In normalen Jahren prägen Festveranstaltungen wie der Jahrestag oder der Dies academicus das akademische Jahr an der Universität Ulm. Doch in diesen, von der Coronavirus-Pandemie bestimmten Zeiten muss die Universität neue, virtuelle Wege einschlagen: Mit einer dreiteiligen Online-Preisverleihung wurden heute, 14. Dezember, viele in den vergangenen Monaten abgesagte Ehrungen nachgeholt. Per Videokonferenz verliehen Universitätspräsident Professor Michael Weber und weitere Laudatoren Promotionspreise, zwei Ulmer Dermatologie-Preise sowie zwei Dissertationspreise der Jubiläumsstiftung Urologie Dr. A. Schiebel. „Vor und auch während der Corona-Krise haben der wissenschaftliche Nachwuchs und etablierte Forschende Hervorragendes geleistet. Ich freue mich, dass wir einige in Präsenz ausgefallene Ehrungen heute gebündelt nachholen können“, betonte Präsident Weber.
Promotionspreise der UUG
Seit 1978 vergibt die Ulmer Universitätsgesellschaft (UUG) Promotionspreise an hervorragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Mit dieser Tradition wollte der UUG-Vorsitzende Manfred Oster auch in diesem, von der Corona-Pandemie überschatteten Jahr nicht brechen: Gemeinsam mit Universitätspräsident Professor Michael Weber übergab er virtuell acht Promotionspreise à 1500 Euro – und somit zwei Auszeichnungen pro Fakultät. In Kurzgesprächen mit den Preisträgerinnen und Preisträgern informierten sie sich über die Themen der prämierten Doktorarbeiten.
- Aus der Medizinischen Fakultät wurden Dr. biol. hum. Corinna Setz und Dr. med. Daniela Jäger ausgezeichnet. Corinna Setz befasst sich in ihrer Dissertation mit der Entwicklung von B-Lymphozyten und konnte zeigen, dass Defekte in einem Differenzierungsprogramm eine Autoimmunität – also eine Abwehrreaktion gegen Bestandteile des eigenen Körpers – auslösen können. Daniela Jäger untersuchte hingegen seltene, niedrig maligne Knochentumore (Chordome). Mit ihrer Doktorarbeit trägt sie wesentlich zum Verständnis der Biologie von Chordomen bei, die meist entlang der Wirbelsäule entstehen, und bietet neue Ansätze für zielgerichtete Therapien.
- Dr. rer. nat. Oliver Goldbeck, Preisträger der Fakultät für Naturwissenschaften, befasst sich in seiner Doktorarbeit mit dem Corynebakterium glutamicum, das weltweit zur Herstellung von Aminosäuren genutzt wird. Dadurch leistet er Beiträge zum Verständnis der Struktur, Funktion und Regulation der Zuckeraufnahmesysteme dieses Bakteriums, das auch in der industriellen Biotechnologe eingesetzt wird. Die zweite Preisträgerin der Fakultät für Naturwissenschaften, Dr. rer. nat. Susanne Sihler, entwickelte ein neues Konzept zur Stabilisierung von so genannten Pickering-Emulsionen – mit hohem Potenzial für Grundlagenforschung und Anwendung.
- Roboter nehmen dem Menschen immer mehr schwere oder gefährliche Arbeiten ab. Dafür muss jedoch eine schnelle und zuverlässige Bewegungsplanung gewährleistet sein. Dr.-Ing. Andreas Völz hat in seiner Doktorarbeit ein Rahmenwerk entwickelt, das den sicheren Einsatz mehrarmiger Roboter in sich verändernden Umgebungen ermöglicht und die Mensch-Maschine-Interaktion erleichtert. Dafür wurde er mit einem Promotionspreis der UUG ausgezeichnet. Ebenfalls an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften, Informatik und Psychologie hat der Preisträger Dr. phil. Patrick Spettel, promoviert. Er beschreibt neue Konzepte und Algorithmen zur Lösung von Optimierungsproblemen mit nur schwer erfassbaren Nebenbedingungen und Zielfunktionen.
- Wie können Manager bessere Entscheidungen treffen? Anhaltspunkte bietet die verhaltensökonomische Dissertation von Dr. rer. pol. Janina Kleinknecht zu menschlichem Entscheidungsverhalten. Am Institut für Volkswirtschaftslehre hat sie unter anderem Einsatzmöglichkeiten sozialer Vergleichsprozesse untersucht, um Beurteilungsfehler zu vermeiden. Weiterhin geht es in ihrer Doktorarbeit um geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Erfüllung von Versprechen. Janina Kleinknechts Ergebnisse wurden bereits in einer renommierten Fachzeitschrift publiziert. Der zweite Preisträger der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften, Dr. rer. nat. David Berger, behandelt völlig andere Themenkomplexe: quasi-unendlich teilbare Verteilungen und stochastisch partielle Differentialgleichungen. „In beiden Gebieten hat Herr Dr. Berger fundamentale und innovative Beiträge geleistet und mit sehr pfiffigen Ideen und Beweisen neue Sichtweisen eröffnet“, heißt es im Urkundentext.
„Der Ulmer Universitätsgesellschaft ist es ein besonderes Anliegen, vielversprechende junge Wissenschaftler zu fördern und sie auf ihrem weiteren akademischen Weg zu bestärken“, betonte Manfred Oster anlässlich der Online-Verleihung.
