„Bat Island“ – Ein Buch und seine Geschichte
Ein opulenter Fotoband über die geheimnisvolle Welt tropischer Fledermäuse

Universität Ulm

Sie war eine Biologin mit einer ökologischen Mission: Professorin Elisabeth Kalko. Die renommierte Ulmer Wissenschaftlerin konnte nicht nur die Fachwelt für die Vielfalt tropischer Fledermäuse begeistern. Vor Jahren plante sie gemeinsam mit dem Biologen und Naturfotografen Christian Ziegler ein Fotobuch über ihre wissenschaftliche Arbeit auf der Insel Barro Colorado. Doch daraus wurde nichts. Denn im September 2011 verstarb die Wissenschaftlerin überraschend bei einem Forschungsaufenthalt in Tansania – im Alter von 49 Jahren. Zwölf Jahre später ist „Bat Island“ nun trotzdem erschienen: Vier Forscherinnen und Forscher, die mit Kalko befreundet waren, haben gemeinsam mit dem Fotografen die Idee aufgegriffen und das Projekt vollendet. So entstand – im Andenken an Kalko – ein reich bebildertes Buch, das einzigartige Einblicke gibt in die geheimnisvolle Welt tropischer Fledermäuse.

Viele Menschen gruseln oder ekeln sich vor Fledermäusen. Sie haben keinen guten Ruf, gelten als Krankheitsüberträger und Blutsauger. Doch Elisabeth Kalko, Professorin an der Universität Ulm, die dort von 1999 bis 2011 das Institut für Experimentelle Ökologie leitete, war bis zu ihrem Tod fasziniert von diesen fliegenden Säugetieren. Fledermäuse sind nicht nur äußerst artenreich, sondern in Morphologie und Verhalten auch sehr unterschiedlich. Es gibt in den Tropen Arten, die Insekten fressen oder Früchte, die Mäuse jagen oder Fische und ja, auch einige wenige, die Blut saugen. Und es gibt Fledermäuse, die Nektar trinken und dabei Pflanzen bestäuben.

Das Buch „Bat Island - A Rare Journey into the Hidden World of Tropical Bats”, herausgegeben vom Smithsonian Tropical Research Institute, liefert 150 einzigartige fotografische Zeugnisse der Anpassungsfähigkeit und Formenvielfalt tropischer Fledermausarten, von denen es allein auf Barro Colorado Island über 70 gibt. Christian Ziegler, der heute auch als Naturfotograf beim Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz arbeitet, hat in den vielen Jahren seiner fotografischen Arbeit mit wildlebenden Tieren seine Aufnahmetechnik perfektioniert. Im Buch finden sich Fotos von Fledermäusen, die Fische jagen, Frösche fangen oder Früchte fressen, darunter Serienaufnahmen, für die Stroboskopblitze kombiniert wurden. Die Bilder sind von atemberaubender Schönheit und großem wissenschaftlichen Wert. Alle Bilder entstanden auf Barro Colorado Island, einer Insel im Panamakanal, die vom Smithsonian Tropical Research Institut (STRI) verwaltet wird. Mit diesem Institut war auch Elisabeth Kalko wissenschaftlich assoziiert.

Die Ulmer Wissenschaftlerin hatte bei ihren Panama-Reisen immer eine Vielzahl an jungen Biologinnen und Biologen im Schlepptau, die sie für die Fledermausforschung in den Tropen begeistern konnte und damit nicht nur dem Forschungsfeld, sondern auch der Forschungsstation enormen Auftrieb verlieh. Elisabeth Kalkos spezielles Interesse galt der Echoortung und den Sinnesorganen der Fledermäuse. Sie war eine der ersten Wissenschaftlerinnen im Feld, die entsprechende Untersuchungstechniken etablierte und in zahlreichen Veröffentlichungen die essentielle Rolle der Echoortung für die ökologische Einnischung der Tiere beschrieb.

Das in englischer Sprache veröffentlichte Fotobuch, das seit Ende November im Buchhandel erhältlich ist, veranschaulicht die biologische Vielfalt tropischer Fledermäuse eindrucksvoll und bildreich. Die Einleitung und die 13 Kapitel sind allgemeinverständlich formuliert und begeistern auch Laien für diese besonderen Tiere. Alle vier Autorinnen und Autoren haben langjährige Beziehungen zum Smithsonian Tropical Research Institute. Dazu gehören Dr. Rachel Page (STRI), PD Dr. Dina Dechmann (Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie), Dr. Teague O´Mara (Bat Conservation International) und Professor Marco Tschapka (Universität Ulm). Der Ulmer Biologe forscht am Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik, dem Nachfolgeinstitut von Kalkos Institut für Experimentelle Ökologie.

„Unser Buch bietet nicht nur eine allgemeinverständliche Einführung in die Biologie tropischer Fledermäuse, in ihre Ernährung und Sinneswelt, sondern zeigt auch die wissenschaftliche Arbeit dahinter. Außerdem wollen wir dafür sensibilisieren, wie bedroht die Welt dieser einzigartigen Tiere und ihre tropische Umgebung sind“, erklärt Tschapka. „Dass das Buch, das im Andenken an Elisabeth Kalko geschrieben wurde, noch vor Weihnachten erscheinen konnte, ist ein Glücksfall. Wir hoffen natürlich, dass ihre geliebten tropischen Fledermäuse unter dem Tannenbaum viele neue Freunde finden“, so der Ulmer Ökologe. Der Gewinn, der durch den Verkauf von „Bat Island“ erzielt wird, kommt dem Elisabeth Kalko-Fonds zugute, der junge Fledermausforscherinnen und -forscher unterstützt.

Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann

Publikationshinweis:
„Bat Island - A Rare Journey into the Hidden World of Tropical Bats”, Smithsonian Tropical Research Institute, mit Fotos von Christian Ziegler und Texten von Rachel Page, Dina Dechmann, Teague O´Mara & Marco Tschapka; englische Ausgabe, ISBN 979-8887620398

Verrückt nach Feigen: Viele tropischen Fledermausarten verzehren gerne Früchte (Foto: Christian Ziegler)
Die meisten Fledermäuse leben in sozialen Verbänden und haben nichts gegen Körperkontakt. Das Foto zeigt Weißkehl-Rundohrblattnasen (Lophostoma silvicolum) beim Kuscheln (Foto: Christian Ziegler)
Die Langbeinfledermaus (Macrophyllum macrophyllum) ist spezialisiert auf die Jagd von Insekten an der Wasseroberfläche (Foto: Christian Ziegler)
Die Stroboskopblitzaufnahme zeigt ein Großes Hasenmaul (Noctilio leporinus) bei der Jagd auf kleine Fische (Foto: Christian Ziegler)
Die Ulmer Fledermaus-Forscherin Prof. Elisabeth Kalko bei einem Forschungsaufenthalt in Costa Rica (Foto: Marco Tschapka)