medicine. Vol. 17. Issue 9. DOI 10.1038/nm.2415.
Arbeitsgruppe Prof. Buske in Ulm
Von Annika Bingmann