Dissertationspreise der Jubiläumsstiftung Urologie Dr. A. Schiebel
Nach einer mehrjährigen Pause sind erstmals wieder Dissertationspreise der Jubiläumsstiftung Urologie Dr. A. Schiebel für die besten Ulmer Doktorarbeiten in diesem Fach vergeben worden. Die Laudationes hielt der Ärztliche Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Urologie und Kinderurologie, Professor Christian Bolenz: „Aufgrund der hohen Qualität der eingereichten Arbeiten wird der Preis in diesem Jahr doppelt vergeben“, erklärte Bolenz.
Die erste der jeweils mit 1500 Euro dotierten Auszeichnungen erhielt Dr. med. Franziska Berger. Die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit könnten Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen, zukünftig bessere Therapieentscheidungen bei einem Nierenbecken- oder Harnleiterkarzinom zu treffen. Dabei handelt es sich um Tumore des Übergangsgewebes (Urothel), das die Harnwege auskleidet. Konkret ist es Franziska Berger gelungen, die Durchführbarkeit einer so genannten Kryobiopsie im oberen Harntrakt zu zeigen: Dabei werden Gewebeproben mit einer Kältesonde entnommen und untersucht.
Auch die zweite prämierte Arbeit befasst sich mit dem Urothel: Johannes Lustig hat in seiner Dissertation die Rolle des Transkriptionsfaktors GRHL3 bei der Entwicklung und Differenzierung dieses Übergangsgewebes erforscht. Basierend auf seinen Ergebnissen können nun weiterführende Untersuchungen zur urothelialen Krebsentstehung durchgeführt werden.
Ulmer Dermatologie-Preis
Der Ulmer Dermatologie-Preis wird seit 1978 alle drei Jahre von Stadt und Universität Ulm gemeinsam vergeben. Ausgezeichnet werden Fachpublikationen oder das wissenschaftliche Lebenswerk einer Forscherpersönlichkeit zu genetisch bedingten Hauterkrankungen. Dementsprechend gehören Fachwissenschaftler aus Dermatologie und Humangenetik sowie der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch und Universitätspräsident Michael Weber dem Preiskuratorium an. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft wird durch Professorin Leena Bruckner-Tuderman (Freiburg) vertreten. 2020 wurde beschlossen, den üblicherweise mit 2000 Euro dotierten Preis zu teilen.
Für eine herausragende Publikation im Fachjournal Nature Communications ist PD Dr. Stefanie Heilmann-Heimbach mit einem Ulmer Dermatologie-Preis ausgezeichnet worden. Seit mehr als zehn Jahren forscht die Wissenschaftlerin vom Institut für Humangenetik der Universität Bonn insbesondere zu genetischen Risikofaktoren des erblichen Haarausfalls bei Männern. In der ausgezeichneten Studie konnte sie – anhand einer Meta-Analyse von 21 000 Datensätzen männlicher Probanden – 63 Genorte identifizieren, die mit erblichem Haarausfall assoziiert sind. Weiterhin stellten die Forschenden um Heilmann-Heimbach Zusammenhänge des erblich bedingten Haarausfalls mit weiteren Krankheiten sowie Merkmalen her. Laudator Professor Reiner Siebert, Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Ulm, überreichte den Preis virtuell.
Für sein Lebenswerk wurde Professor Tosso Leeb mit einem zweiten Dermatologiepreis geehrt. Der Direktor des Instituts für Genetik der Universität Bern hat genetische Ursachen der Autoimmunerkrankung „Lupus erythematodes“ beim Hund identifiziert. Diese Hautkrankheit zeigt sich vor allem an der Nase der Tiere: Pigmentverlust, Rötung und im Verlauf auch Geschwüre und Haarausfall zählen zu den Symptomen. Für das Preiskuratorium steht diese in der renommierten Zeitschrift „Genes“ publizierte Arbeit für eine Reihe von Veröffentlichungen des Preisträgers, in denen er mit Hauterkrankungen assoziierte Gene im Tiermodell ausmacht. Etliche dieser Erkrankungen – wie auch Lupus erythematodes – kommen beim Menschen in ähnlicher Form vor. Laudatorin war Professorin Karin Scharffetter-Kochanek, Ärztliche Direktorin der Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie. Beide Geehrten stellten ihre Arbeiten kurz vor.
„Die ausgezeichneten Promotionen und Dissertationen stehen für die exzellente Forschungsarbeit, die an der Universität Ulm geleistet wird. Die Preisträgerinnen und Preisträger haben in ihren Disziplinen vielversprechende Ansätze ausgearbeitet, um Erkrankungen besser zu verstehen und neue Therapieformen und Lösungen zu entwickeln. Der Ulmer Dermatologie-Preis würdigt darüber hinaus deutschlandweit Forscherpersönlichkeiten, denen ich zu ihrer Auszeichnung ebenfalls herzlich gratuliere“, resümierte der zugeschaltete Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch.
Nach 12 Preisverleihungen lobte Uni-Präsident Weber die gute technische Infrastruktur der Universität sowie die fleißigen Helferinnen sowie Helfer im Hintergrund. „Unsere erste virtuelle Preisverleihung verlief in einem würdevollen Rahmen. Allerdings hoffe ich, dass in absehbarer Zeit wieder Präsenzveranstaltungen stattfinden können.“
Text und Medienkontakt: Annika Bingmann