Für ihre herausragenden Forschungsleistungen auf dem Gebiet der biologisch orientierten makromolekularen Chemie wurde Professorin Tanja Weil im Rahmen der traditionellen Schwörfeier am Montag mit dem Wissenschaftspreis der Stadt Ulm ausgezeichnet. Weil leitet seit 2010 das Institut für Organische Chemie III und Makromolekulare Chemie an der Universität Ulm.
Sie vertritt dabei eine neue interdisziplinäre Forschungsrichtung, die eine hochinnovative Brücke zwischen Chemie, Molekularbiologie und Medizin schlägt und damit völlig neue Forschungsfelder erschließt. Dabei geht es beispielsweise um den Einsatz chemisch programmierter Biopolymere als Signalgeber und Wirkstoff-Transporter für die medizinische Diagnostik und Therapie.
Mit Drittmitteleinwerbungen von rund 5 Millionen Euro gehört sie zu den forschungsstärksten Wissenschaftlern an der Universität. Darunter entfallen allein gut drei Millionen auf den ERC Synergy Grant "BioQ: Diamantquanten-Sensoren und Biologie", den sie sich mit den Professoren Martin Plenio und Fedor Jelezko teilt. Diese mit insgesamt 10,3 Millionen Euro ausgestattete Förderung gehört zu den höchst dotierten Förderinstrumenten der Europäischen Union und zählt zu den bisher größten Drittmittelerfolgen der Universität Ulm. Darüber hinaus hat die industrieerfahrende Wissenschaftlerin federführend bei der Gründung des Ulmer Zentrums für Peptid-Pharmazeutika (UPEP) mitgewirkt und damit maßgeblich zur Stärkung der Forschungskooperationen in der BioRegion Ulm beigetragen. Ein weiterer Meilenstein für den Forschungsstandort Ulm ist das kürzlich bewilligte Zentrum für Quanten-Biowissenschaften (ZQB). Das neue Forschungsgebäude entsteht für rund 27 Millionen Euro auf dem Campus Eselsberg, und zwar mit Fördergeldern des Bundes und Landes in Millionenhöhe. Zum Kreis der erfolgreichen Mitantragsteller gehört an der Seite von Hauptantragsteller Professor Martin Plenio auch Tanja Weil. "Ihre beeindruckenden Erfolge stärken das Ansehen des Wissenschaftsstandorts Ulm weit über die Region hinaus und bestätigen das außerordentliche Potential internationaler Spitzenforschung an der Universität Ulm", so der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner bei der Verleihung.
Nach Stationen in Mainz, Bordeaux und Singapur kam sie nach Ulm
Mit über 100 begutachteten Publikationen in hochrangingen Journalen ist die Chemikerin nicht nur in der Forschung sehr produktiv. Unermüdliches Engagement zeige sie auch in der Lehre, ob in der Chemie, der Biochemie oder der pharmazeutischen Biotechnologie. Die 1973 geborene Wissenschaftlerin hat an der TU Braunschweig und an der Universität in Bordeaux (Frankreich) Chemie studiert und wechselte nach ihrer ausgezeichneten Promotion am Mainzer Max-Planck-Institut für Polymerforschung bei Prof. Klaus Müllen in die Industrie. Sie stieg als Gruppenleiterin für Medizinische Chemie beim Pharmazieunternehmen Merz ein, übernahm dort später die Abteilungsleitung und avancierte in kürzester Zeit zur Direktorin für chemische Forschung und Entwicklung. 2008 nahm sie dann einen Ruf als Professorin an die Nationale Universität Singapur an. Zwei Jahre später - als 36-Jährige - kam sie zurück nach Deutschland und trat an der Universität Ulm ihren Lehrstuhl für Organische Chemie III und Makromolekulare Chemie an. Fachkollegen, die sie für den Wissenschaftspreis der Stadt vorgeschlagen haben, loben ihre unglaubliche Schaffenskraft, die - gepaart mit glänzender Kreativität und Effektivität - mit einer mustergültigen und noch jungen Forscherkarriere einhergeht.
Biopolymere für die Nanomedizin
Ihr übergeordnetes Forschungsziel ist die Entwicklung maßgeschneiderter Hybridmaterialien aus synthetischen und biologischen Makromolekülen, die als zielgenaue Nanotherapeutika medizinisch eingesetzt werden können. Im Mittelpunkt stehen dabei so genannte Biopolymere aus biologischen Bausteinen wie Proteinen und Nukleinsäuren. "Biomakromoleküle funktionieren im Körper wie kleine Nanomaschinen, die sich chemisch programmieren und steuern lassen", erklärt Weil. Zum Beispiel durch pH-Wert- oder temperaturabhängige "Schalter", die die Zusammenlagerung oder das Auseinanderfallen der Polymere steuern. Geforscht wird auch an Hybrid-Konstrukten mit synthetischen und biologischen funktionalen Gruppen oder an Protein-DNA-Nanomaterialien, die als Wirkstofftransporter, Genfähren oder Signalgeber für die diagnostische Bildgebung in der Nanomedizin Anwendung finden. Mit dem Wissenschaftspreis ehrt die Stadt eine außergewöhnliche Wissenschaftlerin, der es nicht nur gelang, die in sie gesetzten hohen Erwartungen noch zu toppen, sondern auch Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen. Tanja Weil ist seit 2 Jahren Mutter einer kleinen Tochter.
Alle zwei Jahre wird der 1971 erstmals vergebene Wissenschaftspreis der Stadt Ulm für hervorragende wissenschaftliche Leistungen an Personen, Forschungs- oder Arbeitsgruppen vergeben. Bewerben können sich bevorzugt jüngere Forscher, die mit der Universität oder Hochschule Ulm assoziiert sind. In diesem Jahr teilt sich Professorin Tanja Weil den mit insgesamt 15 000 Euro dotierten Preis mit Professor Gerd Heilscher von der Hochschule Ulm (Fakultät Produktionstechnik und Produktionswirtschaft). Ausgezeichnet wurde der Leiter des Instituts für Energie- und Antriebstechnik für seine Forschungsarbeit zum Thema "Intelligente Stromnetze für die Energiewende".
Zur Schwörrede des Oberbürgermeisters
Verantwortlich: Andrea Weber-Tuckermann