Zum Ende des Sommersemesters hat die Ulmer Universität ihren 52. Jahrestag mit einem Festvortrag und Ehrungen gefeiert – darunter gleich zwei Uni-Medaillen. Universitätspräsident Professor Michael Weber nutzte den Jahrestag, um auf wichtige Ereignisse aus Universität und Hochschulpolitik hinzuweisen.
„Das Vorjahr 2018 war geprägt von großen wissenschaftlichen Erfolgen in Forschung und Lehre, die ihren Höhepunkt in der Bewilligung eines Exzellenzclusters im Bereich Batterieforschung und auch in einem neuen Drittmittelrekord über 105 Millionen Euro gefunden haben“, betonte Universitätspräsident Professor Michael Weber in seiner Begrüßung zum 52. Jahrestag. Im Exzellenzcluster „Post Lithium Storage“ (POLiS) entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Ulm, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) Energiespeicher der Zukunft – ohne die endlichen Materialien Lithium und Kobalt. Diese für Energiewende und Elektromobilität bedeutende wissenschaftliche Arbeit ist in die größte deutsche Batterie-Forschungsplattform CELEST (Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe) eingebunden. Auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek habe sich bei ihrem Besuch der Ulmer Batterieforschung durchaus beeindruckt gezeigt, so Weber. Zur Entscheidung gegen eine „Forschungsfertigung Batteriezelle“ in Ulm sagte der Präsident: „Unsere Neugier, unser Mut und Elan sowie das Streben, die besten Batterien und Brennstoffzellen der Welt in Ulm zu realisieren, verdrängen Enttäuschung und Missmut. Wir arbeiten und forschen weiter mit Hochdruck an dieser für unser aller Zukunft so wichtigen Thematik.“
Erfolgsmeldungen aus den Entwicklungsbereichen
Weitere positive Nachrichten kommen aus den strategischen Entwicklungsbereichen der Universität – allen voran aus der Quantentechnologie und Traumaforschung. Derzeit wird das DLR-Institut für Quantentechnologie (DLR-QT) in Ulm aufgebaut, das mit rund 11 Millionen Euro jährlich vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert wird. Forschungsziel sind quantenbasierte Präzisionsinstrumente für Raumfahrtanwendungen – etwa im Bereich Navigation oder Wetterbeobachtung. Eine Brücke zwischen Quantentechnologie und Medizin schlägt hingegen das neue „Zentrum für Quanten- und Biowissenschaften“ (ZQB): Im Beisein des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ist der einzigartige Bau Anfang Juli übergeben worden. Im ZQB entwickelt ein interdisziplinäres Team hochleistungsfähige Sensoren und optimiert bildgebende Verfahren – insbesondere für die biomedizinische Forschung und Diagnostik.
Darüber hinaus ist im Mai ein über 73 Millionen Euro teures Forschungsgebäude für die Multidimensionalen Traumawissenschaften (MTW) bewilligt worden. In dem von Bund, Land und von der Medizinischen Fakultät finanzierten Bau sollen psychische und körperliche Traumata sowie deren Zusammenspiel bis auf die zelluläre und molekulare Ebene untersucht werden.
Neben der Forschung ist die Lehre Hauptaufgabe der Universität: In diesem Bereich führt die Uni Ulm die so genannte Systemakkreditierung als internes Qualitätssicherungsverfahren ein. In diesem Zuge ist auch ein „Leitbild Lehre“ entstanden, aus dem künftig Maßnahmen abgeleitet werden. Weiterhin soll ein neues „Mission Statement Gleichstellung“ dabei helfen, Frauen und Männern gleiche Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten zu bieten.
