Professor Kai-Uwe Marten, seit April 2003 Direktor des Instituts für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung der Universität Ulm, hat den Ruf an die European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel abgelehnt und wird in Ulm bleiben. Das hat Universitätspräsident Professor Karl Joachim Ebeling dieser Tage bei der jährlichen Fachtagung des Ulmer Forums für Wirtschaftswissenschaften (UFW) und der Universität Ulm mitgeteilt. „Er ist eine der tragenden Säulen der Ulmer Wirtschaftswissenschaften“, sagte Ebeling und dankte dem Wissenschaftler für die Bleibezusage. Der lebhafte Applaus des Auditoriums, neben 155 Gästen rund 180 Studenten, unterstrich die Wertschätzung, die Professor Marten über die Universität hinaus genießt.
Nicht von ungefähr. Drei Faktoren sind es wohl vor allem, die dazu beitragen: Kompetenz, Kontakte und Kommunikation. „Ich habe sicher kein Elfenbeinturm-Syndrom“, sagt er über sich und lacht. Vielmehr bemühe er sich ständig um intensive Kontakte zur Wirtschaft, zu Unternehmen in der Region, aber auch darüber hinaus. Mit reichlichem Nutzen für beide Seiten in der Regel, „Win-Win-Situationen“, wie sie Unternehmensvertreter gerne nennen. Interessante Praktikumsstellen für seine Studenten etwa, aus denen sich nicht selten mehr entwickelt: Eine Tätigkeit als Werksstudent beispielsweise und anschließend mitunter auch eine feste Anstellung.
Oder Ziele für attraktive Exkursionen, von denen die Studierenden ebenfalls profitieren können, eine übrigens demnächst fast vor der Haustüre des Instituts. Beim erfolgreichen Schmiermittel-Produzenten Liqui Moly nämlich im Ulmer Ortsteil Lehr. Nicht minder nützlich entwickelt sich Professor Marten zufolge gemeinhin der fachliche Austausch mit Unternehmensleitern über Bilanzierungsthemen, zentrales Element der von ihm vertretenen Lehre. „Immer wieder mit neuen Impulsen und Anregungen für alle Teilnehmer“, so die Erfahrung des Wissenschaftlers. Gelegentlich mit einem Nebeneffekt, auf den Marten nicht ohne Stolz verweist: 61 Unternehmen führt das Ulmer Forum für Wirtschaftswissenschaften, ein gemeinnütziger eingetragener Verein im Umfeld der Fakultät, mittlerweile in seinen Reihen, dazu 188 persönliche Mitglieder und 25 Studenten. „Ein jährliches Wachstum von zuletzt 13 Prozent“ hat Marten errechnet, resultierend wohl nicht zuletzt aus den stets gefragten Frühjahrstagungen des UFW. Gefragt unstrittig ihres Konzepts wegen, das sich von der Premiere vor vier Jahren an als Erfolgsrezept erwiesen hat: Hoch aktuelle Themen, prominente und kompetente Referenten sowie Zeit und Gelegenheit zu Kommunikation und Kontaktpflege. Letztere freilich erfordere von ihm schon das Vorfeld, lässt der Organisator durchblicken. Dass sich wie zuletzt Hochkaräter wie Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt und der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, am Rednerpult ablösen und jeweils einen Tag für ihren Ulmer Auftritt investieren – „das kostet durchaus eine gewisse Überzeugungsarbeit“, untertreibt Kai-Uwe Marten, von den damit verbundenen Sicherheitsfragen ganz zu schweigen. Die andere Seite: „Das erlebt unser Campus ja auch nicht alle Tage.“ Und, über den Image-Aspekt hinaus: Für die Universität bleibt stets, als Reinerlös der Veranstaltung, die Aussicht auf einen Scheck in respektabler Größenordnung.
Gleichwohl: Seine Entscheidung für Ulm sei vorrangig anderen Gründen geschuldet gewesen, betont der Wirtschaftswissenschaftler. „Natürlich war es ein interessanter Ruf einer renommierten Universität, mit viel Ehre dazu“, sagt Professor Marten, zumal die Betriebswirtschaftslehre der EBS bei Rankings regelmäßig Spitzenplätze erziele, „und natürlich haben Privat-Unis ganz andere finanziellen Möglichkeiten“. Aber deswegen Ulm verlassen? „Es gab mehrere gute Gründe für das Bleiben“, beantwortet er die Kernfrage. „Das Profil unseres quantitativ orientierten Studienganges, die Ausrichtung an mathematischen Methoden also, hat mich vom ersten Tag an begeistert und tut es noch heute“, betont Marten. Überzeugt sei er ferner vom bewährten Zulassungsverfahren, daraus resultierend „hervorragend qualifizierten Studenten, mit denen wir überwiegend in Kleingruppen intensiv arbeiten können“. Mit einem überproportional hohen Anteil an Bewerbern von überregionalen Bewerbern übrigens, zuletzt im Schnitt rund ein Dutzend für einen Studienplatz. Auch die hohe Bereitschaft der Studierenden zur Auslandsmobilität sei ein wichtiger Faktor. „Ein großer Teil studiert dort ein bis zwei Semester oder arbeitet in Urlaubssemestern bei Unternehmen im Ausland.“
Ein weiterer Grund für seine Bleibezusage schließlich sei „das sehr harmonische Klima in der Fakultät“ gewesen, „das gute Miteinander mit den Kollegen innerhalb der Wirtschaftswissenschaften, aber ebenso mit der Wirtschaftsmathematik“. Und nicht zuletzt „die sehr fairen Bleibeverhandlungen mit dem Präsidium“. Bei denen auch Martens Reputation im Forschungsbereich thematisiert worden sein dürfte. Die sich schon seit seiner Habilitation auf die Qualität von Wirtschaftsprüferleistungen konzentriert. Verkürzt formuliert auf die Frage also: Wer prüft die Wirtschaftsprüfer? „Ein spannendes Thema schon damals“, so der Experte, „aber es war nicht abzusehen, dass es so an Brisanz gewinnen würde“. Und an Bandbreite dazu. Siemens, die IKB-Bank, verschiedene Landesbanken, fast täglich neue Fälle, nicht nur die spektakulären großen. Mit Parallelen, häufig indes neuen Fragen: Hat der Wirtschaftsprüfer sauber an den Aufsichtsrat kommuniziert? Wurde das Ausmaß der Wertberichtigungen korrekt dargestellt? Ist die Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer, eine Aufgabe der Kammern, ausreichend, im nationalen wie internationalen Bereich?
Fälle wie diese untersucht Professor Kai-Uwe Marten, bemüht um Antworten auf immer neue Fragen. Die Mittel dabei? „Geschäftsberichte, Berichte in Medien, aber wir haben fallweise auch Zugriff auf Unterlagen der Unternehmen.“ Fast zwangsläufig dabei: Dass sein „Rat immer mehr gefragt“ sei, inzwischen verstärkt auch vom Gesetzgeber, ergebe sich aus einer besonderen Rolle als Experte mit der Kompetenz eines Wirtschaftsprüfers, ohne freilich diesem Berufsstand anzugehören. Nicht überraschend mithin diverse Einladungen seitens der Politik. Nach Brüssel etwa, wo die EU-Kommission seine Expertise schätzt, oder nach Berlin. Hier war Professor Marten zuletzt Gast von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. Es dürfte dabei bleiben: „Impulse für meine Forschungstätigkeit gibt es genug.“
Weitere Informationen: Prof. Dr. Kai-Uwe Marten, Tel. 0731/50-31020