Quantenwissenschaft und -technologie

Quantencomputer, abhörsicherer Datentransfer oder hochsensible Sensoren: Für viele technische Systeme der Zukunft sind quantenmechanische Eigenschaften wie Überlagerungsprozesse und Verschränkung grundlegend.

Im interdisziplinären Schwerpunkt Quanteninformation und -technologie erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Ulm quantenphysikalische Phänomene. Übergeordnetes Ziel ist die vollständige Kontrolle von Quantensystemen.

Innovationsoffensive für schnelle Anwendung

Um die Forschung auf dem Gebiet der Quantentechnologie schneller in die Anwendung zu bringen, hat das Land Baden-Württemberg im Frühjahr 2023 die Innovationsoffensive QuantumBW gestartet. Unter der Dachstruktur werden alle Forschungsaktivitäten und Initiativen im Land gebündelt. Mit ihrer Pionierforschung in der Quantenwissenschaft spielt die Uni Ulm dabei eine zentrale Rolle. Von 2023 bis 2027 stellt das Land insgesamt 31,1 Millionen Euro für QuantumBW zur Verfügung.

Im Zentrum Integrated Quantum Science and Technology (IQST), einem deutschlandweit einmaligen Zusammenschluss dieser Art, sind die Forschungsaktivitäten bereits seit 2014 gebündelt. Dabei überschreiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Ulm und Stuttgart immer öfter die Grenzen der Physik: In Forschungsvorhaben von IQST arbeiten beispielsweise Expertinnen und Experten aus Physik, Chemie, Mathematik sowie Ingenieurwissenschaften eng zusammen, um Forschungsergebnisse in technische Anwendungen zu überführen.

Durch die Kombination verschiedener quantenmechanischer Systeme werden deren Stärken zusammengefasst und zum Beispiel für die sichere Informationsübertragung („Quantenkryptographie“) oder den Quantencomputer nutzbar. Neuartige Sensoren, die in Zellen eingebracht werden können, sind ein wichtiges Ziel der Ulmer Quantenforschung. Dabei setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Manipulation einzelner Atome in Diamanten. Maßgeblich beteiligt ist Professor Fedor Jelezko vom Institut für Quantenoptik, einer der weltweit führenden Experten für die Kontrolle der kleinsten Teilchen in Festkörpern.

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Ulmer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erkunden neues Forschungsfeld

An der Universität Ulm ist in diesem Bereich sogar ein neues Forschungsfeld entstanden, das von der Gruppe „Quantum Devices and Biology (BioQ)“ beforscht wird: die Quanten-Biowissenschaft. Forscherinnen und Forscher wollen Quanteneffekte in biologischen Systemen verstehen. Dafür entwickeln sie Sensor- und Bildgebungstechniken, die Strukturen und Funktionen einzelner Biomoleküle unter physiologischen Bedingungen sichtbar machen – in atomarer Auflösung und bis in den Quantenbereich. Neben der biomedizinischen Forschung und Diagnostik könnten die Pharmaindustrie und die Photovoltaik-Branche profitieren. Weiterhin wollen die Forschenden so unterschiedliche Phänomene wie den menschlichen Geruchssinn, die Photosynthese und den Vogelflug erklären.

Im Jahr 2019 wurden die Ulmer Professoren Martin Plenio, Fedor Jelezko und Jan-Hendrik Ardenkaer-Larsen von der Technischen Universität Dänemark mit einem zweiten Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council/ERC) in Höhe von 9,4 Millionen Euro für sechs Jahre ausgezeichnet. In ihrem Projekt HyperQ geht es um die Verbesserung der Magnetresonanztomographie. Den ersten Synergy Grant in Höhe von 10,3 Millionen Euro hatten die Plenio, Jelezko sowie die Chemikerin Professorin Tanja Weil (inzwischen Direktorin MPI Polymerforschung) Ende 2012 erhalten.

Die Gruppe hat zudem das EU-Projekt HYPERDIAMOND (insgesamt 5 Millionen Euro) eingeworben: Mit Quantentechnologie und hyperpolarisierten Diamanten wollen die Wissenschaftler die Magnetresonanztomographie verbessern. Während Professor Plenio die theoretischen Grundlagen in einem Reinhart Koselleck-Projekt legt, erfolgt der Transfer in die biomedizinische Anwendung über das eigens gegründete Start-up NVision.

Inzwischen forscht die Gruppe BioQ mit mehr als 100 weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen unter einem Dach. An der Universität Ulm ist ein „Zentrum für Quanten-Biowissenschaften“ (ZQB) entstanden, das mit hochtechnologisierten und wohl einzigartigen Laboren exakt auf die Bedürfnisse der Forschenden abgestimmt ist. Außerdem gibt ein Supermikroskop ungeahnte Einblicke in die Quantenwelt: Seit Ende 2017 steht den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern das weltweit einmalige Niederspannungs-Transmissionselektronenmikroskop mit zweifacher Bildfehlerkorrektur SALVE zur Verfügung.

Nanodiamant
MIt künstlichen Nanodiamanten lassen sich Sensoren und etwa bildgebende Verfahren verbessern
Forschergruppe HYPERDIAMOND
Im Projekt HYPERDIAMOND wird die Gruppe BioQ, bestehend aus Prof. Fedor Jelezko, Prof. Martin Plenio und Prof. Tanja Weil (1., 2., 4. v. l.), vom Experten für Medizinische Physik, Prof. Volker Rasche (2. v. r.), unterstützt

Quantentechnologien für die Raumfahrt

Eine ideale Ergänzung zur Forschung im IQST sind die Aktivitäten im noch jungen Institut für Quantentechnologien (DLR-QT), das das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Standort Ulm eingerichtet hat. Das Ziel des DLR-QT ist es, Präzisionsinstrumente der nächsten Generation zu entwickeln, die unter anderem für die Navigation und Kommunikation sowie für die Erd- und Wetterbeobachtung im Weltraum eingesetzt werden können.

Auch den Menschen auf der Erde kann die Quantentechnologie bei der satellitengestützten Navigation helfen. Denn hochgenaue Quanten-Uhren sind viel leistungsfähiger als herkömmliche Atomuhren und ermöglichen viel genauere Positionsbestimmungen für GPS-Systeme. Ein weiterer vielversprechender Bereich ist die Quantenkommunikation, in der mittels Quantenkryptographie neuartige Verschlüsselungstechniken entwickelt werden sollen. Diese sind herkömmlichen, mathematisch basierten Algorithmen zur Verschlüsselung von Nachrichten weit überlegen.

In enger Kooperation mit der Industrie und angesiedelt in Baden-Württemberg, einem der führenden Standorte in der Luft- und Raumfahrtindustrie, schlägt das DLR-QT eine Brücke von der Grundlagenforschung zur Anwendung. Rund 11 Millionen Euro stehen dem Institut dafür jährlich zur Verfügung.

Galileo-Navigationssatellit in der Umlaufbahn