Diskussion um die Hochschulfinanzierung im Land
Eine dauerhaft hohe Qualität in Forschung und Lehre kann jedoch nur bei konkurrenzfähigen Rahmenbedingungen gewährleistet werden. Darunter fallen hervorragendes Personal, eine moderne Infrastruktur sowie Veränderungsoptionen – etwa durch die Digitalisierung. „Doch dies kann nicht zum Nulltarif erfolgen“, betonte Universitätspräsident Weber hinsichtlich der aktuellen Diskussionen zum Hochschulfinanzierungsvertrag im Land. „Ganz im Gegenteil – vergleicht man die Zuführung des Landes pro Uni-Studierenden im Jahr 1998 mit 2017, so hat sich diese von 10 610 auf 7890 Euro inflationsbereinigt reduziert.“ Daher fordern die Universitäten vom Land, die seit 1998 aufklaffende Lücke zu schließen, und die Grundfinanzierung zu erhöhen – einschließlich eines Kostensteigerungsausgleichs von jährlich drei Prozent. „Dafür kämpfen die Universitäten, da wir fest davon überzeugt sind, dass der Schlüssel zu einer positiven Zukunft unseres Landes in der bestmöglichen Ausbildung unserer jungen Menschen und in der herausragenden Forschung zum Wohle unserer Gesellschaft liegt“, bekräftigte Professor Weber.
Vortrag zur Internationalisierung
Ein weiteres wichtiges Anliegen der Universität Ulm stand im Zentrum des Festvortrags zum 52. Jahrestag: die „intelligente Internationalisierung“. Festrednerin und Ehrengast war die Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), Professorin Margret Wintermantel.
Die Universität Ulm ist über mehrere Kooperationen mit dem DAAD verbunden – allen voran durch das Transnationale Bildungsprojekt „German University in Cairo“ (GUC). Vor rund zwei Wochen war die Universität Ulm zudem Gastgeberin des DAAD-Stipendiatentreffens mit rund 370 Teilnehmenden aus 79 Ländern. „Die globalen Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaften heute stehen, können nur durch internationale Kooperation gelöst werden. Länderübergreifende Austauschprogramme und ein Studium im Ausland schaffen beste Voraussetzungen dafür, dass dies auch gelingt. Denn sie sorgen für internationale Mobilität und Vernetzung und machen so ein übergreifendes Verständnis für globale Zusammenhänge überhaupt erst möglich“, betonte DAAD-Präsidentin, Professorin Margret Wintermantel.
Ehrungen beim Jahrestag
Traditionell werden am Jahrestag verschiedene Auszeichnungen verliehen: Mit Medaillen der Universität Ulm sind der langjährige Vorsitzende der Ulmer Universitätsgesellschaft (UUG), Hans Hengartner, und der Vorstandsvorsitzende der Sparda-Bank Baden-Württemberg, Martin Hettich, geehrt worden.
Der Diplom-Ingenieur Hans Hengartner hat sich besonders verdient um die Weiterentwicklung der Ulmer Alma Mater gemacht. Als UUG-Vorsitzender engagierte er sich für die Vernetzung der Universität mit Stadt und Region. Weiterhin hat Hengartner die Außendarstellung der wissenschaftlichen Leistungen der Uni gefördert – insbesondere in den Jubiläumsjahren 2007 und 2017. „Die Universität Ulm ist ihm als Bürger Ulms, als Unternehmer, als Förderer und Freund ein Herzensanliegen“, sagte der Laudator und aktuelle UUG-Vorsitzende, Manfred Oster.
Der zweite Medaillenträger, der Bankmanager Martin Hettich, hat die beliebte Veranstaltungsreihe „Ulmer Denkanstöße“ stets aktiv gefördert. „Weil Sie, Herr Hettich, und die Sparda-Bank den Brückenschlag aus der Universität ins Gemeinwesen nehmen und gleichsam auf feste Grundlagen stellen, können die Denkanstöße sein, was sie sind: an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit angesiedelt, eine innovative und zeitgemäße Einrichtung, die den öffentlichen Diskurs fördert“, betonte die Laudatorin und HSZ-Geschäftsführerin, Professorin Renate Breuninger. Die Denkanstöße werden vom Humboldt-Studienzentrum der Universität (HSZ), von der Kulturabteilug der Stadt Ulm sowie von der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg veranstaltet. In diesen Tagen hat die Sparda-Stiftung zudem die „Science Expo“ unterstützt, die Jugendlichen Wissenschaft zum Anfassen an der Uni Ulm bietet.
