Anschubfinanzierungen für Nachwuchsforschende, Lehrforschungspreis und Lehrboni: In der Villa Eberhardt sind Preis- und Fördergelder in Höhe von 233 500 Euro verliehen worden. Die neun ausgezeichneten Uni-Mitglieder haben exzellente Leistungen in Forschung und Lehre erbracht. Außerdem wurden 16 Zertifikate Hochschuldidaktik übergeben.
Preismarathon in der Villa Eberhardt: Bei einer Feier am Donnerstagvormittag sind verschiedene Auszeichnungen der Universität Ulm für herausragende Leistungen in Forschung und Lehre vergeben worden.
Den Anfang machten so genannte Anschubfinanzierungen für exzellente Forschende, die am Beginn ihrer Karriere stehen. Mit einer Förderung von bis zu 100 000 Euro über zwei Jahre können die Empfängerinnen und Empfänger ein ausgewähltes Projekt und somit ihre wissenschaftliche Karriere vorantreiben. „Ebenso wichtig wie die Forschung selbst ist die Projektorganisation: Die Ausgezeichneten lernen Zeit- und Personalmanagement und nicht zuletzt Präsentationstechniken wie sie im Zuge des Nachwuchs Science Days vermittelt wurden“, erläuterte Professor Dieter Rautenbach, Vizepräsident für Karriere der Universität Ulm.
Fördergelder schieben wissenschaftliche Karrieren an
Die ersten beiden Anschubfinanzierungen gingen an die Postdoktoranden Dr. Matthias Neumann vom Institut für Stochastik und Dr. Benjamin Erb, Institut für Verteilte Systeme.
Matthias Neumann trägt mit seiner Forschung zur Digitalisierung der Materialwissenschaften bei. Für das „virtuelle Materialtesten“ kombiniert er stochastische 3D-Mikrostrukturmodellierug mit numerischer Simulation. Mithilfe der Anschubfinanzierung über 80 000 Euro will Neumann so genannte Graphen-basierte Mikrostrukturmodelle weiterentwickeln. Dieser virtuelle Ansatz soll experimentell arbeitenden Gruppen bei der Entwicklung neuer Materialien unterstützen. Ein Anwendungsgebiet ist die Batterieforschung.
Dr. Benjamin Erb arbeitet hingegen an einer neuartigen digitalen Forschungsplattform, die besondere Anforderungen an Datenschutz und Privacy erfüllt. Mit der Anschubfinanzierung über 63 000 Euro wird Erb sein Projekt PePER (A Privacy Enhanced Platform for Empirical Research) vorantreiben und er hofft, weitere Fördermittel einzuwerben. PePER soll die Durchführung präregistrierter Studien gemäß eines zuvor definierten Studiendesigns forcieren; gleichzeitig werden die erhobenen Daten durch technische Schutzmechanismen abgesichert. Die Plattform ist somit interessant für Studien in empirischen Disziplinen wie der Psychologie – vor allem wenn hochsensible und persönliche Daten erhoben, gespeichert und ausgewertet werden müssen.
Zwei weitere Ausgezeichnete hatten ihre wissenschaftliche Exzellenz und ihr Präsentationstalent bereits beim ersten Nachwuchs Science Day der Uni bewiesen. Im Oktober 2021 setzten sich Dr. Silke Werle und Dr.-Ing. Jens Friedland mit Forschungsanträgen und einem Live-Pitch gegen die Konkurrenz durch. In der Villa Eberhardt wurden die erstplatzierte Biochemikerin und der Chemieingenieur noch einmal gewürdigt.
Silke Werle forscht als Postdoktorandin am Institut für Medizinische Systembiologie. Die Anschubfinanzierung (50 000 Euro) fließt in ihr Forschungsprojekt zu neuroendokrinen Pankreastumoren. Mithilfe mathematischer Modelle will Werle die Krebsentstehung nachvollziehen und so Biomarker und therapeutische Ansatzpunkte identifizieren. Dieses computergestützte Vorgehen verspricht eine schnellere Translation bis ans Krankenbett. Jens Friedland arbeitet am Institut für Chemieingenieurwesen auf seine Habilitation hin. Die Anschubfinanzierung über 30 000 Euro benötigt er für ein Projekt zur Funktionalisierung von chemischen Rohstoffen mit Sauerstoff. Solche Reaktionen erfordern hohe Sicherheitsvorkehrungen, denn viele chemische Rohstoffe bilden explosive Mischungen mit Sauerstoff. Daher nutzt Friedland einen speziellen Rohr-in-Rohr-Reaktor, den er im Zuge des Projekts evaluiert und weiterentwickelt. Ziel ist die gefahrlose Durchführung von Oxidationsreaktionen beim Einsatz brennbarer oder flüchtiger Lösungsmittel.
