Quantentechnologien für die Raumfahrt
Neues DLR-Institut in Ulm

Universität Ulm

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) richtet am Standort Ulm ein Institut zum Thema Quantentechnologien in Raumfahrtanwendungen (DLR-QT) ein. Das Ziel des DLR-QT: die Entwicklung von Präzisionsinstrumenten der nächsten Generation, die unter anderem für die Navigation und Kommunikation sowie für die Erd- und Wetterbeobachtung im Weltraum eingesetzt werden können. In enger Kooperation mit der Industrie soll das DLR-QT eine Brücke von der Grundlagenforschung in die Anwendung schlagen. Rund 11 Millionen Euro stehen dem Institut dafür jährlich zur Verfügung. Davon tragen 90 Prozent der Bund und 10 Prozent das Land Baden-Württemberg.

 Bekanntgegeben wurde die Entscheidung nach der Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, der Ende letzter Woche die Gelder für die Einrichtung sieben neuer DLR-Institute bewilligt hat. Vorbehaltlich der Entscheidung des Deutschen Bundestages wurden insgesamt 63,4 Millionen Euro für neue DLR-Einrichtungen in Ulm, Hannover, Oberpfaffenhofen, Cottbus und Görlitz, Neustrelitz, Cochstedt sowie im Rhein-Sieg-Kreis freigegeben.

 "Die Ansiedlung dieses außeruniversitären Forschungsinstituts auf dem Campus der Universität Ulm zeigt, dass wir national und international eine herausragende Rolle in der Quantentechnologie spielen", so Professor Michael Weber, Präsident der Universität Ulm. Das DLR-Institut für Quantentechnologien in Raumfahrtanwendungen, das in Uni-Nähe angesiedelt werden soll, umfasst vier Abteilungen: Dazu gehören die Bereiche Quantenmetrologie, Quantensensorik und Materiewellenoptik, Miniaturisierte optische Uhren und Quanteninformationstechnik. Das Quantenengineering und die Theoretische Quantenphysik sollen dabei als Querschnittsfunktion zum Tragen kommen.

Für die Raumfahrt braucht es hochpräzise Messinstrumente

Und wozu das Ganze? "Die Raumfahrt ist eine hochkomplexe Angelegenheit, die Hochleistungstechnologien braucht, ob für die Erd- oder Wetterbeobachtung, die Kommunikation oder Navigation. Der Bedarf an Instrumenten mit immer höherer Auflösung ist enorm - beispielsweise in der Orts-, Zeit- und Beschleunigungsmessung auf und zwischen Satelliten. Dabei helfen uns die Quantentechnologien", erklärt Professor Wolfgang Schleich. Der Leiter des Instituts für Quantenphysik der Universität Ulm gehört mit Professor Hansjörg Dittus, Mitglied des DLR-Vorstands, zu den Initiatoren des neuen Instituts in Ulm.

 Doch nicht nur die Weltraumforschung soll von der Arbeit des DLR-QT profitieren, sondern auch die Menschen auf der Erde: zum Beispiel bei der satellitengestützten Navigation oder Erdbeobachtung. Hochgenaue Quanten-Uhren beispielsweise sind viel leistungsfähiger als herkömmliche Atomuhren und ermöglichen viel genauere Positionsbestimmungen für GPS-Systeme. Solche neuen Messtechnologien bauen auf sogenannten Quantentechnologien der "zweiten Generation". Dazu gehört beispielsweise die Nutzung hochsensitiver Interferometer auf der Grundlage von Bose-Einstein-Kondensaten (BEK). Ein weiterer Bereich für einen vielversprechenden Sprung von der Grundlagenforschung in die Anwendung ist die Quantenkommunikation. Hier soll die Quantenkryptographie für neuartige Verschlüsselungstechniken eingesetzt werden, die den herkömmlichen, mathematisch basierten Algorithmen zur Verschlüsselung von Nachrichten weit überlegen ist.

Ein großer Zugewinn für die Wissenschaftsstadt und die Innovationsregion Ulm

 Für die Universität, die Wissenschaftsstadt und die Innovationsregion Ulm ist das neue DLR-Institut ein beträchtlicher Zugewinn. Profitieren wird auch das Land Baden-Württemberg, das schon jetzt zu den führenden Standorten in der Luft- und Raumfahrt gehört. Die hier ansässige Raumfahrtindustrie und die damit assoziierten Firmen haben dieses Projekt daher ausdrücklich unterstützt. Dazu gehören Unternehmen wie Airbus, Bosch, die Hahn-Schickard-Gesellschaft, Hensoldt, SpaceTech, Tesat-Spacecom und Zeiss. "Wir freuen uns, dass die Forschungslandschaft in unserer Region durch dieses Institut bereichert wird. Die Attraktivität unserer Region als Hightech-Standort wird erhöht. Wir hoffen damit noch mehr talentierte und ehrgeizige Naturwissenschaftler für unsere Region gewinnen zu können", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle. Die IHK Ulm hatte das Vorhaben der Universität von Anbeginn unterstützt.

Quantentechnologien der "Zweiten Generation" in die Anwendungsreife bringen

 Das DLR-QT wird dabei helfen, quantentechnologische Grundlagenforschung in die Protoypenreife und industrielle Anwendung zu bringen. Es ergänzt damit perfekt die Forschungsaktivitäten des "Centers for Integrated Quantum Science and Technologie" (IQST). Das multidisziplinär aufgestellte Institut hat ebenfalls den Auftrag, Quantentechnologien der "zweiten Generation" in die Anwendungsreife zu bringen, beispielsweise auf dem Gebiet der quantenoptischen Hochleistungsbildgebung. Betrieben wird das IQST - mit Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) - von den Universitäten Ulm und Stuttgart gemeinsam mit dem Max-Planck Institut für Festkörperforschung in Stuttgart.

 "Dass wir nun noch einen DLR-Standort gewinnen konnten, ist für uns ein herausragendes Ereignis. Darüber freuen wir uns sehr. Mein besonderer Dank geht an die Initiatoren des Projektes, Professor Wolfgang Schleich und Professor Hansjörg Dittus, sowie an die Unterstützer aus der Politik, insbesondere MdB Ronja Kemmer", sagt Universitätspräsident Weber.

 Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann

Die Pressemitteilung des DLR finden Sie hier!

 

Einen allgemeinverständlichen Vortrag zu diesem Thema hält Professor Wolfgang Schleich im Rahmen der UUG-Vorträge am Samstag, 24. November (11 Uhr) im Studio der Sparkasse Ulm in der Neuen Mitte. Das Thema seines Vortrages lautet: "Quantentechnologien in Weltraumanwendungen". Der Eintritt ist frei! Weitere Informationen im Netz gibt es hier! 

Satellitenaufnahme der Erde, künstlerisch bearbeitet (Quelle: ESA)
Galileo-Testsatellit; der Galileo In-Orbit Validation (IOV)-Testsatellit, künstlerische Darstellung (Quelle: ESA)
Erreichen der Umlaufbahn; die zwei Galileo-Navigationssatelliten sind fast am Ziel: Etwa vier Stunden nach dem Start erreichen sie ihre Umlaufbahn in 23.222 Kilometern Höhe. Dazu werden die In-Orbit Validation-Satelliten gleichzeitig von der Fregat-Trägereinheit getrennt (Quelle: ESA)
Prof. Wolfgang Schleich (Foto: Elvira Eberhardt / Uni Ulm)