Beim Jahrestag sind jedoch nicht nur etablierte Persönlichkeiten geehrt worden. Auch neun Nachwuchsforschende durften sich über Auszeichnungen freuen. Den mit 3000 Euro dotierten Harald Rose-Preis erhielt Janis Köster. Der junge Wissenschaftler hat Defektstellen in einem zweidimensionalen Material mittels höchstaufgelöster Elektronenmikroskopie untersucht und begleitende Berechnungen durchgeführt. Seine in der Materialwissenschaftlichen Elektronenmikroskopie entstandene Masterarbeit führt gleich zu mehreren Publikationen. Benannt ist der Preis nach einem Pionier der Elektronenmikroskopie, Professor Harald Rose, der eine Seniorprofessur an der Uni Ulm innehat.
Darüber hinaus vergaben der UUG-Vorsitzende Manfred Oster und Universitätspräsident Professor Weber acht Promotionspreise (à 1500 Euro) an hervorragende Nachwuchsforschende aus allen Fakultäten. Der Festakt wurde von einem Ensemble des Universitätsorchesters musikalisch begleitet. Anlässlich des Jahrestags fand zudem ein Alumnitreffen von Studierenden und Lehrenden der ersten Stunde an der Universität statt.
Die Promotionspreisträgerinnen und –träger im Überblick
• Dr. rer. nat. Alexandra Capodeanu-Nägler hat am Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik zum Familienleben der Totengräber-Käfer geforscht und die Abhängigkeit der Nachkommen von ihren Eltern anhand von zwölf Totengräberarten verglichen.
• Ebenfalls zum Dr. rer. nat promovierte Jan Friedrich Haase am Institut für Theoretische Physik. Der junge Forscher beschäftigt sich in seiner Doktorarbeit mit der Steuerung von Quantensensoren und bestimmt die maximale Präzision, mit der sie sich auslesen lassen.
• Schon lange ist bekannt, dass der Tod einer nahe stehenden Person das Sterberisiko bei Hinterbliebenen erhöht – oft durch einen Herzinfarkt. In seiner ausgezeichneten Dissertation untersucht Dr. med. Sebastian Karl, ob die Einnahme von niedrig dosiertem Aspirin diesem Risiko entgegenwirken kann. Die Arbeit ist an der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie entstanden.
• Biologische und psychologische Spuren, die Traumata aus der Kindheit hinterlassen, untersucht hingegen Dr. rer. nat. Alexandra König. Im Zentrum ihrer am Institut für Psychologie und Pädagogik, Abteilung Klinische und Biologische Psychologie, entstandenen Dissertation stehen die Folgen von Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung sowie deren intergenerationale Weitergabe durch Mütter an ihre Neugeborenen.
• Schwere körperliche Verletzungen stehen hingegen im Mittelpunkt der Arbeit von Dr. med. David Messerer. Oft versagen Teile des Immunsystems nach solchen traumatischen Ereignissen. Am Institut für Klinische und Experimentelle Trauma-Immunologie hat Messerer nun eine Methode zur Untersuchung des zellulären Membranpotenzials entwickelt und damit nachgewiesen, dass Immunzellen nach Trauma nicht wie gewohnt mit Veränderungen des Membranpotenzials auf Warnsignale des Körpers reagieren.
• Dr.-Ing. Sven Puchinger hat sich am Institut für Nachrichtentechnik mit Methoden der Fehlerkorrektur bei der Informationsübertragung beschäftigt – etwa im Mobilfunk oder in der Satellitenkommunikation. Ergebnis seiner Arbeit im Bereich algebraische Kanalcodierung sind optimierte Verfahren zur Korrektur von bestimmten Übertragungsfehlern sowie neue Codeklassen – möglicherweise für künftige Kryptosysteme.
• An der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie forscht Dr. biol. hum. Cedric Sachser zur Diagnostik und Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Im Zuge seiner Doktorarbeit entwickelte er unter anderem auf Kinder und Jugendliche abgestimmte Instrumente zur Erfassung traumatischer Ereignisse und der PTBS.
• Das Spektrum komplettiert Dr. rer. pol. Martin Schönberger, der am Institut für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung promoviert hat. Der Promotionspreisträger beschäftigte sich mit dem Markt der gesetzlichen Abschlussprüfung bei nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen. Inwiefern beeinflussen weitere Tätigkeiten des Abschlussprüfers und die Größe des Dienstleisters Prüfungshonorar sowie -qualität? war eine zentrale Frage seiner Arbeit.
Text und Medienkontakt: Annika Bingmann