Den Bogen zwischen Forschung und Lehre schlägt der Lehrforschungspreis (2500 Euro) der Medizinischen Fakultät. Diesjähriger Preisträger ist Dr. Achim Schneider, akademischer Beschäftigter im Studiendekanat. In seiner ausgezeichneten Publikation beschäftigt sich Schneider mit dem beliebten Lehrformat „Inverted classroom“ in der Biochemie. Im Journal „Medical Teacher“ zeigt er, dass Studierende, die sich in der Selbstlernphase mithilfe von aktiven Abrufübungen vorbereiten, bessere Gedächtnisleistungen erbringen als Kommilitonen, die auf das wiederholte Lesen von Lernstoff setzen.
Lehrboni für Profis und Newcomer
Insbesondere die Pandemie-Semester haben gezeigt, wie wichtig gute Lehre ist. Professorin Olga Pollatos, Vizepräsidentin für Lehre, vergab am Donnerstagvormittag vier Lehrboni à 2000 Euro. Die Preisträger waren von den jeweiligen Dekanaten und Studienkommissionen nominiert worden. „Es ist mir eine besondere Ehre, heute Lehrende auszuzeichnen, die mit großem Engagement und guten Ideen in der schwierigen Coronazeit mit innovativen Lehrkonzepten überzeugt haben“, so die Vizepräsidentin.
Aus der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften erhielt Professor Stefan Funken einen Lehrbonus. Laut Fachbereichsvertretung Mathematik habe er Inhalte der Module Numerische lineare Algebra und Numerische Analysis für die Online-Lehre verständlich und ansprechend aufbereitet. Dabei setzte der Mathematiker auf professionelle Videos, aber auch auf persönliche Kontakte zu Studierenden – etwa bei Fragestunden.
Auch Professor Mindaugas Andrulis, der Lehrbonus-Empfänger aus der Medizinischen Fakultät, löste die Herausforderungen der Online-Lehre mit Bravour. Der Pathologie-Kurs lebt eigentlich vom selbstständigen Mikroskopieren verschiedener Präparate. Da dies pandemiebedingt nicht in Präsenz möglich war, erdachte Andrulis für seine Lektionen ein Online-Format zwischen Theorie und Praxis. Gemäß einer Videoanleitung mikroskopierten die Studierenden Präparate mithilfe eines Online-Tools. Fakultativ konnten sie zudem die Rolle einer Pathologin oder eines Pathologen einnehmen und Präparate verschiedenen Krankheitsbildern oder Zelltypen zuordnen.
Die letzten beiden Lehrboni gingen an einen altbekannten Lehr-Profi und an einen Newcomer. Für Professor Maurits Ortmanns, bis vor kurzem Dekan der Fakultät für Ingenieurwissenschaften, Informatik und Psychologie, ist es der dritte Lehrbonus. Laut der Fachbereichsvertretungen Elektrotechnik und Informationssystemtechnik hat Ortmanns sein Niveau seit der letzten Auszeichnung gehalten oder sogar gesteigert. Er stelle stets Querverbindungen zu aktuellen Technikthemen her und habe ein offenes Ohr für die Interessen Studierender.
Doktorand Lucian Kaack hat naturgemäß weniger Lehrerfahrung, doch auch er erbrachte während der Pandemie eine unglaubliche Leistung. Beinahe von heute auf morgen musste der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Systematische Botanik und Ökologie die Organisation und Durchführung der botanischen Lehre übernehmen – darunter Veranstaltungen wie die Floristischen Geländeübungen oder „Tropical Ecology“. Grund war der Verlust von zwei erfahrenen Lehrkräften. Lucian Kaack meisterte diese Herausforderung mit Enthusiasmus und innovativen Online-Formaten. Nun wurde er mit dem Lehrbonus der Fakultät für Naturwissenschaften belohnt.
16 Hochschuldidaktik-Zertifikate
Zum Ausklang verliehen Vizepräsidentin Professorin Olga Pollatos und Dr. Cornelia Estner, Leiterin der Hochschuldidaktik an der Universität Ulm, 16 Hochschuldidaktik-Zertifikate. Die Empfängerinnen und Empfänger haben in den vergangenen Monaten vertiefte Einblicke in Methoden und Konzepte der Hochschullehre genommen. Während der Pandemie gestalteten viele von ihnen Lehrveranstaltungen mit ihrem neuen Wissen um.
Text und Medienkontakt: Annika Bingmann