Wie sieht die Arztpraxis der Zukunft aus? Summer School zur Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum

Universität Ulm

Wie kann die ärztliche Versorgung im Kinzigtal zukünftig aussehen? Mit dieser Frage beschäftigen sich aktuell 18 Medizinstudierende aus ganz Deutschland im Rahmen der Summer School Allgemeinmedizin 2022 der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Unter der Leitung des Instituts für Allgemeinmedizin an der Universität Ulm erleben die Studierenden eine Woche lang fernab von Vorlesung und Prüfungsstress Medizin hautnah.

Seit Montagmittag entdecken, diskutieren und entwickeln sie in den Seminarräumen der Gesundes Kinzigtal GmbH in Hausach neue medizinische Versorgungsideen, angelehnt das international bekannte Leuchtturmprojekt der integrierten Versorgung „Gesundes Kinzigtal“. Eben dieses Netzwerk-Konzept stellten Dr. Dörte Tillack, Vorsitzende und Martin Wetzel, Gründungsmitglied des Ärztenetzwerks MQNK e.V., vor. Deutlich wurden die Vorteile einer medizinischen Versorgung, die durch Hausärztinnen und Hausärzte koordiniert wird und die neben der leitlinienorientierten Behandlung von Erkrankungen auch durch eine gute Mischung aus Vorsorgeangeboten, Gesundheitsvorträgen und Aktivierungsangeboten zur Gesunderhaltung der gesamten Bevölkerung im Kinzigtal beiträgt.

„Wirklich sehr spannende Eindrücke, wie Gesundheitsversorgung hier stattfindet“, stellt Jonas Cittadino fest. Der 27-jährige Medizinstudent aus Berlin ist beeindruckt von der engen Zusammenarbeit der Gesundheitsakteure im Netzwerk und findet: „Man merkt die Verbundenheit hier. Ich könnte mir vorstellen, später auch im ländlichen Raum zu arbeiten. Vor allem, sobald es neben dem Beruf auch um das Thema Familiengründung geht.“

Wie eng verbunden Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte sowie Unternehmen in der Region sind, konnten die Studierenden Mittwochvormittag bei einem Werksbesuch im Hauptsitz des Sanitärkeramik-Herstellers Duravit unmittelbar erleben. Was kann ein Unternehmen für die Gesundheit seiner Mitarbeitenden tun? Welche Beschwerden tauchen an welchen Arbeitsplätzen auf? Und wie kann der Betriebsarzt hier Hilfestellung leisten? Diese Fragen diskutierte die Gruppe mit Ingo Henes, Personalleiter und Christian Gilles, Werksleiter der Firma Duravit AG. „Ich habe Allgemeinmedizin hier aus einer ganz anderen Perspektive kennengelernt“, so Ahmed El-Khatib aus Berlin, 21 Jahre.

Zurück in Hausach ging es danach ebenfalls um verschiedene Perspektiven auf die integrierte Versorgung im Kinzigtal. „Hierzu haben wir die Bürgermeister der Gemeinden Hausach, Gutach und Hornberg, eine Vertreterin der Geschäftsleitung der AOK Südlicher Oberrhein und Vertreter des Patientenbeirates eingeladen“, erklärt Prof. Anne Barzel, Organisatorin der Summer School 2022 und Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Ulm. „Ziel ist es, in dieser interaktiven World Café Diskussionsrunde den Blickwinkel der unterschiedlichen Interessensgruppen kennen und verstehen zu lernen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln.“ Eine Methode, die ankommt. „Wir wollen Ärztenachwuchs für das Kinzigtal begeistern“ so Dr. Christoph Löschmann, Geschäftsführer des Gesundes Kinzigtal GmbH. Auch er hat am World Café teilgenommen und findet: „Durch die Summer School können wir unser Modellprojekt den Studierenden nahebringen.“

Appetit machen auf Netzwerkarbeit, Zusammenarbeit mitten im Geschehen, das ist auch das Veranstaltungsziel von Anne Barzel. „Wir arbeiten mit den Studierenden gemeinsam vor Ort intensiv. Und das funktioniert. Die Studierenden gehen aus sich raus, sind interessiert. Es entsteht etwas.“ Besuche in Arztpraxen des Kinzigtals, eine von den Studierenden selbst organisierte Wanderung und gemeinsame Abende gehören dabei ebenso zum Programm der Summer School 2022. Ganz konkret wollen die Studierenden in dieser Woche Visionen erarbeiten, wie Arztpraxen der Zukunft im ländlichen Raum aussehen könnten. Die Ergebnisse werden Donnerstagnachmittag in der Stadthalle Hausach präsentiert.

Die Summer School der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) wird jedes Jahr an einem anderen Hochschulstandort mit weiteren Partnern durchgeführt, um Studierenden die Gelegenheit zu geben, sich in Workshops, praktischen Übungen und Diskussionsrunden in ihr Fach zu vertiefen.

 

Die Gesundes Kinzigtal GmbH ist eine Gemeinschaftsgründung des Medizinischen Qualitätsnetzes – Ärzteinitiative Kinzigtal e.V. (MQNK) und der auf Integrierte Versorgung spezialisierten Management- und Beteiligungsgesellschaft OptiMedis AG. Sie koordiniert und steuert die medizinische Gesamtversorgung für alle 32.000 AOK-Versicherten der Region Kinzigtal, für alle medizinischen Diagnosen und über alle Leistungserbringer hinweg – auch außerhalb der Region. Grundlage ist ein Vertrag zur Integrierten Versorgung.

Die Deutsche Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) unterstützt den allgemeinmedizinischen Nachwuchs sowie die allgemeinmedizinische Forschung. Mit ihren Förderprogrammen Nachwuchsakademie und Summer School möchte die Stiftung mehr Medizinstudierende für den Hausarztberuf begeistern. Die Stiftung wurde 1973 von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), der wissenschaftlichen Fachgesellschaft der Hausärzteschaft, gegründet.

 

Text: Nina Möllerring und Janina Stunder
Pressekontakt: Patrick Merck, Gesundes Kinzigtal GmbH / Anke Schmid, Deutsche Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Teilnehmende der Summer School Allgemeinmedizin 2022 im Kinzigtal (Foto: privat)