Die beiden ersten reaktionstreibenden Kräfte, die
Enthalpie und die
Entropie
sagen schon viel über die Richtung einer
Reaktion aus. Bezogen auf die Entropie stellt sich allerdings ein Problem, denn man muss in einem
geschlossenen System
nicht nur die Entropieänderung innerhalb des Systems, sondern auch die der Umgebung berücksichtigen. Es wäre weitaus
einfacher, wenn man allein mit den Veränderungen in dem System Aussagen über die Richtung der Reaktion machen könnte.
Hierfür wird eine neue Größe definiert, die freie Enthalpie G. Sie ist eine Verknüpfung der Größen Enthalpie, Entropie
und
absolute Temperatur :
Da
DH und
DS Änderungen von
Zustandsgleichungen sind, wird auch
DG als Maß für die Änderung einer neuen Zustandsgleichung definiert.
Die freie Enthalpie sagt folgendes über Reaktionen aus:
Bei gleichbleibender Temperatur und gleichbleibendem Druck, kann eine Reaktion nur
spontan ablaufen, wenn DG kleiner als Null ist:
- DG < 0 : Die Reaktion läuft spontan ab
- DG = 0 : Die Reaktion befindet sich im Gleichgewicht
- DG > 0 : Die Reaktion kann nur erzwungen werden
(z.B. durch Zufuhr von Arbeit)
Ist
DG negativ, so wird der Vorgang
exergonisch genannt. Bei positivem
DG nennt man die Reaktion
endergonisch.
In einem
geschlossenem System mit konstanter
Temperatur
und konstantem
Druck, das
sich
nicht im
Gleichgewicht befindet, können nur exergonische Reaktionen spontan ablaufen.
Ist eine Reaktion endergonisch, dann ist die umgekehrte Reaktion exergonisch und läuft allein ab.
Die freie Enthalpie zeigt uns durch ihr Vorzeichen an, ob eine Reaktion in einem geschlossenen System bei konstanter
Temperatur und konstantem Druck spontan ablaufen kann oder nicht. Ihr Zahlenwert gibt an, wie weit der anfängliche
Zustand vom Gleichgewicht entfernt liegt.
Ob eine Reaktion in einem geschlossenen System ablaufen kann, wird nun durch Betrachtung der einzelnen Glieder der
Freien Enthalpie-Gleichung diskutiert :
Ist
DH negativ und hat einen hohen Wert, was bei
stark exothermen Reaktionen der Fall ist, dann ist
DG auch dann negativ, wenn die Entropie
wächst. Das bedeutet, eine Reaktion kann ablaufen, obwohl die Ordnung zunimmt. Ein Beispiel hierfür ist die Reaktion
zwischen Sauerstoff und Wasserstoff zu Wasser:
Hierbei reagieren 2 Volumenteile Wasserstoff mit 1 Volumenanteil Sauerstoff zu 2 Volumenanteilen Wasser:
Es werden also aus 3 Teilen 2 gebildet. Dadruch sinkt die Entropie. Außerdem ist Wasser ein Gas, das sehr leicht zu einer
Flüssigkeit kondensiert, was die Entropie auch noch sinken läßt. Durch die stark exotherme Reaktion allerdings, hat
die Enthalpieänderung einen solch großen negativen Wert, daß die positiven Entropiewerte die Gleichung trotzdem
negativ werden lassen. Die Änderung der freien Enthalpie G ist folglich negativ und somit kann die Reaktion ablaufen,
ohne daß Arbeit zugeführt werden muss.
Der Entropieteil der Gleichung hat dann entscheidenden Einfluß, wenn die Enthalpie einen kleinen Wert hat, bzw. wenn
sie positiv (=endotherm) ist.
Zum Beispiel ist folgende Reaktion stark endotherm:
Kohlendioxid zerfällt zu Kohlenmonoxid und Sauerstoff.
Diese Reaktion läuft schon bei mäßig hohen Temperaturen ab und das obwohl sie endotherm ist. Der Antrieb hier liegt in
der Entropie begründet. Aus 2 Gasmolekülen entstehen drei, was die Gesamtanzahl um 50% erhöht und somit zu mehr
Unordnung (=Entropiezunahme) führt :
Genauso wie beim Auflösen eines Salzes in Wasser, bei dem die Enthalpie endotherm ist und die Entropie stark zunimmt.
(siehe
Entropie).
Die freie Enthalpie wird auch Gibbs-Funktion genannt (nach John Willard Gibbs, der sie 1886 formulierte).