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Weltweit Interesse an Pionier-Forschung:
Prof. Martin Eling analysiert Märkte für Mikroversicherungen

Ulm University

Oft gerade mal ein Dollar Jahresprämie und dennoch ein interessanter, vielleicht sogar lukrativer Markt? Professor Martin Eling ist von einer erfolgreichen Zukunft für Mikroversicherungen in Entwicklungsländern überzeugt: „Die Anzahl potenzieller Versicherungsnehmer ist signifikant“, sagt der Direktor des Instituts für Versicherungswissenschaften der Universität Ulm. Oder, ganz schlicht formuliert: „Die Masse macht’s.“ In Indien zum Beispiel oder Indonesien, in China, Afrika oder Südamerika. Seit 2006 erforscht der Wissenschaftler, vor knapp zwei Jahren von der Universität St. Gallen nach Ulm gewechselt, von der Branche mit großem Interesse verfolgt die versicherungsökonomischen und –mathematischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Mikroversicherungsmärkten. Am Freitag dieser Woche wird er dafür mit dem Kooperationspreis Wissenschaft-Wirtschaft der Uni Ulm ausgezeichnet.

Wohl werden Eling zufolge in verschiedenen Ländern bereits Mikroversicherungen abgeschlossen, gegen Krankheit etwa oder Ernteausfälle. Von zumeist nicht-kommerziellen Anbietern bislang, inzwischen aber auch verstärkt kommerziellen Unternehmen. „Jedenfalls mit einer wichtigen Funktion im Rahmen der Entwicklungspolitik“, ist Professor Eling überzeugt. Schließlich ermögliche das Pendant zum bankwirtschaftlichen Bereich der Mikrofinanzierungen Versicherungsschutz gegen elementare Risiken, auch Menschen mit einem Tageseinkommen von zwei US-Dollars.

Unabhängig von ersten Ansätzen der Vermarktung: „Wir betreten mit unseren Forschungsarbeiten völliges Neuland“, erklärt der Ulmer Wissenschaftler. Vor den Erhebungen des mit Eling seit 2008 kooperierenden „Microinsurance Network“ mit Sitz in Luxemburg habe es weder Datenmaterial noch empirische Untersuchungen in diesem Bereich gegeben. Das wachsende Interesse der Versicherungswirtschaft an dem Projekt indes liege auf der Hand. „Wer in der Startphase nicht dabei ist, hat in zehn Jahren keine Chance mehr“, ist Martin Eling überzeugt, verweist freilich neben ökonomischen Interessen großer Unternehmen auch auf einen weiteren Aspekt: Die so genannte „Corporate Social Responsibility“ nämlich, die Bereitschaft also, gesellschaftspolitische Verantwortung zu übernehmen und dies der Öffentlichkeit zu vermitteln.

„Natürlich lacht hier das Herz des Wissenschaftlers“, freut sich Eling über den Pionier-Charakter des Projekts, in das auch Kollegen aus China, Indien, Spanien, Italien und den USA eingebunden seien, Experten insbesondere im Bereich der Produktivitäts- und Effizienzmessung sowie der Versicherbarkeit. Wobei der Ulmer Versicherungswirtschaftler selbst ebenfalls als solcher für die Produktivitäts- und Performancemessung in der Finanzdienstleistungsbranche gilt. „Inzwischen haben wir das Thema auch erfolgreich publiziert“, so der 33-Jährige, „und zwar im besten Journal für diesen Bereich“.

Dass die Analyse der Rahmenbedingungen über die wissenschaftliche Methodik hinaus noch viel Raum für künftige Forschungsarbeiten bietet, liegt Eling zufolge in der Vielschichtigkeit der Thematik generell, aber auch in von Land zu Land höchst unterschiedlichen Voraussetzungen: Zumeist fehlende rechtliche Grundlagen etwa, große Einkommensunterschiede, unzureichende Aufklärung der Zielgruppen und nicht zuletzt kulturelle Diskrepanzen, in muslimisch geprägten Ländern vor allem. Daneben auch technische Probleme aufgrund der Infrastruktur, vom mangelnden Vertriebsnetz bis zu Zahlungsmodalitäten. „Durchaus denkbar, dass Versicherungsprämien hier und dort mit dem Handy bezahlt werden“, mutmaßt Professor Eling. „Denn das gibt es mittlerweile fast überall.“

Aus gutem Grund will er umfangreichere Untersuchungen zunächst auf Indien konzentrieren. „Daneben wollen wir gerne China anbinden“, erklärt der Forscher. Eine Wissenschaftlerin aus Peking weile dazu momentan in Ulm, wo sich dieser Tage eine internationale Konferenz mit der Thematik beschäftigen wird. Zu der übrigens auch Studenten Zugang hätten, so Eling. Denn: „Wir wollen Forschung und Anwendung zielgerichtet in die Lehre einbinden.“

Von Willi Baur