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Öffentliche Podiumsdiskussion im Stadthaus:
Sind Finanzrisiken kontrollierbar?

Ulm University

Opens external link in new windowBericht vom 10.3.2014 über die erfolgreich verlaufene Podiumsdiskussion

 

„Sind Finanzrisiken kontrollierbar?“ Antworten auf diese Frage verspricht eine öffentliche Podiumsdiskussion am Samstag, 8.März, im Stadthaus Ulm (Beginn 11 Uhr). Die hochkarätig besetzte Experten-Runde repräsentiert zumindest einen großen Teil der Bereiche, die sich mit der Thematik besonders intensiv auseinandersetzen müssen: Banken, Versicherungen, Rating-Agenturen und nicht zuletzt die Wissenschaft. Zu Wort kommen soll indes auch das Publikum. Der Eintritt zu der voraussichtlich etwa zweistündigen Veranstaltung ist frei.
„Sie ist der markante Abschluss unseres überaus erfolgreichen Graduiertenkollegs ‚Modellierung, Analyse und Simulation in der Wirtschaftsmathematik‘, das Ende März auslaufen wird“, sagt Professor Karsten Urban, Direktor des Instituts für Numerische Mathematik an der Universität Ulm und Sprecher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit der Höchstlaufzeit von neun Jahren geförderten Kollegs. Mehr als drei Dutzend hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler haben es Urban zufolge in dieser Zeit durchlaufen. „Insofern zählt unsere Fakultät zu den Top-Unis in Deutschland und ist prädestiniert für dieses Thema.“ Dies auch, „weil wir die Thematik aus verschiedenen Richtungen bearbeiten“, ergänzt Professor Gunter Löffler, Direktor des Instituts für Finanzwirtschaft und stellvertretender Kolleg-Sprecher.
Wobei die Ulmer Forschung insbesondere durch die enge Verzahnung von Ökonomie und Mathematik geprägt sei, gleichwohl die Informatik und auch psychologische Erkenntnisse nicht außen vor lasse. Schon deswegen stoße die Risikoforschung mitunter an ihre Grenzen, so die Wissenschaftler. Hinzu kämen weitere Einflüsse, die sich mathematischen Abbildungen entzögen: Politische Entscheidungen etwa oder Interessenkonflikte. Nicht einfach also, zwischen Chancen und

Risiken abzuwägen, das gelte für private Geldanleger wie für unternehmerische
Entscheidungen. Selbst für bereits identifizierte Unsicherheiten stelle sich die Frage, so Gunter Löffler: „Wie kann man sie quantifizieren und wie soll man damit umgehen?“ Überlegungen mithin, die auch die politisch Verantwortlichen beschäftigen dürften. Dazu Professor Urban: „Welche Hebel zum Beispiel müssen staatliche Regulierungsbehörden in den Hand nehmen, um Risiken zu steuern?“ Antworten darauf seien auch Aufgaben staatlich finanzierter Forschung, erklärt der Wissenschaftler. Aus Sicht der beiden Kolleg-Sprecher in diesem Zusammenhang ebenfalls interessant: „Welchen Einfluss haben Rating-Agenturen?“ Oder: „Ist es gut, dass private Firmen solche Macht haben?“ Dabei wollen sie an deren Seriosität nicht grundsätzlich zweifeln. Unstrittig aber sei: „Auch sie unterliegen Interessenskonflikten.“

Urban und Löffler erwarten vor diesem Hintergrund denn auch eine ebenso spannende wie kontroverse Diskussion. Dr. Markus Faulhaber, Vorstandsvorsitzender der Allianz Lebensversicherungs-AG, und Rainer Fürhaupter als Vorstand der Deutschen Aktuarvereinigung tragen im Versicherungsbereich große Verantwortung für den Umgang mit Risiken. Professor Paul Embrechts vom Zentrum für Risikomanagement der ETH Zürich, eines der weltweit führenden auf diesem Gebiet, gilt als kritisch gegenüber den von Banken und Versicherungen favorisierten Modellen und bemängelt, dass dabei wissenschaftliche Erkenntnisse oft nicht berücksichtigt würden. Nicht weniger Spannung versprechen die Blickwinkel der weiteren Protagonisten, des Risiko- und Ratingexperten Dr. Christian Thun von Moody’s Analytics und Dr. Philippe Moutot von der Generaldirektion Volkswirtschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Die Moderation wird der Wissenschaftsjournalist Ingolf Baur vom SWR-Fernsehen übernehmen. Mitveranstalter ist übrigens die Ulmer Universitätsgesellschaft (UUG).


Verantwortlich: Prof. Dr. Karsten Urban


Kurzporträts der Teilnehmer


Prof. Dr. Paul Embrechts
ist Professor für Mathematik an der ETH Zürich und spezialisiert auf Versicherungsmathematik und quantitatives Risikomanagement. Gastprofessuren führten den international renommierten und mehrfach ausgezeichneten Wissenschaftler unter anderem an Universitäten in Straßburg, Pisa, London, Wien, Paris, Singapur und Kyoto. Embrechts, Träger von drei Ehrendoktor-Titeln, ist auch Autor mehrerer international anerkannter Fachbücher.

Dr. Markus Faulhaber

ist Vorstandsmitglied der Allianz Deutschland AG und Vorstandsvorsitzender der Allianz Lebensversicherungs-AG. Der gebürtige Göppinger, Jahrgang 1953, hat an der Universität Stuttgart Mathematik und Physik studiert und hat dort 1980 zum Dr. rer. nat. promoviert. Er ist Inhaber mehrerer Aufsichtsratsmandate und Beiratsmitglied der Landesbank Baden-Württemberg.

Rainer Fürhaupter
hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München Mathematik und Versicherungswissenschaft studiert. Der gebürtige Lindauer, Jahrgang 1957, ist seit 2005 Vorstandsmitglied der Versicherungskammer Bayern. Ehrenamtlich engagiert er sich seit 1994 in der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), die ihn 1999 in den Vorstand und 2011 zum Stellvertretenden Vorsitzenden sowie im Vorjahr zu ihrem Vorsitzenden gewählt hat.

Dr. Christian Thun
hat im Jahr 2000 an der Universität Münster promoviert und war unter anderem Dozent an den Universitäten von Augsburg und St. Gallen. Als Leitender Direktor verantwortet er derzeit die strategische Geschäftsentwicklung von Moody’s Analytics in Europa, dem Mittleren Osten und in Afrika. Er gilt als international anerkannter Experte im Bereich Kreditrisiko-Management.

Dr. Philippe Moutot
fungiert als Leitender Berater in der Generaldirektion Volkswirtschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Als Mitglied des Führungsgremiums ist er unter anderem zuständig für die Bereiche Geldpolitik und Finanzstabilität. Der in Algerien geborene Franzose, Jahrgang 1954, berichtet direkt an EZB-Präsident Mario Draghi.
Studiert hat Moutot unter anderem in Paris. Einen PhD erwarb er an der University of Chicago.

Ingolf Baur
moderiert seit rund zwei Jahrzehnten verschiedene Wissenschaftsmagazine für das SWR Fernsehen und die Deutsche Welle. Als Filmautor bekannt geworden ist er mit Reportagen über Afghanistan und über die totale Sonnenfinsternis 1999. Er hat an der Universität Hamburg Physik, Astronomie und Biophysik studiert sowie zwischenzeitlich eine klassische Gesangsausbildung absolviert und war unter anderem Sänger an der Hamburger Staatsoper.