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Uni Ulm in Second Life: Im virtuellen Hörsaal Vortrag für Avatare

Ulm University

Der Professor in einem Hotelzimmer irgendwo auf der Welt, seine Studenten im heimischen Wohnzimmer, auf einer sonnigen Campus-Wiese oder unterwegs im ICE - die Vorlesung der Zukunft oder eher Utopie? „Im Gegenteil“, sagt Professor Wolfgang Minker vom Institut für Informationstechnologie und Dialogsysteme der Universität Ulm, „das wäre bei uns schon heute jederzeit machbar“. Second Life (SL) macht's möglich, die virtuelle Welt im Internet, ein dreidimensional angelegtes, seit 2003 online verfügbares System mit weltweit zwischen fünf und zehn Millionen potenziellen Nutzern. Präsent ist hier inzwischen auch die Universität Ulm. Realisiert hat den SL-Auftritt, einen virtuellen Hörsaal inklusive, Stefan Smischek, ein Absolvent der Uni im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit.
In relativ kurzer Zeit übrigens, vor allem im Hinblick auf den hohen Programmieraufwand und die detaillierte Beschreibung des Projekts. „Im Frühjahr 2007 hat das Land Baden-Württemberg eine offizielle Repräsentanz in Second Life eingerichtet, um den Hochschulen einen frühzeitigen Einstieg in die Thematik zu ermöglichen“, berichtet Smischek, 28 und seit 2003 Student der Telekommunikations- und Medientechnik.
Der Erwerb eines virtuellen Grundstücks für das Uni-Gebäude sei kein Problem gewesen, so der junge Wissenschaftler, wohl aber die Architektur. Nur zu gerne hätte er sie dem Ulmer Campus präziser nach gestaltet. Der beschränkten Fläche wegen blieb indes nur eine Kompromisslösung. Dem Zweck des Unterfangens aber habe das keinen Abbruch getan, so Stefan Smischek, nebenbei seit zehn Jahren schon als selbständiger Unternehmer in der EDV-Branche tätig, mit einem festen Kundenstamm zwischen Ulm und München.
„Realisierung einer virtuellen Präsenz für die Universität Ulm“, war die Aufgabenstellung für die Abschlussarbeit. So hat der gebürtige Augsburger denn allerlei Wissenswertes über die Ulmer Uni nicht in der für die Institutsgebäude der Ingenieurwissenschaften markanten Südschiene platziert, sondern in einem fiktiven Turm. Und diverse Infrastruktur-Einrichtungen dazu. Wie den bereits erwähnten Hörsaal eben.
Wer dort allerdings Platz nehmen will, muss erst einmal in die Rolle eines so genannten Avatars schlüpfen, eines grafischen Stellvertreters des SL-Nutzers und beliebig zu gestalten, von der Kleidung bis zur Haarfarbe. Einzige Voraussetzung: Eine Zugangsberechtigung zum System, kostenlos zu erhalten beim amerikanischen Erfinder und Betreiber von Second Life, der Firma Linden Lab in San Francisco. Auf dem Weg zum Hörsaal im zweiten Obergeschoß erwarten den Avatar bereits verschiedene Facetten des Uni-Betriebs: Eine Eingangshalle mit Basis-Informationen, einen Präsentationsbereich für Forschungsergebnisse  und eine Etage höher gibt es dann auch noch ein Versuchslabor. Nicht zu vergessen die Dachfläche mit einem Erholungsbereich samt Ausblick auf den virtuellen Schwarzwald.
Das allein freilich entspräche noch keinesfalls den Kriterien einer Bachelor-Arbeit. Bemerkenswert daran sind vielmehr die von Stefan Smischek programmierten Verknüpfungen und operativen Möglichkeiten: Der Start eines Uni-Videos und weiterer Präsentationen etwa, die Integration von E-Learning-Angeboten oder Links zu Webseiten und die variable Gestaltung des Hörsaals von der Möblierung und Beleuchtung bis zur Kommunikationstechnik.
Letztere ermöglicht auch die eingangs erwähnte Internet-Vorlesung, von Avatar zu Avatar sozusagen, aber immerhin im Originalton und mit Zwischenfragen aus dem Auditorium. Mit Bild- und Textunterstützung ebenfalls, versteht sich. „Das Ganze sieht recht verspielt aus“, weiß Professor Wolfgang Minker, „aber das war eine sehr anspruchsvolle Arbeit“. Auch mit praktischer Bedeutung für den Uni-Alltag? „Das ist schwer einzuschätzen“, meint Stefan Smischek. Noch habe das System einige Mängel, die ausgeräumt werden müssten. „Sonst sehe ich schwarz.“
Unabhängig davon plant der Betreuer seiner Arbeit schon eine Weiterentwicklung. Sein Institut hat bereits eine Master-Arbeit ausgeschrieben, in deren Rahmen der virtuelle Uni-Auftritt mit automatischen Dialog-Systemen verknüpft werden soll, einem Forschungsschwerpunkt Minkers. Für Stefan Smischek ein interessanter Ansatz: „Für reine Website-Informationen ist Second Life eher ungeeignet, aber für die Kommunikation von Avataren untereinander ist es gut.“

Anlage: Fotos:  Prof. Wolfgang Minker: „Eine sehr anspruchsvolle Arbeit“
und Stefan Smischek: „Hoher Programmieraufwand erforderlich“
Screenshots: Uni Ulm in Second Life

Weitere Informationen: Prof. Wolfgang Minker, Tel. 0731/50-26254 oder Stefan Smischek, Tel. 0179/7958580